SUPPORT-Studie: Mit Olmesartan in Kombination mit ACE-Hemmer und Betablocker erhöhte Sterblichkeit und mehr Nierenfunktionsstörungen

Gerda Kneifel

Interessenkonflikte

30. Juni 2015

           

PD Dr. Lutz Frankenstein

           

Herzinsuffizienten Patienten sollte  bei Bluthochdruck nicht der Angiotensin-Rezeptoren-Blocker (ARB) Olmesartan verordnet  werden, falls sie bereits ACE-Hemmer und Betablocker erhalten. Denn diese  Triple-Therapie erhöhte in der SUPPORT-Studie nicht nur die Gefahr einer  Nierenfunktionsstörung, sondern auch die Sterblichkeit. Die Studie ist kürzlich  im European Heart Journal publiziert  worden [1].

„Das ist eine wichtige Kernaussage der  Studie. Und sie ist mit harten Endpunkten unterlegt“, konstatiert PD Dr. Lutz Frankenstein, Oberarzt in  der Abteilung Kardiologie, Angiologie und Pneumologie des Universitätsklinikums  Heidelberg und Leiter der Herzinsuffizienz-Ambulanz, gegenüber Medscape  Deutschland.

„Zwar repräsentiert die Studie nicht  die größte, wohl aber eine relevante Kohorte, und sie hat ausreichend  Endpunkte, um einen validen statistischen Wert liefern zu können. Allerdings  gibt es klare Limitationen: So haben die Autoren nicht zwischen der Vielzahl an  ACE-Hemmern unterschieden. Und es wurden Patienten mit reduzierter und mit  erhaltener Ejektionsfraktion gemeinsam untersucht. Dies reduziert für die  einzelnen Gruppen die Anzahl eingeschlossener Patienten deutlich.“

Vor allem Patienten mit milder Herzinsuffizienz beteiligt

Eine japanische Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Yasuhiko  Sakata, Department of Cardiovascular Medicine, Tohoku University Graduate  School of Medicine and Tohoku University Hospital in Japan, hatte in einer  prospektiven randomisierten Open-label-Studie mit verblindeten Endpunkten die  Therapien von insgesamt 1.147 Personen mit Bluthochdruck und symptomatischer  chronischer Herzinsuffizienz untersucht. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer  betrug 66 Jahre, 75% waren männlich.

93% der Studienteilnehmer litten unter einer Herzinsuffizienz  der NYHA (New York Heart Association)-Klasse 2, 7% der NYHA-Klasse 3. Der  durchschnittliche systolische Blutdruck lag bei 128 mmHg, der diastolische bei  74 mmHg. Nach Randomisierung erhielten 578 Patienten zusätzlich zur vorhandenen  Therapie mit Betablocker beziehungsweise ACE-Hemmer noch Olmesartan, die  Kontrollgruppe ohne das Sartan umfasste 569 Personen.

Primärer Endpunkt war eine Kombination aus Mortalität jedweder Ursache, nicht  tödlichem Myokardinfarkt oder Schlaganfall und Hospitalisierung aufgrund sich verschlechternder  Herzinsuffizienz. Den primären Endpunkt erreichten im Laufe des durchschnittlichen  Follow-up von 4,4 Jahren 192 Patienten (33,2%) der Olmesartan-Gruppe und 166  Patienten (29,2%) der Kontrollgruppe. Eine renale Funktionsstörung entwickelten  16,8% der Patienten der Olmesartan-Gruppe vs. 10,7% in der Kontrollgruppe.

Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass besonders bei  Triple-Therapie mit Olmesartan zusätzlich zur Kombination aus ACE-Hemmer und Betablocker  Nierenfunktionsstörungen häufiger waren: bei 21,1% dieser Patienten im  Vergleich zu 12,5% in der Gruppe der Kombinationstherapie ohne Olmesartan. Auch  der primäre Endpunkt wurde bei Triple-Therapie mit 38,1% häufiger erreicht als  in der Gruppe ohne Olmesartan mit 28,2%. Die Gesamtmortalität war ebenfalls in  der Olmesartan-Gruppe höher (19,4% vs. 13,5%), wobei insbesondere die Zahl  kardiologischer Ereignisse größer war.

Duale Kombinationen mit Olmesartan teilweise hilfreich

Eine duale Kombination von Olmesartan mit einem ACE-Hemmer  oder Betablocker war dagegen mit keinen signifikanten Veränderungen des  primären Endpunktes assoziiert. Die Kombination von Olmesartan mit Betablockern  allein zeigte sogar einen gewissen schützenden Effekt. Die allgemeine  Mortalität war nämlich mit 9,4% (10/106) bei Patienten mit Betablockern und  Olmesartan geringer als mit 22,1% (23/104) bei Patienten, die nur Betablocker  erhielten. Dieser schützende Effekt trat nicht auf, wenn ein ACE-Hemmer allein  mit Olmesartan eingenommen wurde.

 
Daher kann man davon ausgehen, dass die Triple-Therapie gesundheits- schädlich ist, während die duale Kombinations- therapie … Patienten mit Bluthochdruck und chronischer Herzinsuffizienz einen Benefit bringen könnte. Prof. Dr. Yasuhiko Sakata und Mitautoren
 

„Es ist bemerkenswert, dass die duale Kombination von  ACE-Hemmern und Olmesartan mit einer niedrigeren Rate an neu aufgetretenem  Vorhofflimmern verbunden war“, konstatieren Sakata und seine Kollegen, „und  dass Olmesartan und Betablocker assoziiert waren mit einer niedrigeren  Mortalität ohne Entwicklung einer renalen Dysfunktion. Daher kann man davon ausgehen, dass die Triple-Therapie  gesundheitsschädlich ist, während die duale Kombinationstherapie, insbesondere  Olmesartan und Betablocker, Patienten  mit Bluthochdruck und chronischer Herzinsuffizienz einen Benefit bringen könnte.“

Allerdings sei bei der dualen Kombination von Olmesartan  und ACE-Hemmern Vorsicht geboten: Denn einige neuere Studien zeigten, dass eine  duale Blockade des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) die Mortalität nicht senken  konnte, dafür aber „mit einem exzessiven Risiko unerwünschter Nebenwirkungen, inklusive  renaler Dysfunktion, Hyperkaliämie und Hypotension insbesondere bei Patienten  mit Herzinsuffizienz assoziiert war“, so die Autoren.

In Deutschland selten  Dreier-Kombination

In Deutschland wird laut Frankenstein eine Dreier-Kombination  nur selten angewendet. „Spätestens seit der ONTARGET-Studie geht man hier  extrem vorsichtig mit der Kombination von ACE-Hemmern und  Angiotensin-Rezeptor-Blockern um.“ Die ONTARGET-Studie war eine der  ersten Studien, die gezeigt hatte, dass eine sogenannte duale RAS-Blockade, in  diesem Fall über die Kombination des ARB Telmisartan und des ACE-Hemmers  Ramipiril, die Patienten vermehrt arterielle Blutdruckabfälle, Synkopen und  auch Nierenfunktionsstörungen erlitten.

 
Laut Leitlinien ist für Herz- insuffizienz die Kombinationstherapie Betablocker und ACE-Hemmer erste Wahl. Bei Bluthochdruck wird hierzulande … zusätzlich Spironolakton gegeben. PD Dr. Lutz Frankenstein
 

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der  Pharmakovigilanz (PRAC), angesiedelt in der Europäischen Arzneimittelbehörde  (EMA), hatte daraufhin im Frühjahr vergangenen Jahres vor dieser Kombination  gewarnt (wie Medscape Deutschland berichtete).

„Laut  Leitlinien ist für Herzinsuffizienz die Kombinationstherapie Betablocker und  ACE-Hemmer erste Wahl“, so Frankenstein. „Bei Bluthochdruck wird hierzulande aus der Gruppe  der RAS-Inhibitoren zusätzlich  Spironolakton gegeben – besonders wenn man eine adrenale Komponente des  Hypertonus vermutet. ARB werden nur dann gegeben, wenn ACE-Hemmer nicht  vertragen werden. Das ist die deutsche Versorgungsrealität, die von den  Hausärzten so seit längerem erfolgreich praktiziert wird und auch durch die SUPPORT-Studie  bestätigt wird.“

Repräsentativität nach oben nicht gegeben

„Stationär werden jährlich über 390.000 Patienten aufgrund  einer chronischen Herzinsuffizienz behandelt, ohne die Patienten zu zählen, die  wegen einer anderen Diagnose eingeliefert werden und begleitend eine chronische  Herzinsuffizienz haben“, rechnet Frankenstein vor. Von diesen Patienten haben  laut dem Heidelberger Register 30 bis 40% Bluthochdruck – und das nur bezogen  auf die systolische Herzinsuffizienz. „Dann kommen noch die ambulant versorgten  Patienten dazu, die in der hausärztlichen Versorgung gut 2% aller Patienten  ausmachen. Das ist schon eine riesige Zahl von Menschen, für die diese Studie  wichtig ist.“

 
Da wo es ernst wird, ab 70 Jahren, da wird es in der Studie dünn. PD Dr. Lutz Frankenstein
 

Allerdings, so die Kritik des Heidelberger Kardiologen,  ist das durchschnittliche Alter der Studienteilnehmer mit 66 Jahren noch  relativ jung. „Im niedergelassenen Bereich werden vor allem ältere Patienten über  65 Jahren aufgrund von Herzinsuffizienz behandelt. Diese Altersgruppe macht in  der Studie gerade einmal 30 bis 35% aus. Das ist nicht mehr repräsentativ, und das  ist ein weiteres limitierendes Problem der Studie: Da wo es ernst wird, ab 70 Jahren, da wird es in  der Studie dünn“, gibt Frankenstein zu bedenken.

Zudem könne man die Studienergebnisse durch und vor allem  für die relativ kleine Gruppe der Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz  ohne eingeschränkte Pumpfunktion nicht unbedingt verallgemeinern.

„Die diastolische  Herzinsuffizienz – oder präziser die Herzinsuffizienz mit erhaltener  Ejektionsfraktion – dringt als Entität auch nur zögerlich ins Bewusstsein der  Ärzte“, bedauert Frankenstein. „Die diagnostischen Kriterien sind noch nicht  vollständig fixiert, und vor allem konnte für diese Erkrankungsgruppe noch immer  keine wirksame Therapie gefunden werden.“
Es bleiben also noch immer viele Fragen offen.

 

REFERENZEN:

1. Sakata Y, et al:  Eur Heart J. 2015; 36(15):915-923

 

Kommentar

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