SUMMIT-Studie mit herzkranken COPD-Patienten: Kein Überlebensvorteil für ICS/LABA

Manuela Arand

Interessenkonflikte

2. Oktober 2015

Amsterdam – Die meisten Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sterben nicht am respiratorischen Versagen, sondern an kardiovaskulären Begleiterkrankungen. Ob sich daran etwas ändern lässt, indem man die COPD medikamentös gut einstellt, ist eine wichtige Frage, die SUMMIT nun beantwortet: Zumindest die Kombination aus einem inhalativen Kortikosteroid (ICS) und einem lang wirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) leistet das offenbar nicht. Studienleiter Prof. Dr. Jørgen Vestbo, Leiter des Center for Inflammation and Repair am Universitätsklinikum Manchester, präsentierte die Ergebnisse beim Jahreskongress der European Respiratory Society (ERS) in Amsterdam [1].

Prof. Dr. Tobias Welte

Prof. Dr. Tobias Welte, Chefarzt der Pneumologischen Universitätsklinik an der Medizinischen Hochschule Hannover, verwies auf die laufende Diskussion über den Stellenwert von ICS bei COPD, die an Fahrt gewonnen hat, seit potente Fixkombinationen von Bronchodilatatoren zur Verfügung stehen. Diese hätten sehr gute und teilweise ICS/LABA überlegene Effekte hinsichtlich patientenrelevanter Endpunkte wie Symptomen und Exazerbationen gezeigt. Welte: „Die Frage, welche COPD-Patienten tatsächlich von ICS profitieren, wird uns in den nächsten Jahren sicher stark beschäftigen.“

Als SUMMIT (Study to Understand Mortality and Morbidity in COPD) gestartet wurde, stellten Fixkombinationen aus ICS und LABA den Standard in der COPD-Therapie dar. Patienten in den 3 Verumarmen erhielten entweder per Trockenpulverinhalator eine solche Kombination (Fluticason Furoat/Vilanterol 100/25 µg) oder je Gruppe eine der Einzelkomponenten. Geprüft wurde doppelblind gegen Placebo in einem vierten Studienarm.

Premiere: COPD-Studie mit kardiologischen Hochrisikopatienten

Nicht nur mit pneumologischen Maßstäben gemessen, ist SUMMIT eine Megastudie: 16.485 Patienten wurden rekrutiert und in 4 Arme randomisiert. Alle Patienten mussten eine moderate COPD und entweder eine manifeste kardiovaskuläre Erkrankung aufweisen oder, falls über 60 Jahre alt, anhand ihres Risikoprofils als kardiovaskulär hochgefährdet einzustufen sein. Das ist das erste Mal, dass eine solche Patientenpopulation in eine COPD-Studie aufgenommen wurde – bisher galten KHK & Co. meist als Ausschlusskriterium.

 
Die Frage, welche COPD-Patienten tatsächlich von ICS profitieren, wird uns in den nächsten Jahren sicher stark beschäftigen. Prof. Dr. Tobias Welte
 

Primärer Endpunkt war die Gesamtmortalität, die auch die Studienlaufzeit bestimmte. Nach 1.000 Todesfällen sollte die Auswertung erfolgen. Als sekundäre Endpunkte waren der Abfall der forcierten Sekundenkapazität FEV1 sowie ein kombinierter kardiovaskulärer Endpunkt (Herztod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, instabile Angina pectoris, transiente ischämische Attacke).

Studienziel verfehlt: Kein Unterschied bei Gesamtmortalität

Die Ergebnisse sind relativ eindeutig: Der primäre Endpunkt wurde verfehlt. Zwar fiel die Gesamtmortalität im Fluticason Furoat/Vilanterol-Arm um 12,2% geringer aus als unter Placebo. Der Unterschied war jedoch nicht signifikant (p = 0,137).

Ein ähnliches Bild bietet die Auswertung der kardiovaskulären Sterbefälle. 7% Reduktion im ICS/LABA-Arm reichte nicht, um Signifikanz zu erzielen (p = 0,475). Beide Monotherapiearme bewegten sich auf vergleichbarem Niveau.

 
Bis da ein klinisch bedeutsamer Unterschied herauskommt, bräuchte es viele Jahre. Prof. Dr. Tobias Welte
 

Die Gesamt- und kardiovaskulären Überlebenskurven in allen 4 Armen verliefen sehr ähnlich. Vestbo wies darauf hin, dass in beiden Vilanterol-Armen weniger Patienten gestorben waren als unter Placebo. Er wertete das als immerhin positives Zeichen, demonstriere es doch die Sicherheit des Beta-2-Agonisten bei dieser kardiovaskulären Hochrisikopopulation.

Auch dem Unterschied beim FEV1-Abfall über die Zeit – 38 ml/Jahr unter Fluticason Furoat/Vilanterol und im ICS-Monotherapiearm, 46 ml/Jahr unter Placebo – vermochte Vestbo etwas Positives abzugewinnen: Für ihn deutet er darauf hin, dass das ICS möglicherweise die Progression der COPD zu bremsen vermag.

Gänzlich anderer Auffassung ist jedoch Welte. Die marginale Diskrepanz von 8 ml/Jahr hält er für völlig irrelevant. „Bis da ein klinisch bedeutsamer Unterschied herauskommt, bräuchte es viele Jahre“, so Welte im Gespräch mit Medscape Deutschland.

 

REFERENZEN:

1. Jahreskongress der European Respiratory Society (ERS), 26. bis 30. September 2015, Amsterdam

Kommentar

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