
Dr. Fabian Leendertz
SARS, Schweinegrippe und zuletzt Ebola: Zoonosen haben in den vergangenen Jahren immer wieder zu bedrohlichen Epidemien sowohl bei Menschen als auch bei Tieren geführt. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat deswegen eine Studiengruppe eingerichtet, die sich speziell mit Zoonosen beschäftigt. Welche Erkenntnisse sich aus der intensiven internationalen Zusammenarbeit ergeben, stellt der Studiengruppenleiter, Dr. Fabian Leendertz, auf dem diesjährigen World Health Summit in Berlin vor. Medscape Deutschland sprach mit ihm im Vorfeld des Gesundheitsgipfels über die Ebola-Epidemie, mögliche Übertragungswege und bessere Präventionsmaßnahmen.
Medscape Deutschland: Sie leiten die interdisziplinäre Projektgruppe „Epidemiologie hochpathogener Erreger“ am Robert Koch-Institut. Wie genau arbeitet diese Gruppe?
Dr. Leendertz: Die Gruppe besteht aus Veterinärmedizinern und Biologen. Ich arbeite aber auch eng mit Humanmedizinern zusammen. Besonders wichtig sind hier unsere afrikanischen Partner und Partnerlabore, die uns bei der Sammlung von Daten und Proben helfen. Diese sind ähnlich staatlich angesiedelt wie das Robert Koch-Institut. Es ist einfacher und besser, den Zugang zu den Menschen über Mediziner aus dem gleichen Land zu bekommen sowie die Kapazitäten vor Ort zu stärken. Unser Hauptpartnerland ist die Elfenbeinküste, wir arbeiten aber auch in der Demokratischen Republik Kongo und anderen Ländern.
Medscape Deutschland: Eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Zoonosen spielt die initiale Weitergabe eines Erregers von Tieren auf den Menschen. Wie kommt es in diesen Ländern zu so einer Übertragung?
Dr. Leendertz: Tatsächlich scheint es unterschiedliche Übertragungswege zu geben. Bei Ebola kommt es vor der Übertragung auf den Menschen oft zu einer Epidemie bei Tieren, beispielsweise bei Menschenaffen. Das Reservoir für solche Epidemien bilden Tierarten, für die der Erreger apathogen oder wenig pathogen ist, wahrscheinlich Fledermäuse oder Flughunde. Unter diesen Arten kommt das Virus in sehr geringer Frequenz vor, aber es gelingt dem Erreger zu zirkulieren. Bei Übertragung auf Menschenaffen wie Schimpansen löst das Virus dann aber Epidemien aus, und viele Tiere sterben. Wenn Wilderer deren frische Kadaver finden und mitnehmen, um sie als Bushmeat zu verzehren oder zu verkaufen, können sie sich und ihre Familie zu infizieren. Dies ist ein klassischer Beginn einer Epidemie in Zentralafrika, wo 80% der Ebola-Ausbrüche bisher begannen.
Eine Übertragung auf den Menschen ist allerdings auch auf anderem Wege möglich, wie es beispielsweise beim Beginn der Ebola-Epidemie in Westafrika der Fall war. In der Umgebung des Dorfes, wo der Ausbruch begann, gibt es gar keine Menschenaffen oder andere große Wildtiere. Stattdessen ging die Infektion vermutlich direkt vom Reservoir auf den Menschen über. In diesem Fall hat sich wahrscheinlich ein zweijähriger Junge über Fledermäusen direkt infiziert. Aber eine Infektion über Flughunde ist auch möglich, da auch hier Flughunde als Bushmeat verzehrt werden.
Dr. Fabian Leendertz spricht zu dem Thema am 13. Oktober auf dem World Health Summit, 11. bis 13. Oktober, in Berlin. Eine Registrierung ist bis zum Ende der Konferenz möglich. |
Diesen Artikel so zitieren: SARS, Ebola und MERS-CoV: Wieso Zoonosen zu einer zunehmenden Gefahr werden - Medscape - 7. Okt 2015.
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