Mannheim – Die Zukunft beim Aortenklappenersatz gehört der perkutan implantierbaren Aortenklappe. Daran besteht aus Sicht von Prof. Dr. Michael Haude, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Lukaskrankenhauses Neuss, kein Zweifel. Grundlage für seine Einschätzung sind aktuelle Ergebnisse aus verschiedenen Studien zur TAVI-Prozedur, über die Haude auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim referierte [1].
Wie Haude berichtete, zeigen die Langzeitdaten aus der PARTNER-Studie, dass über einen Zeitraum von 5 Jahren die Therapie mit der interventionell implantierbaren Aortenklappe (TAVI) Sapien (Edwards Lifesciences) einen signifikanten Vorteil hat gegenüber der medikamentösen Therapie bei Patienten, die für einen chirurgischen Aortenklappenersatz kontraindiziert sind.
„Bei den inoperablen Patienten haben wir inzwischen Fünf-Jahres-Daten, die im Verlauf belegen, dass diese Patienten im Bezug auf Überleben hochdramatisch von der Implantation einer perkutanen Aortenklappe profitieren. Ich denke, dass ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben für diese Patienten erstmals eine Therapie, die nicht nur symptomatisch lindernd ist, sondern die auch zusätzlich Lebensjahre bringt“, sagte Haude auf einer Pressekonferenz der DGK in Mannheim.
Sterblichkeitsraten von maximal zwei Prozent
In der PARTNER-Studie wurden in 2 Patientengruppen TAVI getestet (wie Medscape Deutschland berichtete): In einen Studienarm waren inoperable Patienten aufgenommen worden, denen bis dato lediglich symptomatisch mit einer medikamentösen Therapie geholfen werden konnte. Im zweiten Studienarm wurde TAVI bei Patienten mit einem hohen Operationsrisiko mit dem chirurgischen Aortenklappenersatz verglichen.
„Wichtig ist, dass das Daten sind, die für die Erstgenerations-TAVI-Klappen gelten“, betonte Haude. Inzwischen seien diese Klappe durch Nachfolgemodelle ersetzt worden, die noch günstigere Eigenschaften aufwiesen. „Mit der Sapien-3-Klappe generieren wir Ergebnisse, die noch einmal dramatisch besser sind. Wir reden hier über 30-Tages-Sterblichkeiten bei inoperablen oder Patienten mit einem chirurgischen Hochrisiko von ein bis zwei Prozent.“
Interventionelle Aortenklappe auch nach fünf Jahren funktionstüchtig
Auch bezüglich der Haltbarkeit der interventionellen Aortenklappe sind laut Haude die Ergebnisse positiv: Nach 5 Jahren seien die funktionellen Werte der Klappe praktisch unverändert. Sowohl bei Druckgradienten über die Aortenklappe, als auch bei der Klappenöffnungsfläche sein „kein Verbrauch, kein Abnutzen“ zu verzeichnen.
Ähnliche Erkenntnisse stammen auch aus der zweiten Studiengruppe der Patienten mit einem operativen Hochrisiko. Haude: „Die Prothesen sind funktionell über fünf Jahre intakt, egal, welchen Parameter man da anschaut.“ Auch im klinischen Vergleich zur Operation habe TAVI in dieser Kohorte bestehen können, berichtet der Neusser Kardiologe. In der Gesamtsterblichkeitsrate bestanden keine Unterschiede zwischen dem operativen Vorgehen und TAVI. Beim interventionellen Aortenklappenersatz seien auch nicht mehr Schlaganfälle beobachtet worden im Vergleich zu der Patientengruppe, die herzchirurgisch behandelt worden war.
Wie Haude auch berichtete, stützten 2-Jahres-Daten aus der U.S. Pivotal Trial die positiven Erfahrungen mit TAVI. In U.S. Pivotal Trial wurde die interventionell implantierbare und selbstexpandierende Aortenklappe CorValve (Medtronic) in einer Studienpopulation getestet, die ein hohes Risiko für eine konventionelle Operation hatte. Schon ein Jahr nach Implantation zeigte sich für die TAVI-Patienten eine signifikant geringere Gesamtsterblichkeit im Vergleich zu jenen Patienten, die chirurgisch versorgt worden war.
In der 2-Jahres-Auswertung wurde dieses Ergebnis bestätigt. Mehr noch: „Der Vorteil nimmt im Verlauf zu“, betonte Haude. „Das ist eine sehr bemerkenswerte Situation, weil hier zum ersten Mal ein echter Benefit für die TAVI gegenüber einem konventionell-chirurgischen Ansatz gezeigt werden konnte – für den härtesten Endpunkt, den wir haben: die Gesamtmortalität.“
TAVI-Prozeduren nehmen zu, chirurgische Eingriffe werden aber nicht weniger
Ungeachtet der Grabenkämpfe, die zur Zeit zwischen Kardiologen und Herzchirurgen ausgetragen werden hinsichtlich der Zuständigkeiten und Qualitätsvorgaben bei TAVI-Prozeduren, ist zur Zeit nicht absehbar, ob die neuen interventionellen Verfahren zu einer Verlagerung weg vom chirurgischen Aortenklappenersatz führen werden.
Laut der von der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) jährlich erhobenen herzchirurgischen Leistungszahlen kann davon zumindest zur Zeit nicht die Rede sein: Seit 2006 – seit diesem Jahr werden auch TAVI-Prozeduren an den deutschen herzchirurgischen Zentren erfasst – blieb bis 2014 der isolierte chirurgische Aortenklappenersatz auf etwa gleichem Niveau zwischen 11.500 und 12.300 Eingriffen pro Jahr. Im selben Zeitraum nahm allerdings die Zahl der TAVI-Prozeduren von 75 auf mehr als 8.600 pro Jahr zu [3].
REFERENZEN:
1. 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 8. bis 11. April 2015, Mannheim
2. 44. DGTHG-Jahrestagung, 8. bis 12. Februar 2015, Freiburg, Pressekonferenz der DGHTHG (10.2.2015)
Diesen Artikel so zitieren: Aortenklappenersatz: Die Zukunft gehört der interventionellen Therapie - Medscape - 17. Apr 2015.
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