
Dr. Ian Crozier
San Diego – „Es ist ein großes Vergnügen, heute Abend hier zu sein. Es ist ein großes Vergnügen, heute Abend überhaupt irgendwo zu sein“, dies sagte unter herzlichem Applaus der Ebola-Überlebende Dr. Ian Crozier am Eröffnungsabend der IDWeek 2015 in San Diego, USA [1].
Crozier hat sich infiziert, als er im letzten Jahr in einem Krankenhaus in Sierra Leone für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gearbeitet hatte. Er berichtete von dem September-Tag 2014, als er mit Fieber, Kopfschmerzen und total erschöpft isoliert in seinem Hotelzimmer lag. Crozier nahm sich selbst Blut ab und einige Stunden später zeigte ein PCR-Test, dass er Ebola hatte. Nach schwierigen Gesprächen mit Familie und Kollegen begann er die Vorbereitungen für den Transport ins Emory University Hospital in Atlanta, USA.
Er wurde als möglicherweise kränkester Ebola-Überlebender mit Multiorganversagen überhaupt bezeichnet. Aber nach 6 Wochen im Krankenhaus konnte er wieder entlassen werden. Heute ist er einer von 9 amerikanischen Ebola-Überlebenden. Kürzlich kehrte er nach Westafrika zurück, um dort weiter gegen die andauernden Folgen des Ausbruchs zu helfen.
Crozier ist in Simbabwe geboren und hat die simbabwische und amerikanische Staatsbürgerschaft. Dies ist eine der der vielen Dichotomien über die er sprach – neben der, Ebola-Patient und -Arzt zu sein.
Genesen und doch nicht gesund
„Es mangelt an Daten, um die bleibenden Folgen einer Ebola-Infektion zu dokumentieren“, sagte Crozier, dessen Fall von der medizinischen Fachwelt verfolgt wird. Er leide immer noch an den Nachwirkungen der Krankheit wie Schmerzen im Iliosakralgelenk, Entzündungen der Hand- und Fußsohlen sowie Schmerzen und Gelenksteifheit, besonders am Morgen nach einem inaktiven Tag.
2 bis 3 Wochen nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus ließ plötzlich das Hörvermögen auf seinem linken Ohr nach. Später entwickelte er einen konstanten, hochtonigen Tinnitus von dem er nicht glaubt, dass er bald verschwinden wird. Monate später bekam er tonisch-klonische Anfälle und wird derzeit auf eine anti-epileptische Therapie eingestellt. Im letzten November stellte sich ein leichtes Augenbrennen ein und sein Nahsehen auf beiden Augen verschlechterte sich etwas.
„Und dann änderte sich alles“, sagte er. Am 11. Dezember bekam er Schmerzen auf dem linken Auge, Kopfschmerzen, Schwindel, sah verschwommen mit deutlichen Halos. Seine Symptome verstärkten sich und ein Nadel-Test zeigte, dass das Ebola-Virus in seinem Auge überdauert hatte.
Unerwartete Entdeckung: Virenreservoir im Auge
„Eine quantitative PCR wies Milliarden von Virus-Kopien pro ml nach. Tatsächlich wimmelte es 100 Tage nach Beginn der Krankheit in meiner vorderen Augenkammer von Viren. Es gab mehr Virus-Kopien in meinem Auge als auf dem Höhepunkt meiner akuten Infektion“, sagte Crozier.
Aus diesem Befund erwuchsen Fragen: War dies eine neue Entdeckung? Wurde das Ebola-Virus jemals zuvor an einem als „sicher“ eingestuften Ort gefunden wie der vorderen Augenkammer und wie konnte es dorthin gelangen?
Schließlich wurden noch seine ehemals blauen Augen grau. Seine Sehkraft hatte sich wieder verbessert, wenn auch nicht vollständig. In Kürze wird es eine Veröffentlichung geben, die die Effekte am Auge ausführlich beschreibt.
Es ist wichtig herauszufinden, wie das Virus agiert. „Es müssen dringend diagnostische Methoden und Protokolle entwickelt werden“, sagte Croizer.
„Ein Superheld der Medizin“
„Die andauernden stehenden Ovationen nach seinem Vortrag war sehr ungewöhnlich“, sagte der Konferenzpräsident Dr. James Hughes von der Emory University. „Ich glaube, diese waren wohlverdient, allein schon aufgrund seiner Bereitschaft, die Details seiner akuten Erkrankung und deren Folgen zu teilen, wegen seiner Empathie für die Patienten, Kollegen und deren Angehörigen und seinem Mut und seinem Engagement die Arbeit fortzusetzen und die Weltgemeinschaft über die Epidemie und ihre Folgen zu informieren“, so Hugh gegenüber Medscape Medical News.
„Man muss den Mann bewundern für dass, was er getan hat“, sagt auch Dr. John Bartlett, emeritierter Professor an der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore. „Er ist ein Superheld der Medizin, weil er sich um Menschen kümmert, die sich in einer verzweifelten Notlage in Teilen der Welt befinden, in denen sich die meisten von uns nicht wohlfühlen würden“, sagte Bartlett Medscape Medical News. Er empfinde ganz persönliche Bewunderung für Dr. Crozier und seinen Beitrag zur Forschung.
Die Tatsache, dass ein Virus oder Antigen in einer geschützten Umgebung wie einer Augenkammer existieren kann, bringe ein neues Konzept in die Infektionsforschung. „Das ist beeindruckend“, sagte er.
Der Ebola-Ausbruch in Westafrika erinnere daran, dass es jederzeit zu einem solch großen Krankheitsausbruch kommen könne und daran, dass man besser darauf vorbereitet sein müsse, fügte er hinzu. „Wir haben es nicht ernst genommen, als es 1976 in Zaire entdeckt wurde“, sagte Bartlett. „Es wird irgendwann wieder ein anderes ‚Ebola‘ geben mit anderen Eigenschaften.“
Dieser Artikel wurde von Bettina Micka aus http://www.medscape.com/viewarticle/852409
übersetzt und adaptiert.
REFERENZEN:
1. IDWeek, 7. bis 11. Oktober 2015, San Diego, USA
Diesen Artikel so zitieren: Virenreservoir in der Augenkammer – ein überlebender Arzt berichtet von erstaunlichen Langzeitfolgen einer Ebola-Infektion - Medscape - 13. Okt 2015.
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