London – Wenn Herzinsuffizienz-Patienten einen ICD implantiert bekommen, der gleichzeitig die intrathorakale Impedanz misst und einen Alarm gibt, wenn Anzeichen einer Volumenüberlastung vorliegen, dann erlaubt dies ein früheres Eingreifen. Drohende Dekompensation und Klinikeinweisung lassen sich so vielleicht verhindern. Soweit die Theorie – und die Ausgangshypothese der deutschen OptiLink-HF-Studie, deren Ergebnisse nun in einer Hotline-Session beim Kongress der European Society of Cardiology (ESC 2015) in London vorgestellt worden sind [1]. In der Praxis, so zeigen diese Ergebnisse jedoch, sieht es anders aus: Im primären Endpunkt aus Tod oder Klinikeinweisung aufgrund einer kardiovaskulären Ursache bestand nach im Mittel 23 Monaten Beobachtungsdauer kein Unterschied zwischen der Patientengruppe, bei der der Alarm aktiviert war, und denen, bei denen es keinen Alarm gab.
Es ist nicht die erste negative Studie zur thorakalen Impedanzmessung
Manch einem kommt dies vielleicht bekannt vor. Denn es handelt sich bereits um die zweite Studie zu dieser Thematik. Bereits im Jahr 2011 hatte eine Studie bei ICD-Patienten ebenfalls die Thorax-Impedanzmessung durch Optivol® (Unternehmen Medtronic) getestet. Diese Studie ging noch schlechter aus. Denn die Patienten, die einen hörbaren Alarm bei Anzeichen einer Volumenüberlastung erhielten, hatten sogar mehr Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz als diejenigen ohne. Die Studienautoren vermuteten damals, dass eine Fernabfrage der Impedanzmessung – und die Kontrolle des Alarms durch den Arzt – eine bessere Strategie sein könnte als die für die Patienten hörbaren Alarme.
Diese veränderte Strategie hat nun die aktuelle OptiLink-HF-Studie (Optimization of Heart Failure Management Using Medtronic OptiVol Fluid Status Monitoring and CareLink Network) getestet. 1.000 Herzinsuffizienz-Patienten mit einer Auswurffraktion von im Schnitt 27% und einem eher hohen Risiko für eine Dekompensation wurden randomisiert. In der Alarmgruppe wurde, sobald ein definierter intrathorakaler Impedanz-Grenzwert erreicht war, automatisch eine Nachricht an den behandelnden Arzt übermittelt. Dieser war dann gehalten, entsprechend eines vorgegebenen Algorithmus zu reagieren. Zunächst sollte er den Patienten zeitnah per Telefon kontaktieren, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Im Anschluss an einen Alarm wurden automatisch auch in den Folgetagen die Daten übermittelt.

Prof. Dr. Michael Böhm
Wie Studienleiter Prof. Dr. Michael Böhm, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar, bei der Vorstellung der Studie beim ESC-Kongress berichtete, gab es während der Studie insgesamt 1.748 Alarme – bei 80% der Patienten, bei denen die Funktion aktiviert war. Aber nur Dreiviertel der Alarme wurden auch automatisch an den Arzt übermittelt, in den restlichen Fällen waren die Patienten zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem System verbunden, etwa weil sie gerade in Urlaub waren.
Nur bei wiederum 85% dieser Alarme (n = 1.128) erfolgte daraufhin laut Protokoll eine Intervention (ein Telefonanruf des Arztes innerhalb der folgenden 2 Tage). Nur 37,7% der Patienten (n = 425) berichteten zu diesem Zeitpunkt über eine Verschlimmerung ihrer Herzinsuffizienz-Symptome. Bei noch nicht einmal der Hälfte der 1.128 kontaktierten Patienten (46,9%; n = 529) wurde das medizinische Management in der Folge geändert, z.B. die Diuretika-Dosis angepasst.
Außer dem Telefonkontakt ist oft nichts weiter passiert
Genau hier sieht Böhm auch das Manko der Studie: Er vermutet eine nicht ausreichende „Adhärenz“ auf Seiten der beteiligten niedergelassenen Kardiologen. „Dass nur in weniger als 50 Prozent als Folge des Alarms die Diuretika-Dosis geändert wurde, ist für mich ein Hinweis auf eine Unterbehandlung.“ Es fand zwar, so bekräftigte er auch bei einer anschließenden Diskussion, bei 85% der weiter geleiteten Alarme ein Telefonkontakt mit dem Patienten statt. Nach seinem Eindruck sei dann aber oft, wenn auf Nachfrage des Arztes der Patient bestätigte, dass es ihm gut gehe (und immerhin 2 Drittel hatten ja keine Symptome), außer der Datenweiterleitung in den Folgetagen nichts weiter passiert.
Dies aber konterkariere den Zweck der Studie, kritisierte Böhm. „Es ging ja gerade darum, dass wir die Patienten erwischen, bevor sie Symptome haben.“ Als weiterer Diskutant zweifelte Prof. Dr. Karl Swedberg, Universität von Göteborg, an, ob die Impedanzmessung, die allein die Volumenüberlastung erfasse, ein geeigneter Messparameter sei. Im Gegensatz zu den beiden erfolglosen Studien mit OptiVol® hat die ebenfalls deutsche IN-TIME-Studie zu einem positiven Ergebnis geführt. In dieser Studie war ein mit dem ICD gekoppeltes Multiparameter Telemonitoring getestet worden, bei dem auch atriale und ventrikuläre Tachyarrhythmien erfasst worden waren, und dies hatte das Outcome signifikant verbessert. Endpunkt in dieser Studie war die Verschlechterung der Herzinsuffizienz gewesen, gemessen am Packer-Score, der Symptome, aber auch die Mortalität erfasst. In IN-TIME hatten die Patienten auch hinsichtlich der Mortalität vom Telemonitoring profitiert (10 vs 27 Todesfälle).
Ein Kardiologe aus dem Auditorium gab in London ebenfalls noch zu bedenken, dass das Monitoring für die Ärzte einen deutlichen zusätzlichen Betreuungsaufwand bedeute und die „Workload“ beträchtlich sei. Auch vor diesem Hintergrund sei vielleicht zu verstehen, dass bei immerhin rund jedem 7. Alarm gar kein Telefonkontakt mit dem Patienten erfolgte und von den Kollegen, die anriefen, sich einige mit der Auskunft des Patienten, es sei alles in bester Ordnung, sehr rasch zufrieden gaben.
Ist die Impedanzmessung kein geeigneter Parameter?
Egal woran die OptiLink-Studie nun tatsächlich gescheitert ist: „Von der Hypothese, dass die frühzeitige Intervention prognostisch was bringt, bin ich nach wie vor überzeugt“, bekräftigte Böhm. „Die IN-TIME-Studie zeigt ja, dass es prinzipiell funktioniert.“ „Und“, so ergänzte Swedberg, „die OptiLink-Studie macht uns jetzt deutlich, dass es nicht so einfach ist, die Herzinsuffizienz-Patienten frühzeitig vor einer Dekompensation zu erwischen – da geht es nicht nur um das Volumen.“
Auch Prof. Dr. Salim Yusuf , McMaster Universität in Hamilton, Kanada, der die Pressekonferenz moderierte, bei der die Studie vorgestellt wurde, stellte in Frage, ob nach den negativen Studien dazu die Impedanzmessung tatsächlich als geeigneter Parameter taugt. Flüssigkeitsvolumen und Gewicht seien eventuell zu unspezifisch, meinte auch er. Sein Vorschlag: Zusätzlich Blutparameter wie das NT-proBNP für das Monitoring zu nutzen.
REFERENZEN:
1. Kongress der European Society of Cardiology, 28. August bis 2. September 2015, London
Diesen Artikel so zitieren: Enttäuschendes Ergebnis der deutschen OptiLink HF-Studie: Telemonitoring mit thorakaler Impedanzmessung bringt bei Herzinsuffizienz nichts - Medscape - 4. Sep 2015.
Kommentar