Wer bin ich und wenn ja wie viele? Molekulare Subtypen beim Darmkrebs sind wichtig – nicht nur für die Prognose

Dr. Sylvia Bochum

Interessenkonflikte

15. April 2015

Molekularer Subtyp korreliert mit krankheitsfreiem Überleben

Sämtliche MSI-Tumore waren, wie bereits in anderen Studien beschrieben, fast ausschließlich im proximalen Kolon lokalisiert (95% der sporadischen bzw. 86% der familiären Tumore). Auch MSS-Tumore mit einer BRAF- oder KRAS-Mutation fanden sich vorwiegend proximal (76% bzw. 58%), während MSS-Tumore mit KRAS- und BRAF-Wildtyp in erster Linie im distalen Kolon nachzuweisen waren (66%).

Patienten mit MSI-Tumoren besitzen in frühen Krankheitsstadien eine relevant bessere Prognose als Patienten mit einem MSS-Tumor. Sinicrope und seine Kollegen zeigten in ihrer Studie ein krankheitsfreies Überleben von 5 Jahren bei 67,3% Patienten mit einem sporadischen MSI-Tumor (95%-Konfidenzintervall: 60,1-74,5%) bzw. bei 72,3% der Patienten mit familiären MSI-Tumor (95%-KI: 60,6-84,1%).

Interessanterweise lag das krankheitsfreie Überleben von 5 Jahren bei MSS-Tumoren ohne KRAS- bzw. BRAF-Mutation mit 70,7% (95%-KI: 68,0-73,3%) in einem vergleichbaren Bereich und war damit signifikant besser als bei gleichzeitigem Vorliegen einer Mutation in einem der beiden Onkogene (61,0% bei KRAS- und 55,5% bei BRAF-Mutation).

Kombination von Markern erhöht Informationsgehalt

 
Die Ergebnisse der Studie bestätigen einmal mehr, dass das kolorektale Karzinom eine äußerst heterogene Erkrankung ist, bei der verschiedene molekulare Signalwege involviert sein können. Prof. Dr. Uwe Martens
 

„Die Ergebnisse der Studie bestätigen einmal mehr, dass das kolorektale Karzinom eine äußerst heterogene Erkrankung ist, bei der verschiedene molekulare Signalwege involviert sein können“, so Martens. Gerade MSS-Tumoren verhalten sich klinisch-pathologisch wie auch prognostisch oft sehr uneinheitlich. „Die aktuelle Studie bestätigt erneut den Zusammenhang zwischen molekularem Subtyp und dem jeweiligen klinischen Verlauf“, so der Onkologe.

Insbesondere die BRAF-V600E-Mutation gilt als wichtiger negativer prognostischer Marker. Grundsätzlich sei die Kombination mehrerer molekularer Marker jedoch informativer als ein einzelner Marker, so das Fazit die Autoren. So hätten Tumoren mit einer BRAF-Mutation zwar bestimmte klinische und pathologische Merkmale gemeinsam, hinsichtlich ihrer Prognose unterscheiden sie sich in Abhängigkeit vom MSI-/MSS-Status aber erheblich voneinander.

Das unterstreiche einmal mehr die Bedeutung des Nachweises bzw. Ausschlusses einer Mikrosatelliten-Instabilität beim Kolonkarzinom, so die Autoren. Bei Patienten in Stadium II hat diese Diagnostik bereits therapeutische Konsequenzen: So wird bei Vorliegen einer Mikrosatelliten-Instabilität aufgrund der guten Prognose in der Regel auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet.

Intratumorale Heterogenität erschwert Bestimmung des molekularen Subtyps

Für Patienten in Stadium III könnten derartige Empfehlungen noch nicht ausgesprochen werden, erklärt Martens. Dazu bedürfe es weiterer Studien. Man könne aber davon ausgehen, dass die Kategorisierung der Tumoren in verschiedene molekulare Subtypen nicht nur für die Prognose von Bedeutung sei, sondern in Zukunft auch eine zunehmend wichtige Entscheidungshilfe bei der Therapiewahl sein wird. „Beim metastasierten Kolonkarzinom ist das, wenn es um den Einsatz von anti-EGFR-Antikörpern geht, bereits klinischer Alltag“, so Martens.

Allerdings zeige sich mehr und mehr, dass sich nicht nur die einzelnen Tumoren molekular voneinander unterscheiden. In vielen Fällen lasse sich auch eine signifikante intratumorale genetische Heterogenität nachweisen, so Dr. Eric Fearon und John Carethers von der University of Michigan in Ann Arbor, USA, in einem begleitenden Editorial [2]. Zwar gebe es kritische, initiale genetische Veränderungen, die in allen Krebszellen des Tumors nachzuweisen seien, grundsätzlich offenbarten unterschiedliche Bereiche des Tumors aber oft auch ein sehr unterschiedliches genetisches Profil.

Für die präzise Bestimmung des molekularen Subtyps eines Tumors bedürfe es deshalb auch der Etablierung neuartiger Nachweisverfahren wie dem Next-Generation-Sequencing und der Analyse zirkulierender Tumorzellen im peripheren Blut, so das Fazit der Experten.

 

REFERENZEN:

1. Sinicrope FA, et al: Gastroenterology 2015; 148(1):88-99

2. Fearon ER, et al: Gastroenterology 2015; 148(1):10-13

 

Kommentar

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