Fünf Stunden Sport pro Woche statt zweieinhalb – besser fürs Gewicht und eventuell auch zum Schutz vor Brustkrebs

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

29. Juli 2015

Bei postmenopausalen Frauen, die 300 Minuten – also 5 Stunden – pro Woche körperlich aktiv sind, werden das Gesamtkörperfett und andere Parameter der Adipositas stärker reduziert als bei Frauen, die „nur“ 150 Minuten pro Woche trainieren. Dies ist das – nicht ganz überraschende – Ergebnis einer randomisierten Studie mit 400 Probandinnen, die Dr. Christine M. Friedenreich, Alberta Health Services, Kanada, und ihre Kollegen in JAMA Oncology online publiziert haben.

Prof. Dr. Hans Hauner

Körperliche Aktivität ist eine kostengünstige, einfache Strategie zur Krankheitsprävention. Im Allgemeinen werden 150 Minuten mäßig starker körperlicher Aktivität pro Woche empfohlen. Postmenopausale Frauen können eventuell einen besonderen Nutzen aus körperlichem Training ziehen, weil Körperfett, abdominales Fett und Körpergewicht mit dem Brustkrebsrisiko assoziiert sind, so die Hypothese der Untersucher.

„Aus einer Reihe von Kohortenstudien ist schon lange bekannt, dass regelmäßige körperliche Bewegung das Brustkrebsrisiko um bis zu 30 Prozent senkt. Die Empfehlung, sich wenigstens 150 Minuten pro Woche moderat bis intensiv körperlich zu empfehlen, ist daher gut begründet und schon heute Bestandteil von Empfehlungen zur Senkung des Krebsrisikos“, erläutert Prof. Dr. Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, München und Weihenstephan, gegenüber Medscape Deutschland.

Dosis-Wirkungs-Beziehung von Bewegung

Dr. Kerri Winters-Stone, School of Nursing and Knight Cancer Institute, Oregon, Portland, kommentiert im begleitenden Editorial zur Studie: „Auf der Basis der Gesetze der Thermodynamik wurden diese Ergebnisse erwartet. Aber es brauchte eine gut geplante und durchgeführte Studie, um das sprichwörtliche `Probieren geht übers Studieren´ zu ersetzen.“

 
Besonders bemerkenswert war, dass es eine Dosis-Wirkungs-Beziehung gab – im Sinne von je mehr Bewegung, desto besser. Prof. Dr. Hans Hauner
 

Hauner sagt weiter: „Die Ergebnisse dieser wirklich exzellenten Studie unterstreichen, dass regelmäßiges körperliches Training von bis zu 300 Minuten unter Anleitung durchaus möglich ist und sich wirklich `lohnt´, nicht nur durch Senkung des Brustkrebsrisikos, sondern sicher auch im Sinne eines besseren Schutzes vor vielen anderen Zivilisationskrankheiten. Besonders bemerkenswert war, dass es eine Dosis-Wirkungs-Beziehung gab – im Sinne von je mehr Bewegung, desto besser.“

Die Studie BETA (Breast Cancer and Exercise Trial in Alberta) hat nun diese Dosis-Wirkungs-Beziehung anhand von 150 Minuten versus 300 Minuten Training pro Woche bestätigt. In die Studie wurden bislang körperlich inaktive postmenopausale Frauen mit einem Körpermassenindex (BMI) zwischen 22 und 40 aufgenommen. Sie sollten ihre Ernährung nicht ändern und über ein Jahr körperlich aktiv sein.

Die Bewegungsintensität sollte so sein, dass sich die Herzfrequenz um 65 bis 75% erhöhte. Die meisten benutzten einen Crosstrainer, fuhren Rad, walkten oder joggten. Jeweils 200 Frauen trainierten 300 bzw. 150 Minuten/Woche.

Im Median blieben die intensiv trainierenden Frauen mit 254 Minuten pro Woche nur knapp unter der angestrebten Marke, und auch die 150-Minuten-Gruppe kam im Schnitt auf immerhin 137 Minuten pro Woche. Der primäre Endpunkt, der Anteil an Gesamtkörperfett, sank in der 300-Minuten-Gruppe signifikant stärker, nämlich um 2,2%, als in der 150-Minuten-Gruppe mit einem Abfall von 1,2% (p = 0,002). Auch das subkutane Abdominalfett und der Taille/Hüfte-Quotient nahmen bei den mehr trainierenden Frauen signifikant stärker ab.

Prof. Dr. Martin Halle

Das Körpergewicht sank bei häufigerem Training um 2,52 kg, bei weniger häufigem Training um 1,79 kg, der Unterschied war nicht signifikant. Bei Frauen mit einem BMI von 30 oder höher war der Nutzen des häufigeren Trainings auf das Gewicht, den BMI, Hüft- und Taillenumfang sowie das subkutane Abdominalfett besonders ausgeprägt.

Für Prof. Dr. Martin Halle, Leitender Ärztlicher Direktor am Zentrum für Prävention und Sportmedizin, München, ist damit klar: „Wer mehr trainiert und Energie verbrennt, verliert mehr Gewicht – vor allem als Fett.“

 
Wer mehr trainiert und Energie verbrennt, verliert mehr Gewicht – vor allem als Fett. Prof. Dr. Martin Halle
 

Friedenreich und ihre Kollegen sehen in ihren Studienergebnissen eine Grundlage auch für Empfehlungen zur Krebsprävention. Der von ihnen geführte Nachweis, dass körperliche Aktivität dosisabhängig das Körperfett reduziert, spreche auch dafür, postmenopausale Frauen zu ermuntern, mindestens 300 Minuten pro Woche körperlich aktiv zu sein. Dies ist länger als bislang in Empfehlungen zur Krebsprävention vorgegeben. 

Ihre Schlussfolgerung, dass mehr körperliche Aktivität auch stärker das Risiko für Brustkrebs senkt, wird allerdings von den Experten so nicht geteilt. Dazu Halle: „Diese Schlussfolgerung ist nicht zulässig. Denn dazu müsste die Krebsinzidenz untersucht werden.“

Wie kann die Empfehlung in die Praxis umgesetzt werden?

Winters-Stone zweifelt zudem im Editorial an, dass man die Frauen für ein um etwa 2% geringeres Brustkrebsrisiko tatsächlich dazu motivieren kann, wöchentlich noch mehr Zeit in körperliches Training zu investieren.

Winters-Stones Ansicht nach ist auch die Fettreduktion nicht der einzige Mechanismus, der vor einem Mammakarzinom schützen kann. Körperliche Aktivität wirke sich auch auf proinflammatorische Zytokine, metabolische Hormonprofile und Geschlechtshormonspiegel aus und könne oxidative DNA-Schäden verhindern. Alle diese Mechanismen könnten auch das Krebswachstum verlangsamen.

Darüber hinaus dürfe der Einfluss der Skelettmuskulatur nicht vernachlässigt werden. So vermutet Winters-Stone, dass Myokinen eine wichtige Rolle bei der Krebsprävention zukommt. Doch müsse dies noch in entsprechenden Studien untersucht werden. Essenziell ist jedoch Winter-Stones Meinung nach, die Menschen vom Nutzen des Sports zu überzeugen und so zu motivieren, dass sie regelmäßig körperlich aktiv sind.

 
Beim heute weit verbreiteten Bewegungsmangel ist zu befürchten, dass diese Empfehlung nicht leicht umzusetzen ist. Prof. Dr. Hans Hauner
 

Halle weist darauf hin, dass es seiner Ansicht nach weniger um die Dauer als vielleicht eher um die Intensität des Trainings geht: „Vielleicht ist ein intensives Training bei gleichem Zeitaufwand genau so effektiv wie ein weniger intensives bei 300 Minuten pro Woche. Wer hat schon Zeit, jeden Tag eine Stunde Sport zu betreiben?“

Auch nach Ansicht von Hauner ist bislang unbekannt, wie diese Empfehlung in der Praxis umgesetzt werden kann: „Beim heute weit verbreiteten Bewegungsmangel ist zu befürchten, dass diese Empfehlung nicht leicht umzusetzen ist. Dennoch zeigt diese Interventionsstudie überzeugend, dass es möglich ist, körperlich inaktive Menschen zu mehr Bewegung anzuhalten. Dazu braucht man aber geeignete Angebote, die Menschen zu mehr Bewegung motivieren und anleiten.“

Darüber hinaus weist der Ernährungsmediziner darauf hin, dass es noch besser wäre, mehr Bewegung mit gesunder Ernährung zu kombinieren: „Dies würde den Nutzen für die Gesundheit deutlich steigern und würde vor allem wirksamer sein, wenn es darum geht, das Gewicht zu senken.“

 

REFERENZEN:

1. Friedenreich C, et al: JAMA Oncology (online) 16. Juli 2015

2. Winters-Stone K: JAMA Oncology (online) 16. Juli 2015

 

Kommentar

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