Frühes Mammakarzinom: Metaanalysen bestätigen bessere Prognose durch Aromatase-Inhibitoren und Bisphosphonate in der Adjuvans

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

30. Juli 2015

Entscheidend ist die Adhärenz

Prof. Dr. Erica L. Mayer vom Dana Farber Cancer Institute an der Harvard Medical School in Boston weist im begleitenden Editorial darauf hin, dass in der Metaanalyse ein wichtiger Punkt fehlt – nämlich die Patientenperspektive [3].

 
Zu einer Änderung der Empfehlungen zur Behandlung des Mammakarzinoms führt die vorliegende Publikation nicht. Prof. Dr. Anton Scharl
 

Eine Antiöstrogen-Therapie ruft erhebliche Nebenwirkungen hervor wie Hitzewallungen und Nachtschweiß. Aromatase-Inhibitoren können Knochen- und Gelenkschmerzen, Trockenheit der Vagina und sexuelle Funktionsstörungen sowie einen vermehrten Haarausfall auslösen. Dies kann die Therapie-Adhärenz der Patientinnen erheblich beeinträchtigen. „Letztendlich ist die beste Wahl einer adjuvanten endokrinen Therapie diejenige, die der Patient auch nimmt“, so Mayer.

Scharls Schlussfolgerung aus den Daten: „Zu einer Änderung der Empfehlungen zur Behandlung des Mammakarzinoms führt die vorliegende Publikation nicht. Der relative Vorteil in Studienkollektiven hat für die einzelne Patientin keine so große Bedeutung. Für den individuellen Nutzen ist vor allem das persönliche Risiko für Rezidiv und tumorbedingten Tod relevant. Hohes Risiko bedeutet höheren Gewinn durch die adjuvante Therapie, niedriges Risiko bedeutet auch niedrigen Nutzen.“

Auch der Amberger Gynäkologe betont die Bedeutung der Therapie-Adhärenz: „Die zweitbeste Therapie, die genommen wird, ist besser, als die beste, welche die Patientin nicht durchführt.“ Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) empfehle deshalb seit Jahren eine Therapiedauer bis zu 10 Jahren nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung, besonders bei erhöhtem Risiko.

„Dauer, Wahl und Sequenz von Aromatase-Inhibitoren oder Tamoxifen hängen vor allem von Menopausenstatus und Nebenwirkungen ab.“ Der Wechsel auf eine andere endokrine Therapie (Tamoxifen oder Aromatase-Hemmer bzw. umgekehrt) sei besser als ein Therapieabbruch. Aromatase-Inhibitoren sind nach Aussage von Scharl die erste Therapie vor allem bei postmenopausalen Frauen mit Hochrisiko- und lobulären Karzinomen.

Bisphosphonate zur Prävention von Knochenmetastasen

Die zweite Meta-Analyse beschäftigte sich mit dem Einsatz von Bisphosphonaten zur Prävention von Knochenmetastasen beim Mammakarzinom. Die Ergebnisse der klinischen Studien zum Nutzen beim frühen Brustkrebs waren uneinheitlich. Bislang galt die Hypothese, dass Bisphosphonate nur bei Frauen mit niedrigem Hormonspiegel, also in der Postmenopause oder bei Suppressionstherapie, nützlich sind.

 
Die zweitbeste Therapie, die genommen wird, ist besser, als die beste, welche die Patientin nicht durchführt. Prof. Dr. Anton Scharl
 

In der Metaanalyse wurde anhand der Daten von 18.766 Frauen aus 26 Studien der Nutzen von Bisphosphonaten in der adjuvanten Behandlung des Mammakarzinoms untersucht.
Bei prämenopausalen Frauen war – wie erwartet – mit der Bisphosphonat-Therapie kein Effekt zu sehen. Dagegen verringerte die Bisphosphonat-Gabe über 2 bis 5 Jahre bei den 11.767 postmenopausalen Frauen die Rezidivrate um 24%, die Metastasierungsrate um 18%, die Rate an Knochenmetastasen um 28% und die 10-Jahres-Brustkrebssterblichkeit um 18%, dies jeweils signifikant.

„Das absolute Risiko für einen Mammakarzinom-bedingten Tod innerhalb von 10 Jahren wird bei postmenopausalen Frauen durch Bisphosphonate mit 3,3 Prozentpunkten ähnlich gesenkt wie durch eine Anthracyclin-haltige Chemotherapie“, so Prof. Dr. Adam Brufsky, University of Pittsburgh Cancer Institute, Pittsburgh, im begleitenden Editorial [4].

Bisphosphonate seien generisch verfügbar und meist relativ kostengünstig, zudem seien sie relativ gut verträglich. Daher sieht Brufsky für eine adjuvante Bisphosphonat-Therapie bei postmenopausalen Frauen ein hohes Potenzial zur weiteren Verringerung der Brustkrebssterblichkeit.

Bisphosphonat-Anwendung ist Off-Label

„Der Einsatz der Bisphosphonate als adjuvante antitumoröse Therapie bei postmenopausalen Frauen wird von der AGO seit Jahren befürwortet. Die Publikation bestätigt die Erkenntnisse aus vorangegangenen Metaanalysen, dass Bisphosphonate – oral oder i.v. – bei postmenopausalen Patientinnen die Brustkrebssterblichkeit signifikant senken – in einer Größenordnung, die dem relativen Gewinn durch eine Chemotherapie entspricht“, erläutert Scharl.

„Auch die Ergebnisse der ICE-Studie sprechen für einen antitumorösen Effekt der Bisphosphonate und legen den Gedanken nahe, bei älteren Frauen über 70 bis 75 Jahren Bisphosphonate als Alternative zu Chemotherapie in Erwägung zu ziehen. Zusätzlich wirken Bisphosphonate dem Knochenmasseverlust entgegen, der eine häufige Nebenwirkung der Brustkrebstherapie ist.“

Ein Problem sei allerdings, dass die Zulassung zur adjuvanten antitumorösen Therapie fehle. Werden Bisphosphonate also in dieser Indikation eingesetzt, wäre dies Off-Label. Fazit von Scharl: „Es bleibt zu hoffen, dass die Publikation in der Argumentation mit den Kostenträgern hilft.“

 

REFERENZEN:

1.         Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG): Lancet (online) 24. Juli 2015

2.         Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG): Lancet (online) 24. Juli 2015

3.         Mayer EL, et al: Lancet (online) 24. Juli 2015

4.         Brufsky A, et al: Lancet (online) 24. Juli 2015

 

Kommentar

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