Jüngere Patienten mit Vorhofflimmern, die keine KHK oder Herzinsuffizienz haben und mit Amiodaron behandelt werden, werden seltener wegen ihrer Rhythmusstörungen hospitalisiert als Patienten, die Sotalol, Propafenon, Flecainid oder Dronedaron erhalten. Dies hat zumindest eine retrospektive Analyse der Daten von 8.562 Patienten ergeben, deren Ergebnisse von Nancy M. Allen LaPointe, PharmD am Duke Clinical Research Institute, Durham, und ihren Kollegen in Circulation: Cardiovascular Quality and Outcomes publiziert worden sind [1].
Es ist aufgrund verschiedener Studien bekannt, dass bei Patienten mit Vorhofflimmern die Hospitalisierungsraten erhöht sind. Doch handelte es sich in den Studien meist um ältere Patienten mit (kardiovaskulären) Begleiterkrankungen. Weil bislang wenig zur Hospitalisierungsrate von jüngeren Patienten ohne kardiale Begleiterkrankungen bekannt war, hat die Arbeitsgruppe von Allen LaPointe diese Frage mit Hilfe von Patientendaten aus der MarketScan-Datenbank analysiert.
Daten von mehr als 8.000 Patienten
Es waren 8.562 Patienten mit Vorhofflimmern, aber ohne KHK oder Herzinsuffizienz, eingeschlossen, die erstmals zwischen Januar 2006 und Dezember 2010 ein Antiarrhythmikum wegen Vorhofflimmern erhalten hatten. Die Patienten waren im Median 56 Jahre alt, 34% waren Frauen.
Entsprechend der Medikation wurden sie in 4 Behandlungsgruppen eingeteilt:
• Klasse-IC-Antiarrhythmika (Flecainid und Propafenon) (n = 2.984)
• Amiodaron (n = 2.905)
• Sotalol (n = 2.065)
• Dronedaron (n = 608)
Dronedaron ist in den USA erst im Juli 2009 zugelassen worden, daher war es nur in den letzten 18 Monaten der über 5 Jahre dauernden Studienperiode verfügbar.
Primärer Endpunkt war die Zeit von der ersten Verordnung des Antiarrhythmikums bis zur Hospitalisierung wegen Vorhofflimmern. 69% waren wegen des zum ersten Mal auftretenden Vorhofflimmerns hospitalisiert worden.
Höheres Risiko bei Behandlung mit Dronedaron
Die – vor allem was das neue Dronedaron angeht – überraschenden Ergebnisse:
• Das Risiko für eine Hospitalisierung wegen Vorhofflimmern war mit Dronedaron größer als bei den Klasse-IC-Antiarrhythmika (Hazard-Ratio: 1,59), Amiodaron (HR: 2,63) und Sotalol (HR: 1,72).
• Amiodaron hatte dagegen ein niedrigeres Hospitalisierungsrisiko als Klasse-IC-Antiarrhythmika (HR: 0,68) und Sotalol (HR: 0,63).
• Das Risiko für eine Hospitalisierung wegen einer anderen kardiovaskulären Erkrankung war mit Amiodaron signifikant höher als mit Klasse-IC-Antiarrhythmika.
• Das Risiko bei den anderen Substanzen unterschied sich nicht.
• Das Hospitalisierungsrisiko allgemein, egal ob wegen Vorhofflimmern oder anderen kardialen Erkrankungen, unterschied sich zwischen Klasse-IC-Antiarrhythmika und Sotalol nicht.
Damit haben jüngere Patienten ohne KHK und Herzinsuffizienz bei Behandlung mit dem neueren Dronedaron das höchste Risiko, erneut ins Krankenhaus zu müssen, dies im Vergleich zur Behandlung mit Amiodaron, Flecainid, Propafenon oder Sotalol. Dies ist überraschend, da Dronedaron, das dem Amiodaron chemisch ähnelt, ja speziell dafür entwickelt worden ist, um unerwünschte systemische Nebenwirkungen des Amiodaron zu vermeiden.
Warum nun gerade bei diesem als besonders verträgliches Antiarrhythikum geltenden Wirkstoff in der retrospektiven Datenauswertung die Hospitalisierungsrate am höchsten war, dafür haben Allen LaPointe und ihre Kollegen keine Erklärung. Sie spekulieren, dass die höhere Hospitalisierungsrate unter Dronedaron eventuell auf fehlende Erfahrung der Ärzte im Umgang mit der für sie neuen Substanz zurückgeführt werden könnte. Zudem würden neue Arzneimittel in den USA häufig nicht zulassungskonform eingesetzt.
Die Autoren sind der Ansicht, dass weitere Untersuchungen erforderlich sind, um den Zusammenhang zwischen Antiarrhythmika und dem Risiko für eine Hospitalisierung besser zu verstehen. Der Endpunkt Hospitalisierungsrate mag für die Versorgungsforschung interessant sein, ein harter klinischer Endpunkt, der eine definitive Aussage zur Wirksamkeit einer Substanz erlaubt, ist er jedoch nicht.
REFERENZEN:
1. Allen LaPointe NM, et al: Circ Cardiovasc Qual Outcomes (online) 31. März 2015
Diesen Artikel so zitieren: Retrospektive Analyse von Hospitalisierungen unter Antiarrhythmika: Dronedaron schneidet erstaunlich schlecht ab - Medscape - 28. Mai 2015.
Kommentar