E-Zigaretten als Einstiegsdroge: Wer in jungen Jahren dampft, fängt danach eher an zu rauchen

Dr. Ingrid Horn

Interessenkonflikte

19. August 2015

E-Zigaretten, ursprünglich als ein Mittel zur Raucherentwöhnung propagiert, gelten weder als Tabakprodukt noch als Medizinprodukt und sind daher frei zugänglich. Unter Jugendlichen wird diese Art von Inhalationsgeräten immer beliebter. Eine im Journal of American Medical Association (JAMA) veröffentlichte Studie zum Verhalten von Teenagern bestätigt nun die Befürchtung, dass Schüler, die Erfahrungen mit E-Zigaretten haben, später eher zu Tabakprodukten greifen, als unerfahrene Schüler [1].

Wie das Autorenkollektiv unter der Leitung von Dr. Adam M. Leventhal von der Keck School of Medicine an der Universität von Südkalifornien in Los Angeles schreibt, tritt die Korrelation zwischen dem Genuss von E-Zigaretten und dem Gebrauch von Tabakprodukten unabhängig vom Tabakprodukt wie Zigarette, Zigarre oder Hookah-Wasserpfeife sowie verschiedenen Einflussfaktoren auf.

Diese Ergebnisse sind Wasser auf die Mühlen von Dr. Uwe Prümel-Philippsen, Geschäftsführer der Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG). „Sowohl die BVPG als auch das Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass gerade diese junge Zielgruppe besonders gefährdet ist, von der E-Zigarette auf die Tabakzigarette zu wechseln“, erklärt der Diplom-Pädagoge gegenüber Medscape Deutschland. Durch die E-Inhalationsgeräte werde Rauchverhalten als solches eintrainiert, begleitet von psychischer Konditionierung, indem beispielsweise in Pausen oder bei Stress inhaliert werde, erläutert Prümel-Philippsen.

Deutliche Assoziation, aber kein Kausalzusammenhang belegt

Die Beobachtungsstudie, die an 10 öffentlichen High Schools in Los Angeles durchgeführt worden war, schloss 2.530 Schüler im Alter von rund 14 Jahren ein. Diese gaben zu Beginn der Studie an, bislang keine Tabakprodukte wie Zigaretten, Zigarren oder Hookahs geraucht zu haben, wobei 222 von ihnen bereits E-Zigaretten konsumiert hatten. Durch Selbstauskunft wurde geprüft, ob die Schüler im Verlauf von 6 bzw. 12 Monaten mit dem Rauchen angefangen haben.

Wie die Auswertungen der Fragebögen zeigten, griffen die 222 Konsumenten von E-Zigaretten eher zu Tabakprodukten als die anderen Studienteilnehmer. Nach 6 Monaten betrug das Verhältnis 31,7% zu 8,1 % und nach 12 Monaten 25,2% zu 9,3%. Dieses Ergebnis war unabhängig von soziodemografischen, umweltbedingten oder persönlichkeitsbedingten Risikofaktoren für das Rauchen.

Vielmehr liefen die Konsumenten von E-Zigaretten sogar Gefahr, über das Jahr betrachtet mindestens ein Tabakprodukt mehr zu rauchen als die Nicht-Konsumenten. Die Wissenschaftler sahen sich auch die einzelnen Arten der Tabakprodukte genauer an. Demzufolge war der Konsum von E-Zigaretten unterschiedlich, aber eindeutig positiv mit dem späteren Genuss von Zigarette, Zigarre und Hookah verknüpft.

Erstautor Leventhal räumt jedoch ein, dass die Studie ungeeignet ist, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem anfänglichen Dampfen und dem späteren Tabakrauchen herzuleiten und fordert deshalb weitere prospektive Untersuchungen.

Die Zeichen stehen auf frühe Verführung

 
Einige Teenager greifen eher zu E-Zigaretten, bevor sie zu rauchen beginnen, weil sie glauben, dass diese weder schädlich sind noch abhängig machen. Dr. Adam M. Leventhal
 

Der Bericht von Leventhal und seinen Co-Autoren liefere den bislang stärksten Nachweis, dass von E-Zigaretten ein indirektes Gesundheitsrisiko ausgehe, indem ihr Genuss Jugendliche dazu verleite, mit dem Rauchen von Tabakprodukten zu beginnen, schreibt Dr. Nancy A. Rigotti vom Massachusetts General Hospital und Harvard Medical School in Boston [2].

„Unabhängig von dieser Einstiegsfunktion“, so die Direktorin des Forschungs- und Behandlungszentrums für Tabak-bedingte Erkrankungen weiter, „gibt es für Heranwachsende keinen Grund, ein Produkt zu nutzen, das für Erwachsene das Rauchen weniger gesundheitsschädigend machen soll.“ Es spräche jedoch vieles dafür, dass E-Zigaretten in einer Weise vermarktet werden, die sowohl Kinder als auch Heranwachsende anspreche, meint Rigotti in ihrem Kommentar zur Studie.

Marktregulierung und Jugendschutz gefordert

Jugendliche im Alter von 14 Jahren wie die Studienteilnehmer befinden sich in einer wichtigen Entwicklungsphase mit vielen Einflussfaktoren. Das betrifft sowohl das soziologische Umfeld durch den Wechsel auf die High School als auch die Hirnentwicklung, wie die Autoren schreiben. Neugier überwiege die Handlungskontrolle, was das Ausprobieren neuer Verhaltensmuster begünstige.

 
BVPG und ABNR begrüßen sehr die vorliegende Novellierung des Jugendschutzgesetzes, wonach E-Zigaretten künftig den gleichen Beschränkungen unterliegen sollen wie Tabakzigaretten. Dr. Uwe Prümel-Philippsen
 

„Einige Teenager greifen eher zu E-Zigaretten, bevor sie zu rauchen beginnen, weil sie glauben, dass diese weder schädlich sind noch abhängig machen“, schreibt Leventhal. Die nikotinreichen Aerosole von E-Zigaretten und die angenehmen Empfindungen, die mit dem Dampfen verbunden sind, könnten die Heranwachsenden animieren, andere nikotinhaltige Produkte auszuprobieren.

Für Prümel-Philippsen ist es ebenso wie für die Kommentatorin und Internistin Rigotti dringend geboten, die Heranwachsenden vor den Gesundheitsrisiken zu schützen und den Markt zu regulieren. 50 deutsche Gesundheitsorganisationen und medizinische Fachverbände haben hierzu kürzlich ein Memorandum verfasst.

Auch die Bundesregierung war inzwischen nicht untätig. „BVPG und ABNR begrüßen sehr die vorliegende Novellierung des Jugendschutzgesetzes, wonach E-Zigaretten künftig den gleichen Beschränkungen unterliegen sollen wie Tabakzigaretten“, betont Prümel-Philippsen, der sich außerdem für ein umfassendes Verbot jeglicher Werbung für Tabakprodukte wie für nikotinhaltige und nikotinfreie E-Inhalationsprodukte sowohl im öffentlichen Außenbereich als auch im Kino einsetzt.

 

REFERENZEN:

1. Leventhal AM, et al: JAMA 2015; 314(7):700-707

2. Rigotti NA: JAMA 2015; 314(7):673-674

 

Kommentar

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