
Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer
Schwanger und adipös – oder beinahe adipös – waren die Frauen, die in die DALI-Lifestyle-Pilotstudie eingeschlossen wurden. Sie sollten mit Hilfe von Diät und Bewegung ihre Gewichtszunahme in Grenzen und ihren Zuckerstoffwechsel in Balance halten. Am besten gelang dies denjenigen, die nur auf ihre Ernährung achteten, so eine aktuelle Publikation in der Zeitschrift Diabetes Care [1].
„Ich persönlich hätte mir gerade in der Bewegungsgruppe noch größere Effekte erwartet“, räumt die an der Studie beteiligte Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer, Internistin und Professorin für Gender-Medizin an der Medizinischen Universitätsklinik Wien, auf Nachfrage von Medscape Deutschland ein. „Ich vermute, dass die Umsetzung einer Aktivitätssteigerung in der Schwangerschaft gerade bei stark übergewichtigen Schwangeren selbst mit simplen Botschaften und geschulten Coaches wie bei DALI sehr schwierig ist.“
Guter Wille ist vorhanden: Großer Andrang zur Studie
In 9 europäischen Ländern, allerdings nicht in Deutschland, wurden für die Pilotstudie werdende Mütter rekrutiert. Voraussetzung war, dass sie bereits vor der Schwangerschaft einen Body Mass Index (BMI) ≥ 29 kg/m² hatten, aber keinen bekannten Diabetes.
Schwangere in den beteiligten Zentren wurden vor der 20. SSW zu einem oralen Glukosetoleranztest (oGTT) eingeladen. Stellte sich dabei heraus, dass bereits ein Gestationsdiabetes vorlag, so wurden sie von der Teilnahme ausgeschlossen; dies betraf 22% der gescreenten Probandinnen. Nicht teilnehmen konnten außerdem Frauen mit Mehrlingsschwangerschaften oder schweren Komorbiditäten und alle, die komplexe Diäten benötigten oder die überhaupt nicht zu körperlicher Aktivität in der Lage waren.
Trotzdem war der Zuspruch zur Pilotstudie so groß, dass statt der vorgesehenen 120 Frauen in ganz Europa letztlich 150 teilgenommen haben. Diese 150 Probandinnen hatten vor der Schwangerschaft einen durchschnittlichen BMI von 34 kg/m², das heißt, bei Körpergröße von etwa 1,67 m wogen sie im Schnitt 94 kg.
Sie wurden nun in 3 Gruppen randomisiert: Sie sollten entweder ganz bewusst auf ihre Ernährung achten („healthy eating“, HE) oder vermehrt körperlich aktiv werden („physical activity“, PA) oder beides (HE/PA).
Ehrgeiziges Ziel: Maximal fünf Kilo Gewichtszunahme
Im Gegensatz zur daran anschließenden randomisiert-kontrollierten DALI-Studie (Vitamin D And Lifestyle Intervention for GDM prevention) spielte in der Pilotstudie die Vitamin-D-Zufuhr keine Rolle. Hier ging es nur um den Einfluss von Ernährung und Sport auf Nüchternblutzucker und Insulinsensitivität in der 35. bis 37. Schwangerschaftswoche (SSW). Ein weiterer primärer Zielparameter der Pilotstudie war die Gewichtszunahme bis zur 35. bis 37. SSW. Sie sollte höchstens 5 kg betragen.
Dieses Ziel war sogar noch strenger als die Empfehlungen des US-amerikanischen Institute of Medicine (IOM) und der Deutschen Diabetesgesellschaft, welche adipösen Schwangeren etwas mehr als 5 kg (z.B. DDG: 5–9 kg) zugestehen.
„Unsere Vorgabe war sehr ambitioniert“, bestätigt Kautzky-Willer im Gespräch mit Medscape Deutschland. Dies gelte umso mehr, weil „die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft oft größtenteils schon vor der ersten Vorstellung in der Ambulanz erfolgt, so dass die Interventionsmöglichkeiten limitiert sind.“
Persönliches Coaching, alltagstaugliche Tipps
Die Teilnehmerinnen wurden in den Wochen nach Studienbeginn mindestens viermal persönlich beraten und erhielten schriftliches Infomaterial zur jeweiligen Intervention. Dabei ging es nicht um komplizierte Diäten oder regelmäßige Besuche im Fitnessstudio. Vielmehr waren die Tipps praxisbezogen und alltagstauglich.
So wurde den Teilnehmerinnen der HE-Gruppe geraten:
1. Ersetzen Sie gezuckerte Getränke
2. Essen Sie mehr stärkearme Gemüse
3. Erhöhen Sie den Faseranteil der Nahrung
4. Achten Sie auf Ihre Portionsgröße
5. Essen Sie Proteine
6. Reduzieren Sie den Fettkonsum
7. Essen Sie weniger Kohlenhydrate
Und die Teilnehmerinnen der PA-Gruppe bekamen folgende Empfehlungen:
1. Seien Sie jeden Tag aktiv
2. Sitzen Sie weniger
3. Steigern Sie Ihre Kraft
4. Machen Sie mehr Schritte pro Tag
5. Seien Sie an den Wochenenden aktiver
Alle Ratschläge wurden im Informationsmaterial und in den persönlichen Gesprächen noch etwas detaillierter erklärt. Die Frauen in der Gruppe mit kombinierter HE/PA-Intervention sollten versuchen, alle 12 Empfehlungen umzusetzen, davon erwartete man sich den größten Effekt.
Diesen Artikel so zitieren: Prävention von Schwangerschaftsdiabetes bei Adipositas: Klappt kaum, noch am besten mit Diättipps - Medscape - 13. Jul 2015.
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