Der PD1-Inhibitor Pembrolizumab verlängert die progressionsfreie Zeit und die Lebenserwartung von Patienten mit fortgeschrittenem Melanom signifikant stärker als der derzeitige Therapiestandard, der CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab.

Prof. Dr. Antoni Ribas
Photo by © ASCO/Silas Crews 2014
Dies ergaben 2 Interimsanalysen der Phase-3-Studie KEYNOTE-006, die von Prof. Dr. Antoni Ribas, Los Angeles, in der Eröffnungs-Plenarsitzung bei der Jahrestagung der American Association for Cancer Research am 19. April 2015 in Philadelphia vorgestellt und parallel online im New England Journal of Medicine publiziert worden sind [1;2]. Der Wirkstoff Ipilimumab war bereits als Durchbruch bei der Therapie des metastasierten Melanoms gefeiert worden.
„Der Vergleich von zwei Immuncheckpoint-Blockern bei Patienten mit fortgeschrittenen Melanom zeigte, dass Pembrolizumab im Vergleich zu Ipilimumab das progressionsfreie Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) signifikant verlängerte und mit weniger hochgradig toxischen Ereignissen assoziiert war“, so das Fazit der Autoren. Bemerkenswert ist, dass mit dem PD1-Inhibitor Pembrolizumab im Vergleich zum derzeit modernsten Standard Ipilimumab schon in der Zwischenanalyse eine deutliche Überlegenheit auf den härtesten Endpunkt in der Onkologie, das Gesamtüberleben, gesehen werden konnte.
Aufgrund dieser Überlegenheit von Pembrolizumab hat das Datensicherheitskomitee eine Entblindung der Studie empfohlen, um den Patienten der Ipilimumab-Gruppe mit Krankheitsprogression einen Wechsel auf Pembrolizumab zu ermöglichen.
Pembrolizumab reaktiviert die körpereigene Tumorabwehr
Pembrolizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der die Interaktion von PD-1 (Programmed cell death protein 1) auf T-Zellen mit seinen Liganden PD-L1 und PD-L2 blockiert. Hierdurch kann das körpereigene Abwehrsystem gegen Tumore reaktiviert und der Tumor vom Immunsystem wieder angegriffen werden.
Der von Merck Sharp & Dohme (MSD) entwickelte Antikörper Pembrolizumab (KEYTRUDA®)wird derzeit bei mehr als 30 Krebsformen untersucht, unter anderem beim Melanom. In den USA wurde der PD1-Inhibitor im September 2014 beschleunigt zur Behandlung von Patienten mit nicht resezierbarem oder metastasiertem Melanom und Tumorprogression nach Vorbehandlung mit Ipilimumab und einem BRAF-Inhibitor (bei Vorliegen einer BRAF-V600-Mutation) zugelassen. Der Zulassung lagen die Ergebnisse der Phase-1-Studie KEYNOTE-001 zugrunde (wie Medscape Deutschland berichtete). In Europa ist die Zulassung beantragt.
Erste Phase-3-Studie beim Melanom
Die von MSD finanzierte KEYNOTE-006-Studie ist eine weltweit durchgeführte, offene, randomisierte Phase-3-Studie, in der Pembrolizumab mit Ipilimumab bei 834 Patienten mit nicht resezierbarem fortgeschrittenem Melanom in Stadium III oder IV und nicht mehr als einer vorausgegangenen systemischen Therapie verglichen wird.
Randomisiert erhielten die Teilnehmer Pembrolizumab in einer Dosierung von 10 mg/kg Körpergewicht (KG) alle 2 (n = 279) oder alle 3 Wochen (n = 277) im Vergleich zu 4 Zyklen Ipilimumab 3 mg/kg KG alle 3 Wochen (n = 278). Pembrolizumab wurde bis zur Progression der Erkrankung, bis zum Auftreten schwerer unerwünschter Wirkungen oder bis zum Abbruch der Therapie aufgrund der Entscheidung des Arztes oder des Patienten gegeben.
Primäre Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS), zu den sekundären Endpunkten gehörten die Gesamtansprechrate (ORR) nach RECIST-Kriterien, die Dauer des Ansprechens und das Sicherheitsprofil.
Das Studienprotokoll sah 2 Interimsanalysen vor. Die erste Interimsanalyse wurde im September 2014 durchgeführt, als in allen Studiengruppen mindestens 260 Patienten eine Krankheitsprogression erfahren hatten oder gestorben waren. Das Datensicherheitskomitee empfahl nach dieser Zwischenanalyse die Studie fortzuführen.
Die zweite Zwischenanalyse sollte dann durchgeführt werden, wenn mindestens 290 Patienten wieder erkrankt oder gestorben und alle Patienten mindestens 9 Monate nachbeobachtet waren. Sie erfolgte Anfang März 2015. Das Datensicherheitskomitee empfahl nach dieser Analyse, die Studie zu entblinden und den Patienten der Ipilimumab-Gruppe mit Progression der Erkrankung eine Therapie mit Pembrolizumab zu ermöglichen.
Die endgültigen Daten für Sicherheit und Überleben werden dann vorliegen, wenn in allen Patientengruppen 435 Personen gestorben oder über mindestens 21 Monate nachbeobachtet worden sind.
Erste Zwischenanalyse: signifikant längeres progressionsfreies Überleben
Schon in der ersten Interimsanalyse hatte Pembrolizumab die progressionsfreie Zeit im Vergleich zu Ipilimumab signifikant verlängert. Die Rate für das 6-monatige progressionsfreie Überleben betrug für Pembrolizumab bei Gabe alle 2 Wochen 47,3%, alle 3 Wochen verabreicht 46,4% und für Ipilimumab 26,5%.
Im Median überlebten Patienten progressionsfrei 5,5 bzw. 4,1 Monate mit Pembrolizumab und 2,8 Monate mit Ipilimumab. Die Behandlung mit Pembrolizumab senkte damit das relative Risiko für Progression und Tod um 42% im Vergleich zu Ipilimumab (Hazard-Ratio: 0,58; p < 0,001 für beide Pembrolizumab-Dosierungen). Der Nutzen von Pembrolizumab war in allen vordefinierten Subgruppen nachweisbar.
Zweite Zwischenanalyse: Gesamtüberleben signifikant verlängert
Bei der zweiten Interimsanalyse waren 289 Patienten gestorben. Das Ein-Jahres-Überleben lag für die Patienten mit Pembrolizumab alle 2 Wochen bei 74,1%, mit Pembrolizumab alle 3 Wochen bei 68,4% und mit Ipilimumab bei 58,2%. Die Hazard-Ratio der beiden Pembrolizumab-Gruppen im Vergleich zu Ipilimumab betrugen 0,63 (95%-Konfidenzintervall: 0,47–0,83; p < 0,005) bzw. 0,69 (95%-KI 0,52–0,90; p = 0,0036).
Aufgrund dieses Ergebnisses empfahl das Datensicherheitskomitee, die Studie zu beenden, um den Patienten der Ipilimumab-Gruppe mit Krankheitsprogression eine Behandlung mit Pembrolizumab zu ermöglichen. Das mediane Gesamtüberleben war noch nicht in allen Studiengruppen erreicht. Der Nutzen von Pembrolizumab auf das Gesamtüberleben war in allen Subgruppen nachweisbar.
Auch in den Ansprechraten war Pembrolizumab nach den Ergebnissen in der ersten Zwischenanalyse Ipilimumab signifikant überlegen. Sie lagen bei 33,7% mit Pembrolizumab alle 2 Wochen (p < 0,001 vs Ipilimumab), 32,9% mit Pembrolizumab alle 3 Wochen (p < 0,001 vs Ipilimumab) und 11,9% mit Ipilimumab. Ein komplettes Ansprechen wurde bei 5,0%, 6,1% bzw. 1,4% der Patienten erreicht. Im Median dauerte es 86, 85 bzw. 87 Tage bis zum Ansprechen. Zum Zeitpunkt der Analyse sprachen 89,4%, 96,7% bzw. 87,9% der Patienten anhaltend auf die Therapie an.
Keine bislang unbekannten Nebenwirkungen
Das Profil der Nebenwirkungen entsprach dem, was in bisherigen Studien beobachtet worden war. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen aller Schweregrade waren bei beiden Therapieformen Fatigue, Durchfall, Hautausschlag und Juckreiz. Schwere unerwünschte Wirkungen (Grad 3 und 4) traten bei 13,3% bzw. 10,1% der Patienten unter Pembrolizumab (2-wöchige bzw. 3-wöchige Gabe) sowie bei 19,9% der Patienten unter Ipilimumab auf.
Die häufigsten Nebenwirkungen mit autoimmunem oder immunbedingtem Hintergrund waren unter Pembrolizumab Hypothyreoidismus (10,1% und 8,7%) und Hyperthyreoidismus (6,5% und 3,2%), unter Ipilimumab Kolitis (8,2%).
REFERENZEN:
2. Robert C, et al: NEJM (online) 19. April 2015
Diesen Artikel so zitieren: Fortgeschrittenes Melanom: Pembrolizumab ist dem bisherigen Therapiestandard Ipilimumab überlegen - Medscape - 21. Apr 2015.
Kommentar