Prävention des Typ-1-Diabetes: Insulin oral ruft bei Hochrisiko-Kindern Immunantwort hervor

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

4. Mai 2015

Dr. Ralph Ziegler

Kinder mit hohem genetischen Risiko für Typ-1-Diabetes zeigen eine positive Immunreaktion auf die orale Verabreichung von Insulin, so eine aktuelle Publikation im Journal der American Medical Association [1]. Damit liefern Wissenschaftler aus Dresden und München weitere Belege dafür, dass die frühe Verabreichung von Insulin ein wichtiger Ansatz für die Prävention von Typ-1-Diabetes bei entsprechend disponierten Personen darstellt [1].

„Dass man mit oralem Insulin eine Immunreaktion stimulieren könnte, war bislang nur eine Überlegung aus Tiermodellen gewesen, die sich nun als richtig erwiesen hat“, berichtete Dr. Ralph Ziegler, Vorsitzender der DDG-Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie,gegenüber Medscape Deutschland. „Jetzt kann in einem nächsten Schritt getestet werden, ob diese Immunreaktion ausreicht, damit der Körper eine Toleranz gegenüber Insulin entwickelt.“

Insulin in den Betazellen ist eines der Antigene, die bei Typ-1-Diabetes vom Organismus fälschlicherweise als „Fremdkörper“ eingestuft und angegriffen werden. Beim gesunden Kind baut das Immunsystem in den ersten Lebensjahren eine Toleranz gegen körpereigene Proteine wie das Insulin auf. Ziel der Forschung ist, den Abwehrzellen durch die orale Gabe von Insulin eine solche Toleranz anzutrainieren. „Man macht das Immunsystem mit dem Insulin bekannt, bevor es eine Autoimmunreaktion zeigt“, erklärte Ziegler, der in Münster eine Diabetologische Schwerpunktpraxis für Kinder und Jugendliche betreibt.

Dass man mit oralem Insulin eine Immunreaktion stimulieren könnte, war bislang nur eine Überlegung aus Tiermodellen gewesen, die sich nun als richtig erwiesen hat. Dr. Ralph Ziegler

Immunreaktion im Mund

In der Pre-POINT-Studie unter Leitung des DFG-Center for Regenerative Therapies Dresden wurden Kinder mit hohem Erkrankungsrisiko für Typ-1-Diabetes in Deutschland, Österreich, den USA und Großbritannien über durchschnittlich ein halbes Jahr einmal täglich mit oralem Insulin behandelt. Das Insulin wurde in Pulverform und in mit der Zeit ansteigender Dosis mit der Nahrung eingenommen. Die Kontrollgruppe erhielt ein Placebo.

Prof. Dr. Ezio Bonifacio

Hypoglykämien traten nicht auf. „Wir vermuten, dass der Hauptanteil der Immunantwort auf das Insulin bereits im Mund abläuft“, erklärte Studienleiter Prof. Dr. Ezio Bonifacio in einer Mitteilung der Technischen Universität Dresden.

25 Kinder mit familiärer Vorbelastung und suszeptiblen HLA-Klasse-II-Genotypen nahmen an der Untersuchung teil. Sie bekamen das orale Insulin zu einem Zeitpunkt verabreicht, an dem sie noch keine Autoantikörper aufwiesen.

„Wenn Autoantikörper nachgewiesen werden, ist bereits ein Immunprozess im Gange und die gemessene Immunreaktion könnte nicht eindeutig auf das während der Studie verabreichte orale Insulin zurückgeführt werden“, sagte Ziegler. „Deshalb wurden nur Kinder eingeschlossen, die noch keine Anzeichen einer Autoimmunreaktion zeigten.“

Auch jüngere Kinder untersuchen

Die tägliche Gabe von 67,5 mg Insulin führte bei 5 von 6 Kindern (83,3%) zu einer Immunreaktion. „Dabei handelt es sich um eine viel höhere Dosis als in früheren Studien“, betont der Endokrinologe Dr. Jay Skyler von der University of Miami in einem Editorial [2]. „Die Insulindosis ist bei diesen Untersuchungen entscheidend und diese Studie liefert damit wichtige Informationen für künftige Forschungsprojekte.“

Wir vermuten, dass der Hauptanteil der Immunantwort auf das Insulin bereits im Mund abläuft. Prof. Dr. Ezio Bonifacio

Skyler ergänzt: „In die Pre-POINT-Studie wurden Kinder von 2 bis 7 Jahren eingeschlossen, am häufigsten treten Antikörper gegen Inselzellen jedoch im Alter von 6 Monaten bis zwei Jahren auf. Künftige Studien sollten deshalb auch Kinder unter einem Jahr einschließen, auch wenn dies die Verabreichung des Insulins erschweren und neue Sicherheitsfragen aufwerfen könnte.“

REFERENZEN:

1. Bonifacio E, et al: JAMA 2015;313(15):1-10
2. Skyler JS, et al: JAMA 2015; 313(15):1520-1521

Kommentar

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