Zu viel Salz gilt als Ursache von Bluthochdruck und den daraus resultierenden Folgeerkrankungen. Inzwischen ist aber bekannt, dass dieser Zusammenhang nur für die Untergruppe der salzsensitiven Menschen gilt, die auf eine erhöhte Salzzufuhr tatsächlich mit einem Blutdruckanstieg reagieren. Doch das sind anscheinend – je nachdem, welche Bevölkerungsgruppen man untersucht – gar nicht so viele, schreiben die Autoren eines Reviews im Journal of the American College of Cardiology [1].
Es gibt keine standardisierten Richtlinien oder eindeutigen Blutdruckwerte, mit denen man Patienten als salzsensitiv oder salzresistent einstufen könnte. Üblicherweise gilt: Wenn der Blutdruck in einem Zeitraum hoher Salzzufuhr ansteigt oder während einer Periode der Salzrestriktion sinkt, hat der Patient salzsensitiven Blutdruck. Führt eine Reduktion der Salzzufuhr nicht zu einer Blutdruckveränderung, hat der Patient salzresistenten Blutdruck.
Häufig salzsensitiv seien ältere Menschen, Bluthochdruckpatienten, Schwarze und Nierenkranke, berichten die Review-Autoren um Dr. William Farquhar von der University of Delaware. Häufiger salzresistent sind junge Leute, Menschen mit normalem Blutdruck und Weiße. In einer Studie, in der die Wirkung einer erhöhten Kochsalzzufuhr bei Menschen afroamerikanischen und kaukasischen Ursprungs untersucht wurde, hatten 18% der Weißen und 37% der Schwarzen salzsensitiven Blutdruck.
Salz kann ohne Blutdruckerhöhung schaden
Doch auch für salzresistente Personen ist diese Erkenntnis kein Freibrief für allzu unbekümmerten Umgang mit Salz: „Ein erhöhter Salzkonsum kann direkt Organe schädigen, ohne dass dafür der Blutdruck ansteigen muss“, betonen Farquhar und seine Kollegen.Zu den Organen, die direkt von zu viel Salz geschädigt werden, gehört zum Beispiel das Herz.
„Hoher Blutdruck ist bekanntlich ein wichtiger Risikofaktor für linksventrikuläre Hypertrophie“, schreiben die Autoren, „doch eine hohe Salzzufuhr kann Dicke und Masse der Wand des linken Ventrikels auch unabhängig vom Blutdruckstatus erhöhen.“
In Studien schädigte zu viel Salz bzw. dessen Bestandteil Natrium außerdem das Gefäßsystem, indem es die Endothelfunktion beeinträchtigte und die arterielle Steifheit erhöhte. In den Nieren kann Natrium die glomeruläre Filtrationsrate verringern und die Proteinausscheidung erhöhen, berichten die Autoren. Und im Gehirn sensibilisiert es bestimmte Sympathikusneuronen, wodurch die Response des sympathischen Nervensystems auf eine Vielzahl von Reizen wie zum Beispiel Kontraktionen der Skelettmuskulatur verstärkt wird. „Und selbst in Abwesenheit eines Bluthochdruckes kann dieser chronisch erhöhte Sympathikus-Outflow schädliche Effekte auf die Zielorgane haben“, so die Autoren.
Studien zu Salzrestriktion methodisch schwierig
Es stellt sich die Frage, welchen Effekt eine Reduktion des Salz- bzw. Natriumkonsums auf gesundheitliche Endpunkte hat. „Den Effekt von Natrium bzw. dessen Reduktion auf harte klinische Outcomes zu erforschen, birgt beträchtliche Herausforderungen“, schreiben Farquhar und Kollegen. „Wie misst man die Menge des aufgenommenen Natriums am besten? Wie bringt man Studienteilnehmer dazu, über einen längeren Zeitraum eine definierte Menge an Salz zu konsumieren? Und dann ist da noch die Notwendigkeit großer Patientenzahlen und langer Follow-up-Zeiträume, um ausreichend Endpunkte für die Analyse zu bekommen.“
Die meisten Studien, die den Zusammenhang zwischen Salzkonsum und kardiovaskulären Ereignissen untersuchen, seien beobachtender Natur – und litten an multiplen methodischen Problemen, wie Farquhar und Kollegen betonen. Nur wenige randomisierte Studien hatten bislang ausreichend Power und Follow-up, um die Effekte einer Natriumrestriktion auf kardiovaskuläre Endpunkte zu untersuchen.
In einer Metaanalyse von 7 randomisierten Studien mit mindestens 6 Monaten Nachbeobachtung fand sich kein Effekt einer Natriumrestriktion auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität. Nach Ausschluss einer Studie mit methodischen Problemen zeigte die Metanalyse der verbliebenen 6 Studien, dass eine moderate Reduktion des Salzkonsums zu einem signifikanten Rückgang von kardiovaskulären Ereignissen und Schlaganfällen um 20% führte.
Empfehlung, weniger Salz zu konsumieren, bleibt
So wie es in Studien schwierig ist sicherzustellen, dass die Teilnehmer sich an eine bestimmte Salzzufuhr halten, stelle auch die Reduktion des Salzkonsums auf Bevölkerungsebene eine Herausforderung dar, schreiben die Autoren. Letztlich bestätige aber eine große Evidenzlast die biologische Plausibilität der Assoziation zwischen hohem Natriumkonsum und vermehrten kardiovaskulären Ereignissen, weshalb die meisten Fachgesellschaften Höchstwerte für die tägliche Natriumzufuhr empfehlen.
Mit 6 Gramm Kochsalz (entspricht 2.400 mg Natrium) am Tag liegt der Referenzwert für den Salzkonsum weit über dem, was rein physiologisch notwendig wäre: „Für die zelluläre Homöostase und physiologische Funktion benötigen gesunde Menschen weniger als 500 mg Natrium am Tag“, so Farquhar und Kollegen.
Laut Nationaler Verzehrstudie II schwanken die Werte für die Salzaufnahme in Deutschland bei den Männern zwischen 7 und 9 g/Tag und bei den Frauen zwischen 4,9 und 6,5 g/Tag. Deutschland weist damit im internationalen Vergleich einen als moderat anzusehenden Salzkonsum auf. In den USA liegt der durchschnittliche Salzkonsum laut Farquhar und Kollegen bei mehr als 8 g/Tag.
REFERENZEN:
1. Farquhar W, et al: J Am Coll Cardiol. 2015 Mar 17;65(10):1042-1050
Diesen Artikel so zitieren: Auch wenn’s dem Blutdruck egal ist: Zuviel Salz schadet den Organen - Medscape - 26. Mär 2015.
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