
Dr. Klaus Rodens
Faule Tage im Schwimmbad, am Pool oder Strand sind im Sommer beliebte Familienrituale. Längst nicht allen Eltern ist klar, wie schnell Sonne die empfindliche und dünne Kinderhaut schädigen kann. „Sonnenschutz für Kinder ist zwar in aller Munde, trotzdem wird noch immer fahrlässig mit diesem nicht nur kurzfristig sondern langfristig wirkenden Gefahrenpotenzial umgegangen“, sagt Dr. Klaus Rodens, Kinder-und Jugendarzt in Langenau im Alb-Donau-Kreis im Gespräch mit Medscape Deutschland.
Die Zahl der in der kinder- und jugendärztlichen Praxis vorgestellten Kinder mit erheblichen Sonnenbränden und auch Kollapszuständen infolge der Hitze haben seinem Eindruck nach in den letzten Jahren nicht abgenommen, so Rodens Erfahrung aus 22 Jahren Praxis. In Sachen Sonnenschutz für Kinder können Eltern daher von der Beratung durch Hausärzte, Pädiater oder Dermatologen nur profitieren.
Verlässliche Zahlen, so Rodens, seit 2005 Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, gebe es nicht. „Man kann aber davon ausgehen, dass derzeit jedes fünfte Vorschulkind schon mit einem Sonnenbrand zu tun hatte.“ Gut belegt ist, dass mehr als 5 Sonnenbrände bis zum Teenager-Alter das Hautkrebsrisiko um ca. 70 bis 80% steigern. Das gelte für den hellen wie für den dunklen Hautkrebs (Melanom), betont Rodens. Ist die Haut von der Sonne schwer geschädigt, ist das Risiko sogar noch höher: „Es braucht nur einen schweren Sonnenbrand, um das Risiko eines Kindes, im späteren Leben ein Melanom zu entwickeln, zu verdoppeln“, schreibt Dr. Andrea Cambio, pädiatrische Dermatologin am Cape Coral Hospital in Cape Coral, USA, auf WebMD .
Gesunde Bräune bei Kindern? Von wegen
Legen Eltern heute mehr Wert auf einen guten Sonnenschutz ihrer Kinder? „Das lässt sich nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantworten. Das Wissen um die Problematik hat sicher zugenommen und es gibt eine Minderheit von Eltern, die hier hochsensibilisiert sind und sich entsprechend verhalten“, so Rodens. Allerdings hat er auch viele sorglose Familien kennengelernt, die die notwendigen Konsequenzen noch nicht umgesetzt haben.
Mehr noch: „In manchen Familien gilt es immer noch als erstrebenswert und als ein Zeichen von Vitalität oder als Schönheitsideal, dass die Haut im Sommer stark gebräunt ist“, weiss Rodens. Mit dieser Einstellung nähmen Eltern eine falsche Vorbildfunktion ein. „Sehen Kinder, wie ihre Eltern selbst auf Sonnencreme verzichten, sich ausgiebig bräunen oder ohne Kopfbedeckung in die Sonne gehen – dann sind die Chancen groß, dass sie sich auch selbst so verhalten“, betont auch Cambio.
Ohnehin, so Rodens, gebe es keine „gesunde Bräune“. Vielmehr sei Bräune schon ein Zeichen eines Schadens durch die Sonne, betont Cambio.
Was Sie Eltern raten können
„Unterschätzt wird, dass auch bei einem bedeckten Himmel mehr als 50 Prozent der riskanten UV-Strahlen die Wolkenschicht durchdringen. Und Aufenthalte im Wasser vergrößern das Risiko deutlich, denn durch die ständige Kühlung wird die Gefahr eines Sonnenbrandes unterschätzt“, warnt Rodens.
Diese 6 eindeutigen Tipps können Ärzte Eltern von kleinen Kindern mit auf den Weg geben:
• Im ersten Lebensjahr keine direkte Sonne, sondern schattige Plätze bevorzugen
• Mittagshitze meiden
• Wasserfeste Sonnenschutzcreme mit UVA- und UVB-Blockern und mit mindestens Lichtschutzfaktor 30
• Rechtzeitiges Auftragen der Sonnencreme, mindestens 30 Minuten vor Exposition. Oft vergessene Stellen sind Knie, Ohren, die Umgebung der Augen, Nacken und Kopfhaut
• Hut und Sonnenbrille; Sonnenbrille sollte vor UVA und UVA-Strahlung schützen
• T-Shirt im Wasser
Weiße, leichte T-Shirts taugen zum Sonnenschutz allerdings nur sehr bedingt, wie Rodens bestätigt: „Die lassen UV-Strahlen durch. Besser als weiße Shirts sind schwarze oder dunkle Polyester-Textilien, die schützen vor der Sonne.“
Cambio und der Pädiater Dr. Jerome A. Paulson, vom Child Health Advocacy Institute of Children´s National Medical Center in Washington, empfehlen eine Sonnencreme, die Zinkoxid oder Titaniumoxid enthält – „diese Komponenten irritieren die Haut weniger als andere und werden nicht von der Haut absorbiert. Diese Ingredienzien sind vermutlich die sichersten, die wir derzeit haben“, sagt Paulson.
Bei empfindlicher Kinderhaut sollte auf gefärbte oder parfümierte Sonnencremes verzichtet werden. Sonnencreme ist aber nur ein Teil des Sonnenschutzes. Paulson empfiehlt zwischen 10 Uhr vormittags und 16 Uhr nachmittags direkte Sonne möglichst zu meiden.
Cave Vitamin-D-Mangel: Ein wenig Sonne sollte es doch sein
Dass es andererseits schon bei Kindern einen Vitamin-D-Mangel geben kann, bestätigt Rodens: „Speziell bei Kindern und Jugendlichen ist das auch auf die Stubenhocker-Lebensgewohnheiten – Stichwort Computer – zurückzuführen“. Dieser Mangel, so Rodens, werde im Säuglingsalter aber durch die tägliche Gabe von Vitamin D ausgeglichen. „Für die empfindlichste Altersgruppe mit der dünnsten Haut – die Säuglinge – besteht deshalb unter einem Jahr keine Notwendigkeit einer direkten Sonnenexposition.“ Im Vorschulalter ist auch noch eine besondere Vorsicht geboten.
„Für ältere Kinder und Jugendliche ist es hingegen durchaus sinnvoll, sich täglich einem kleinen Quantum von Sonnenstrahlen und Bewegung in frischer Luft auszusetzen.“ Maximal sollten es10 Minuten sein, in denen am besten Gesicht, Arme und Beine der Sonne ausgesetzt werden.
Noch kein Thema in der Kinderarztpraxis ist eine spezielle, die UV-Strahlung absorbierende Schutzkleidung. In den USA sind solche Textilien bereits verbreitet. „Inzwischen gibt es auch in Deutschland schon einige Anbieter, die Qualitätsunterschiede sind allerdings sehr groß“, sagt Rodens. Cambio empfiehlt diese vor der Sonne schützende Kleidung mit einem Ultraviolett-Schutzfaktor von 30 oder höher als Schwimmkleidung oder Schutz vor Hautausschlag. Sie verliert allerdings ihre UV-abweisende Wirkung nach diversen Wäschen. Die Eltern sollten deshalb die Pflegeanleitung auf dem Etikett beachten, auch das wissen viele nicht.
Diesen Artikel so zitieren: „Gesunde Bräune“ bei Kindern? Was Eltern beim Sonnenschutz oft noch versäumen - Medscape - 9. Jul 2015.
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