Erneut hat eine Meta-Analyse bestätigt, dass Transfette die Gesundheit nachhaltig schädigen. Wer zu viele dieser meist künstlich hergestellten ungesättigten Fettsäuren, die etwa in Pommes frites, Blätterteig, Tiefkühl-Pizza oder Margarine enthalten sind, verzehrt, riskiere kardiovaskuläre Probleme, berichtet eine kanadische Forschergruppe im British Medical Journal [1].
„Der Verzehr von Transfetten war verbunden mit einer um 34% erhöhten Gesamtmortalität, einer um 28% erhöhten Sterblichkeit durch koronare Herzkrankheit und einem um 21% erhöhten Risiko einer koronaren Herzkrankheit“, berichten die Forscher um Dr. Russell J. de Souza von der McMaster Universität in Hamilton, Kanada.
Überraschenderweise fand die kanadische Studiengruppe keinen Zusammenhang zwischen dem Verzehr gesättigter Fettsäuren und kardialen Ereignissen bzw. Mortalität. Sie bezeichnen jedoch die „Zuverlässigkeit“ der gefundenen Zusammenhänge hinsichtlich des Verzehrs gesättigter Fettsäuren und kardialer Risiken aufgrund der heterogenen Studien, die in die Meta-Analyse einbezogen wurden, als „sehr niedrig“, hinsichtlich der Transfette immerhin als „moderat“.

Dr. Heribert Brück
„Überrascht hat mich der fehlende Zusammenhang zwischen gesättigten Fettsäuren und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Mortalität schon“, sagt Dr. Heribert Brück, niedergelassener Kardiologe in Erkelenz im Rheinland und Sprecher des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen (BNK), im Gespräch mit Medscape Deutschland. Jedoch relativiere die Tatsache, dass selbst die Forscher ihre Ergebnisse als unsicher bezeichnen, diesen fehlenden Zusammenhang.
„Ich zweifle zwar ein bisschen und vermute, dass gesättigte Fettsäuren vielleicht so schlecht doch nicht sind, rate meinen Patienten jedoch weiterhin zur Zurückhaltung bis zum Beweis des Gegenteils. Diese Meta-Analyse genügt mir nicht, meinen Rat zu ändern.“
Von industriell verarbeiteten Transfetten dagegen rät Brück seinen Patienten generell ab. „Durch diese Studie fühle ich mich darin bestätigt. Fertigprodukte enthalten neben Transfetten auch zu viel Kochsalz – der Körper kann mit diesen Lebensmitteln – wie auch mit Margarine – schlecht umgehen. Margarine zu essen habe ich noch keinem Patienten geraten.“
Erhöhtes Risiko durch Transfette, aber nicht durch gesättigte
Um Klarheit hinsichtlich der bisher heterogenen Forschungslage zu den kardiovaskulären Auswirkungen von gesättigten Fettsäuren sowie Transfetten zu schaffen, hat das kanadische Forscherteam um de Souza 41 prospektive Beobachtungsstudien zum Zusammenhang von gesättigten Fettsäuren mit Mortalität, koronarer Herzkrankheit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen insgesamt und Typ-2-Diabetes untersucht. Dabei konnten sie „keinen klaren Zusammenhang“ zwischen dem erhöhten Verzehr gesättigter Fettsäuren und diesen Outcomes bei gesunden Probanden feststellen.
Ebenso haben die Autoren 20 Kohortenstudien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Trans-Fettsäuren untersucht. Trans-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren mit mindestens einer trans-konfigurierten Doppelbindung zwischen 2 Kohlenstoffatomen. Bei industriell hergestellter Nahrung entstehen sie durch die Umlagerung der cis-Doppelbindungen in die trans-Konfiguration bei der unvollständigen Härtung von Pflanzenöl. Transfette erhöhen den Gehalt von LDL-Cholesterin im Blut.
Das Team um de Souza stellte ein signifikant erhöhtes relatives Risiko (RR) fest für die Gesamtmortalität (1,42), die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit (1,28) und das Auftreten der koronaren Herzkrankheit (1,21) bei einem hohen im Vergleich zu einem niedrigen Verzehr von Transfetten. Das RR für ischämischen Schlaganfall und Typ-2-Diabetes war dagegen bei hohem Transfett-Verzehr kaum erhöht (RR 1,07 bzw. 1,10). Das begründen die Forscher mit der „erheblichen Heterogenität der Studien“.
Die Meta-Analyse lasse diverse Fragen offen, die in künftigen Studien geklärt werden müssen, schreiben die Autoren, etwa:
• Haben unterschiedliche Quellen gesättigter Fettsäuren (z.B. tierische vs pflanzliche Fette) unterschiedliche gesundheitliche Effekte, besonders auf das Typ-2-Diabetes-Risiko?
• Haben unterschiedliche gesättigte Fettsäuren unterschiedliche kardiovaskuläre Auswirkungen?
• Ist es wichtig, mit welcher Art ungesättigter Fettsäuren (n-3 oder n-6) die gesättigten oder Trans-Fettsäuren in der Ernährung ersetzt werden?
Keine Grenzwerte zu Transfetten in Deutschland – Verbot in den USA
Aktuell empfehlen Ernährungsrichtlinien wie die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) weniger als 10% des Energiebedarfs durch gesättigte und weniger als 1% durch Transfette zu decken und „Zurückhaltung beim Verzehr von Pommes, Chips, Gebäck, Süßwaren und Fertiggerichten“. Jedoch gibt es in hierzulande bisher kein Verbot und noch nicht einmal Höchstgrenzen für die Verarbeitung dieser Fette in Lebensmitteln.
Obwohl Experten auf europäischer Ebene schon seit vielen Jahren über solche Grenzwerte zur Senkung des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen diskutieren, wurde bisher kein Beschluss hierzu gefasst. In den USA hat die FDA künstlich hergestellt Transfette dagegen vor kurzem gänzlich verboten.
„Einerseits sollte der Staat so wenig wie möglich regulieren, andererseits habe ich den Eindruck, dass es bei den Transfetten ohne ein solches Verbot nicht geht“, kommentiert Brück. Die gesellschaftliche Aufklärung sowie die Deklarierung der Transfette auf Lebensmitteln seien zu schlecht, um die Bevölkerung von einem Verzehr abzuhalten. „Aufgrund der starken Lobby der Lebensmittelindustrie bin ich aber skeptisch hinsichtlich der Umsetzung eines Verbots in Deutschland – selbst die Lebensmittelampel war nicht durchsetzbar.“
REFERENZEN:
1. de Souza RJ, et al: BMJ 2015;351:h3978
Diesen Artikel so zitieren: Meta-Analyse: Transfette, nicht aber gesättigte Fettsäuren, erhöhen kardiale Risiken und Mortalität - Medscape - 24. Aug 2015.
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