An der Hautklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel ist der erste Melanom-Patient in Deutschland mit Talimogen Laherparepvec (T-VEC), einem genmodifizierten Herpesvirus, behandelt worden [1]. Im Rahmen einer Phase-2-Studie wird die Wirksamkeit einer Kombinationstherapie von T-VEC mit Ipilimumab geprüft.
Die Ergebnisse einer bereits im Mai 2015 im Journal of Clinical Oncology (JCO) publizierten amerikanischen Studie sprechen dafür, dass sich mit diesem von Amgen entwickelten neuartigen Therapie-Prinzip das Leben von Patienten mit metastasiertem Melanom deutlich verlängern lässt [2].

Prof. Dr. Axel Hauschild
Der Studienleiter Dr. Howard L. Kaufmann vom Rutgers Cancer Institute of New Jersey in New Brunswick wies damals gegenüber Medscape.com auf einen besonderen Umstand hin: „Interessanterweise erlauben die Daten die wichtige Aussage, dass fast elf Prozent der Patienten eine komplette Response erlebten.“ Im Vergleich zu anderen Melanom-Studien sei dies ein hoher Wert.
Der leitende Prüfarzt an der Kieler Hautklinik, Prof. Dr. Axel Hauschild, weist in der Pressemitteilung von Amgen darauf hin, dass in den letzten Jahren neuartige Wirkstoffe wie Ipilimumab, BRAF-, MEK- und PD1-Inhibitoren sich im Vergleich zu einer Chemotherapie positiv auf das Überleben ausgewirkt hätten. „Dennoch besteht bei dieser Erkrankung nach wie vor ein erheblicher therapeutischer Bedarf, da mit den bisherigen Neuzulassungen nicht allen Patienten geholfen werden kann“, erläutert der Leiter der Arbeitsgruppe Dermatologische Onkologie weiter.
Onkolyse stimuliert das Immunsystem
Bei T-VEC handelt es sich um einen gentechnisch modifizierten Herpes-simplex-Virus vom Typ 1, der gezielt eine Immunantwort gegen die metastasierten Krebszellen auslöst. Er wird zunächst direkt in den Tumor injiziert. Dort vermehrt er sich in den Tumorzellen solange, bis sie platzen.
Diese Lyse kann Tumorantigene zusammen mit Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden (GM-CSF) freisetzen und eine systemische Immunantwort hervorrufen: Leukozyten sind nun in der Lage, die Krebszellen, die sich im Körper ausgebreitet haben, aufzuspüren und zu bekämpfen. T-VEC wirkt somit lokal und systemisch.
Geprüft wird T-VEC in Kombination mit Ipilimumab
In Deutschland sind neben der Kieler Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie auch die dermatologischen Zentren der Universitätskliniken Tübingen und Göttingen an der internationalen Studie beteiligt. Als randomisierte, offene Phase-2-Studie prüft sie die Wirksamkeit und Sicherheit einer Kombinationstherapie von T-VEC und Ipilimumab im Vergleich zu einer Kontroll-Therapie mit Ipilimumab alleine.
Die Patienten, die in die Studie aufgenommen werden, leiden an einem nicht resezierbaren, metastasierten Melanom der Tumorstadien IIIB–IV entsprechend der Einteilung des American Joint Committee on Cancer (AJCC). Sie werden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhalten entweder alle 2 Wochen eine intraläsionale T-VEC-Injektion, begleitet von einer Therapie mit Ipilimumab, oder nur Ipilimumab. Der erste deutsche Patient leide an Hautmetastasen an den Beinen und es ginge ihm gut, wie die Kieler Universitäts-Hautklinik gegenüber Medscape Deutschland erklärte. Erste Ergebnisse der multizentrischen Studie werden Mitte 2016 erwartet.
Immuntherapie mit viel Potential
Die onkolytische Immuntherapie mit T-VEC könnte eine neue Behandlungsoption für Melanom-Patienten werden. Diese Hoffnung gründet auf den im Mai veröffentlichten Ergebnisse der Phase-3-Studie. Die im JCO publizierten Daten zeigten eine signifikant höhere anhaltende Ansprechrate (durable response rate; DRR) bei Patienten mit nicht resezierbarem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Melanom der Stadien IIIB–IV, die mit der experimentellen Immuntherapie T-VEC behandelt worden waren, im Vergleich zu den Patienten, die einen Granulozyten-Makrophagen Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF) erhalten hatten.
Besonders wirksam erwies sich T-VEC in den lokal fortgeschrittenen Stadien IIIB und IIIC und im metastasierten Stadium ohne viszerale Erkrankung (Stadium IVA). Diese mit T-VEC behandelten Patienten lebten nahezu doppelt so lange wie die Patienten mit der GM-CSF-Therapie (41,1 Monate vs 21,5 Monate).
Wie Amgen bekannt gab, gehören zum gegenwärtigen klinischen T-VEC-Studienprogramm auch Kombinationsstudien mit Checkpoint-Inhibitoren bei Patienten, deren Erkrankung bereits stark fortgeschritten ist, sowie eine Monotherapie vor einer Operation (neoadjuvant) bei resektablen Melanomen. Außerdem macht man sich große Hoffnungen, Talimogen Laherparepvec auch bei anderen soliden Tumoren einsetzen zu können, zumal es recht nebenwirkungsarm ist und überwiegend grippeähnliche Symptome wie Fatigue, Schüttelfrost und Fieber hervorruft.
REFERENZEN:
1. AMGEN: Pressemitteilung, 07. August 2015
2. Andtbacka RHI, et al: JCO (online) 26. Mai 2015
Diesen Artikel so zitieren: Metastasiertes Melanom: Studie zur onkolytischen Immuntherapie mit T-VEC jetzt auch in Deutschland gestartet - Medscape - 14. Aug 2015.
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