Achse Darm-Gehirn: Was das Mikrobiom mit Demenz, Multipler Sklerose und Depression zu tun hat

Sarah R. Dash

Interessenkonflikte

17. April 2015

In diesem Artikel

Einleitung

Erst allmählich beginnt die Forschung zu verstehen, auf welche Weise die Darmflora mit dem ZNS kommuniziert und die geistige Gesundheit beeinflusst. Das Konzept einer gestörten „Darm-Hirn-Achse“ wird mit verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Störungen in Verbindung gebracht, was zumindest teilweise über immunologische Störungen und Entzündungen erklärt wird, die durch eine gestörte Darmflora getriggert werden.

Die Darmflora ist bei dem Versuch, chronische Erkrankungen wie den Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Gefäß-Leiden und auch Hirnkrankheiten besser zu verstehen, immer mehr ins Blickfeld gerückt. Die Erkrankungen des Gehirns stellen eine große Belastung für die gesamte Gesellschaft dar, und die derzeit begrenzten Interventionsmöglichkeiten zeigen deutlich, wie wichtig es ist, zu einem besseren Verständnis zu kommen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu finden, was teilweise eben auch die enge Verbindung zwischen dem menschlichen Mikrobiom und dem Gehirn betrifft.

Übersicht

Die Entwicklung der Darmflora setzt mit der Geburt ein und wird anfänglich durch Nahrungsaufnahme und Stuhlgang angetrieben. Bereits nach wenigen Lebensjahren erreicht sie den Stand eines Erwachsenen.[2] Störungen der Zusammensetzung, der Vielfalt oder der Stabilität der Darmflora werden mit einer ganzen Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht, wie etwa Autoimmunerkrankungen, Stoffwechselkrankheiten, Magen-Darm-Erkrankungen und eben auch Hirnkrankheiten.[3,4]

Obwohl die Zusammensetzung der Darmflora die meiste Zeit des Lebens über relativ stabil bleibt, wird sie doch von Faktoren wie dem klimatischen Umfeld, Antibiotikaeinnahmen, sportliche Betätigung und Ernährung beeinflusst. Diese Faktoren sind für die Frage nach möglichen präventiven und therapeutischen Maßnahmen im Zusammenhang mit Hirnerkrankungen besonders wichtig.

Die bidirektionale Kommunikation zwischen dem Darm und Gehirn erfolgt auf direkten und indirekten Wegen über das zentrale und das enterische Nervensystem, über das endokrine und das Immunsystem sowie über die Modulation von Neurotransmittern.[1] Auch die Ernährungsweise wird auf diesen Wegen registriert, denn die Darmflora unterstützt die optimale Bioverfügbarkeit bestimmter Nahrungsinhaltsstoffe. So hält sie etwa einen normalen Tryptophanspiegel im Plasma aufrecht, der ein wichtiger Baustein bei der Synthese von Serotonin als einem der wichtigsten Neurotransmitter im ZNS ist.[1] Die Fortschritte auf diesem Gebiet gehen auf die Entwicklung der DNA-Sequenzierung zurück, welche ein ausgedehntes Screening der Darmbakterien und ihrer physiologischen Funktionen ermöglicht. Dadurch ließ sich über biologische Marker eine Verbindung zwischen einer gestörten Darmflora und den erwähnten Kommunikationswegen aufzeigen.

Es wurde bis heute noch kein „Goldstandard“ eines gesunden Darmfloraprofils definiert. Die genetischen und umgebungsabhängigen Faktoren haben eine hohe individuelle Variationsbreite zur Folge, was die Zusammensetzung der Darmflora betrifft. Im Allgemeinen kann man sagen, dass eine „gesunde“ Darmflora einer guten Darmfunktion förderlich ist und wesentliche strukturelle, metabolische und kommunikative Funktionen aufrechterhält. Der Darm und seine Funktionen können aus ganz verschiedenen Gründen gestört sein. So kann eine Veränderung der normalen Vielfalt und Stabilität der Darmflora (sogenannte Dysbiose) dazu führen, dass eine oder mehrere Darmfunktionen nicht mehr erfüllt werden können, was zu metabolischen, immuninflammatorischen oder zentralnervösen Störungen beitragen kann.

Eine erhöhte intestinale Durchlässigkeit (sogenanntes Leaky-Gut-Syndrom) kommt zustande, wenn die Darmschleimhaut potenziell schädliche Moleküle nicht mehr am Übertritt in den Blutkreislauf hindert. Zu diesen Molekülen gehören auch Lipopolysaccharide, die auch auf der äußeren Membran gramnegativer Bakterien entdeckt wurden und zu Entzündungsreaktionen im Körper führen können.[5] Eine erhöhte intestinale Permeabilität ist ein häufiges Merkmal eines kranken Darmes.

Man sollte daran denken, dass jede Darmflora anders aussieht. Die Begriffe „gesund“ oder „ungesund“, wie sie hier in Bezug auf die Funktion, Zusammensetzung oder Vielfalt der Darmflora gebraucht werden, beziehen sich immer auf die sonst „normale“ Darmflora eines Individuums.

Kommentar

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