Physikalische Therapie bei Rheuma: Wirksam, aber zu selten verordnet

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

14. September 2015

Bremen – Krankengymnastik, Ergotherapie und Funktionstraining werden bei Rheuma-Patienten zu selten verordnet. Das legen neue Daten der Kerndokumentation nahe, die Dr. Katinka Albrecht vom Rheumaforschungszentrum Berlin beim Rheumatologenkongress in Bremen präsentiert hat [1].

Für die Dokumentation wurden 16.400 Rheuma-Patienten aus 16 Einrichtungen befragt. Bezogen auf alle rheumatischen Erkrankungen wurde im Jahr 2013 nur in 23,3% der Fälle Krankengymnastik verordnet, Ergotherapie in 2,1%, Patientenschulung in 0,6% und Funktionstraining in 3,2% der Fälle. Über die Jahre hinweg sei die Verordnungsfrequenz zwar leicht gestiegen, doch: „Ob das nun 16 oder 20 Prozent sind – die Tendenz ist richtig, aber die Häufigkeit der Verordnungen ist zu niedrig.“

Doch sei die physikalische Medizin ein „unverzichtbarer und evidenzbasierter Teil im Therapierepertoire“, betonte Prof. Dr. Uwe Lange. Er stellteverschiedene Wirksamkeitsstudien zur Ganzkörper-Hyperthermie (GKHT). Lange ist Leiter des Bereichs Physikalische Medizin und Osteologie an der Kerckhoff Klinik Bad Nauheim.

Hyperthermie verringert die TNF-alpha Spiegel und hemmt den RANK-Liganden

In einer Studie zur seriellen Radonstollen-Hyperthermie (RST) linderte diese bei ankylosierender Spondylitis (AS), rheumatoider Arthritis (RA) und Arthrose signifikant die Schmerzen. Die 24 AS-Patienten, 25 RA-Patienten und 24 Patienten mit Osteoarthrose erhielten während eines 3-wöchigen Kururlaubs 12 Applikationen im Gasteiner Heilstollen: Dauer jeweils eine Stunde, Lufttemperatur bis 41 Grad, Luftfeuchtigkeit bis 100%. Unmittelbar nach Therapieabschluss berichtete die RA-und AS-Gruppe über eine signifikante Schmerzlinderung, die bis zu 3 Monate anhielt. In der OA-Gruppe hatten die Schmerzen erst nach 3 Monaten signifikant abgenommen.

Auch die Serumspiegel von TNF-alpha und des RANK-Liganden (RANKL), der bei RA charakteristischerweise erhöht ist, hatten unter der Radonstollentherapie signifikant in allen 3 Gruppen abgenommen. „Da ist auf molekularer Ebene etwas passiert. Die verringerten TNF-alpha-Spiegel bewirken eine periphere und zentrale Desensibilisierung und eine Abnahme des Inflammationsprozesses und das verringert den Schmerz“, erläuterte Lange.

Auch die Anti-CCP-Antikörper, die mit der Knochendestruktion korrelieren, nahmen im Therapieverlauf ab. „Dieser signifikante Abfall der Anti-CCP-Antikörper direkt nach Therapie bei rheumatoider Arthritis ist ein Hinweis, dass diese Patienten durch die Anwendungen eine Osteoprotektion erfahren“, zeigte sich Lange überzeugt.

Serielle Radonstollentherapie könnte geeignet sein, das Risiko für eine sekundäre Osteoporose bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis günstig zu beeinflussen. Prof. Dr. Uwe Lange

Die serielle RST bewirke einen Anstieg der knochenanabolen und einen Rückgang der knochenkatabolen Zytokine. Damit klärten die Studienergebnisse auch die molekularen Grundlagen für eine Verminderung des osteoklastären Knochenabbaus bei AS auf. „Serielle Radonstollentherapie könnte geeignet sein, das Risiko für eine sekundäre Osteoporose bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis günstig zu beeinflussen“, so seine Schlussfolgerung.

Serielle wassergefilterte Infrarot-A-Strahlung reduziert Schmerz und NSAIR-Bedarf

Eine kleine Studie, in der Patienten mit ankylosierender Spondylitis (n = 20) mit serieller wassergefilterter Infrarot-A-Strahlung (wIRA) behandelt wurden, war Thema einer Promotionsarbeit. Die Patienten erhielten 6 Bestrahlungen in 8 Tagen (Dauer 45 min). Die Körperkerntemperatur wurde dabei im Verlauf einer Stunde auf 38,5 Grad Celsius erhöht. Kontrollgruppe waren 15 Bechterew-Patienten, die ansonsten vergleichbare Therapien, aber keine wIRA erhielten. Ausgangs gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten.

Nach Therapieende berichtete die Interventionsgruppe (IG) über eine signifikante Schmerzlinderung, die bis zu 3 Monate anhielt, nach 6 Monaten aber nur noch tendenziell zu beobachten war. „Das bedeutet nichts anderes, als dass man die Therapie fortsetzen muss, damit dieser Effekt länger anhält“, erklärte Lange und fügte hinzu: „Wir setzen ja eine medikamentöse Therapie auch nicht wieder ab, wenn es dem Patienten besser geht.“

Die Schmerzlinderung erlaubte es den Patienten, ihren NSAID-Bedarf um 50% zu reduzieren. Ferner nahm in der Interventionsgruppe auch die Krankheitsaktivität signifikant ab (BASDAI-Index), was bis zu 6 Monate anhielt. Signifikant fiel auch die Abnahme von Interleukin 1 Beta aus.

In einer weiteren Studie mit wIRA untersuchten Lange und seine Kollegen 20 Patienten mit Arthritis psoriatica (APS). Die Probanden erhielten 6 Bestrahlungen in 8 Tagen über 45 bis 60 Minuten. Auch hier nahmen laut Lange die Schmerzen und der Analgetikabedarf signifikant bis zu 6 Monate lang ab, Krankheitsparameter waren reduziert und Psoriasis-Effloreszenzen bildeten sich zum Teil deutlich zurück.

Insgesamt wertete Lange die Ganzkörper-Hyperthermie als sinnvolle Therapieoption im multimodalen Therapiekomplex, die geeignet zu sein scheine, mittelfristig die Behandlungserfolge bei RA, ankylosierender Spondylitis und Osteoarthrose zu verbessern.

Kommentar

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