Daratumumab: CD38-Antikörper als neue Option für Patienten mit vorbehandeltem multiplen Myelom

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

28. August 2015

Bei Patienten mit stark vorbehandeltem, rezidiviertem und/oder refraktärem multiplen Myelom lässt sich mit dem neuen CD38-Antikörper Daratumumab eine Ansprechrate von 36% erreichen. Dies ist das Ergebnis einer Phase-1/2-Studie, die von der Arbeitsgruppe um Dr. Henk M. Lokhorst von der Abteilung Hämatologie des Medizinischen Zentrums der Vanderbilt-Universität, Amsterdam, jetzt im New England Journal of Medicine publiziert worden ist.

„Eine Daratumumab-Monotherapie hat ein günstiges Sicherheitsprofil und eine ermutigende Wirkung bei Patienten mit stark vorbehandeltem und refraktärem multiplen Myelom“, lautet das Fazit der Autoren in der Publikation [1]. Dr. Noopur Raje vom Krebszentrums des Massachusetts General Hospital und Prof. Dr. Dan L. Longo von der Harvard Medical School in Boston zeigen sich im begleitenden Editorial ebenfalls von den Ergebnissen sehr angetan [2]: „Daratumumab hat eine beeindruckende Aktivität als Monotherapie in einer stark vorbehandelten Patientenpopulation gezeigt.“

Therapiemöglichkeiten nach Rückfall begrenzt

 
Eine Daratumumab-Monotherapie hat ein günstiges Sicherheitsprofil und eine ermutigende Wirkung bei Patienten mit stark vorbehandeltem und refraktärem multiplen Myelom. Dr. Henk M. Lokhorst und Kollegen
 

Proteasomhemmer wie Bortezomib und Carfilzomib sowie Immunmodulatoren wie Lenalidomid und Pomalidomid haben die Therapie von Patienten mit multiplem Myelom in den letzten Jahren erheblich verbessert. Leider kommt es auch nach Behandlung mit diesen modernen Substanzen häufig zu einem Rückfall, und dann sind derzeit die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt. Die Prognose solcher Patienten ist schlecht, die Überlebenszeit beträgt im Median 9 Monate, die ereignisfreie Überlebenszeit im günstigen Fall nur etwa 5 Monate.

Neue monoklonale Antikörper scheinen jedoch weitere Fortschritte in der Behandlung zu ermöglichen. So waren die Ergebnisse eine Phase-3-Studie mit dem SLAMF7-Antikörper Elotuzumab in Kombination mit Lenalidomid/Dexamethason schon sehr ermutigend (wie Medscape Deutschland berichtete).

Ein weiteres geeignetes Zielmolekül dürfte CD38 sein. Das Transmembran-Glykoprotein CD38 wird besonders stark auf Myelomzellen exprimiert, es kommt nur wenig auf normalen Zellen des lymphatischen und myeloischen Gewebes vor. Mit Daratumumab steht ein monoklonaler Antikörper zur Verfügung, der spezifisch an CD38 bindet. In präklinischen Studien konnte gezeigt werden, dass Daratumumab über multiple Mechanismen CD38-exprimierende Tumorzellen abtötet.

Phase-1/2-Studie zu Verträglichkeit und Wirksamkeit

Daher untersuchten Lokhorst und seine Kollegen die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Daratumumab in einer von Janssen und Genmab finanzierten Phase-1/2-Studie an Patienten mit rezidiviertem und/oder refraktärem multiplen Myelom.

In Teil 1 der Studie, der Dosiseskalation, erhielten die Patienten den CD38-Antikörper in Dosen von 0,005 bis 24 mg/kg Körpergewicht (KG). In 2. Teil, der Dosisexpansionsphase, wurden 30 Patienten mit 8 mg/kg KG und 42 Patienten mit 16 mg/kg KG behandelt. 8 Dosen wurden wöchentlich gegeben, 8 Dosen zweimal monatlich, die restlichen Gaben erfolgten monatlich über bis zu 24 Monate.

In Phase 1 wurde keine maximal tolerierbare Dosis gefunden. Die Patienten in Phase 2 waren im Median seit 5,7 Jahren erkrankt und hatten im Mittel 4 Vortherapien erhalten. 79% waren auf die letzte Behandlung refraktär. 76% der Patienten hatten eine autologe Stammzelltransplantation erhalten. Infusionsassoziierte unerwünschte Wirkungen traten bei 71% der Patienten auf, waren jedoch meist leicht. Die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 waren Pneumonie (n=5) und Thrombozytopenie (n=4).

36 Prozent Gesamtansprechrate

 
Die Einführung monoklonaler Antikörper in das Arsenal beim Myelom ist wegweisend in der Behandlung des multiplen Myeloms. Dr. Noopur Raje und Prof. Dr. Dan L. Longo
 

Die Gesamtansprechrate bei Patienten, die mit 16 mg/kg KG behandelt wurden, betrug 36%. 2 Patienten erreichten ein komplettes Ansprechen, 2 hatten ein sehr gutes partielles Ansprechen. In der 8-mg/kg-Gruppe betrug die Ansprechrate 10%. Unter 16 mg/kg KG lag das progressionsfreie Überleben (PFS) im Median bei 5,6 Monaten. Bei 65% der Patienten mit einem Therapieansprechen war die Erkrankung nach 12 Monaten nicht progredient.

Raje und Longo weisen im begleitenden Editorial darauf hin, dass die bisher untersuchten Antikörper nicht in Monotherapie eingesetzt worden waren. Daratumumab habe nun erstmals eine beeindruckende Aktivität in Monotherapie bei stark vorbehandelten Patienten gezeigt. Eine komplette Response in einer solchen Patientenpopulation sei überraschend und sehr ermutigend.

„Die Einführung monoklonaler Antikörper in das Arsenal beim Myelom ist wegweisend in der Behandlung des multiplen Myeloms“ so die Editorialisten. Die begrenzte Toxizität ermögliche Kombinationen mit allen anderen Therapien. Natürlich seien aber auch noch viele Fragen offen. So sei unklar, wie der Tumor die Wirkungen von Daratumumab umgehen könne und ob eine Resistenz gegen Daratumumab vorher gesehen werden könne. Nichtdestotrotz gäbe es nun eine weitere Therapiemöglichkeit, die zur Verbesserung der Situation von Myelompatienten beitrage.

 

REFERENZEN:

1. Lokhorst HM, et al: NEJM (online) 26. August 2015

2. Raje N, Longo DL: NEJM (online) 26. August 2015

 

Kommentar

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