Berlin – Schwere unilaterale Schmerzen, begleitet von autonomen Symptomen wie Rhinorrhö, konjunktivaler Injektion und Lidödem, kennzeichnen die trigemino-autonomen Kopfschmerzsyndrome (TAK). Zu ihnen zählen der Cluster-Kopfschmerz, paroxysmale Hemikranien sowie das SUNCT-Syndrom. Die Schmerzen beschränken sich meist auf Orbita, Supraorbital- und Temporalregion.
„Trigemino-autonome Kopfschmerzen kommen selten vor, aber man muss sie sorgfältig diagnostizieren, weil viele davon exzellent, doch sehr selektiv auf bestimmte therapeutische Optionen ansprechen“, betonte Prof. Dr. Arne May, Institut für Systemische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, beim ersten Kongress der European Academy for Neurology [1].
Cluster-Kopfschmerz: Sauerstoff, Sumatriptan oder Dihydroergotamin wirken am schnellsten
Am einfachsten zu erkennen, aber nach Mays Erfahrung trotzdem oft verkannt, dürfte der Cluster-Kopfschmerz sein. Massive, strikt einseitige Kopfschmerzen werden von ipsilateralen parasympathischen und sympathischen Symptomen begleitet: Nase und Auge laufen, die Pupille ist eng, das Lid hängt.
Der Schmerz dauert meist nur kurz – unbehandelt zwischen 15 und 180 Minuten –, wird von den Patienten aber als unerträglich beschrieben. Meistens treten mehrere Attacken während einiger Wochen bis Monate auf, gefolgt von einer längeren Kopfschmerzpause von mindestens 2 Wochen.
Die Patienten brauchen dringend eine sehr rasch wirksame Akutmedikation, weil der Schmerz binnen kürzester Zeit sein Maximum erreicht. „Die schnellste und zuverlässige Wirkung erreichen wir mit Sauerstoff, Sumatriptan s. c. oder Dihydroergotamin i. m.“, so May.
Daneben sollte eine effektive Prävention angestrebt werden, auch weil Patienten während der Cluster mehrere Attacken pro Tag erleiden können und dann eine Übertherapie mit Akutmedikation droht. Zur Verfügung stehen Steroide, die sehr schnell wirken, Verapamil, Methysergid sowie die Antikonvulsiva Gabapentin und Topiramat.
Paroxysmale Hemikranien: Indomethacin Mittel der Wahl
Noch wesentlich mehr Attacken als beim Cluster-Kopfschmerz finden sich bei den paroxysmalen Hemikranien: Bis zu 40 kurze, aber starke Schmerzspitzen pro Tag sind beschrieben. Auf den ersten Blick können sie leicht mit dem Cluster-Schmerz verwechselt werden, die Attacken sind aber kürzer (meist 2 bis 45 Minuten) und die autonomen Symptome schwächer.
Die Abgrenzung gegen den Cluster-Schmerz ist auch deshalb wichtig, weil die Hemikranien gut und schnell auf Indomethacin ansprechen – das gilt sogar als diagnostisches Kriterium –, aber kaum auf andere NSAR oder Triptane. Es kann sinnvoll sein, Retardpräparate zu geben, um nächtlichen Schmerzdurchbrüchen vorzubeugen, empfahl der Schmerztherapeut.
SUNCT: Selten, aber extrem viele Attacken – und schwer behandelbar
SUNCT steht für kurzdauernde einseitige neuralgiforme Kopfschmerzen (short-lasting unilateral neuralgiform headache) mit Konjunktiva-Injektion und Tränenfluss. SUNCT zählt laut May zu den seltensten Kopfschmerzformen überhaupt. Es ist durch eine extrem hohe Attackenfrequenz gekennzeichnet – bis zu 200 pro Tag, bis zu 30 pro Stunde. Die Schmerzstärke ist eher gering, die autonomen Symptome dafür umso stärker ausgeprägt. Die einzelnen Attacken dauern sehr kurz, in der Regel wenige Sekunden bis 2 Minuten.
Diese Kopfschmerzform ist ausgesprochen schwer behandelbar, wie May erläuterte: „SUNCT ist bemerkenswert refraktär gegen fast alle unsere Therapien.“ Insbesondere für die Akutsituation fehlt es an Optionen. Präventiv könnte sich neueren Berichten zufolge Lamotrigin bewähren, und laut May kann man wahrscheinlich Topiramat oder Gabapentin als Zweitlinientherapie in Erwägung ziehen.
REFERENZEN:
1. Erster Kongress der European Academy of Neurology (EAN), 20. bis 23. Juni 2015, Berlin
Diesen Artikel so zitieren: Nicht jeder Halbseiten-Kopfschmerz ist Migräne – Therapiestrategien bei verschiedenen Kopfschmerzsyndromen - Medscape - 1. Jul 2015.
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