Frankfurt a. M. – Schon eine kurze Anamnese führt auf die richtige Spur der Spondylarthropathien, sie sind anfangs sogar „phantastisch“ therapierbar und nicht eben selten, dennoch dauert es meist Jahre bis zur richtigen Diagnose. Diese Kritik erhoben Rheumatologen während des Symposiums „Spezifische Entzündungen bei Rückenschmerz“ auf dem Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt [1].
Spondylarthropathien (SpA) sind rheumatische Erkrankungen, die sowohl axial, verbunden mit entzündlichen Veränderungen an der Wirbelsäule, als auch am peripheren Skelett auftreten können. Geschätzt leiden rund 1,6 Millionen Patienten in Deutschland darunter. Zu den axialen Spondylarthropathien (aSpA) zählt vor allem die klassische ankylosierende Spondylitis (AS), der Morbus Bechterew. Um diese Erkrankung gruppieren sich noch eine Reihe abweichender Formen, wie die undifferenzierte SpA, die juvenile Oligoarthritis, die Psoriasis-Arthritis, die akute anteriore Uveitis, die infektreaktive Arthritis (ReA) inklusive Morbus Reiter und die mit M. Crohn oder Colitis ulcerosa assoziierte Arthritis.
Bei chronischen Rückenschmerzen sollte man aufhorchen
Bezüglich chronischer Rückenschmerzen sind vor allem der Morbus Bechterew (AS) und die nicht-radiologische Spondylarthropathie von Bedeutung. „Jeder 20. Patient mit chronischen Rückenschmerzen ist ein axialer SpA-Patient, sei es der klassische AS-Patient oder einer der familiär dazu gehörenden Erkrankungen. Diese Patienten sollten zu uns Rheumatologen kommen, aber sie gehen uns bislang verloren, weil es durchschnittlich fünf Jahre dauert, bis die Diagnose gestellt wird und bereits Versteifungen eingetreten sind“, erläuterte Prof. Dr. Rainer Wigand, Medizinisches Versorgungszentrum MVZ Ortho-Intern, Frankfurt, auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS).
Drei Fragen begründen Verdacht auf SpA Prof. Dr. Rainer Wigands Appell in Frankfurt lautete: „Fragen Sie Ihre Patienten, die länger als drei Monate Rückenschmerzen haben:
|
ERS als Leitsymptom
Eine Diagnose der aSpA basiert wesentlich auf dem Erkennen entzündlicher Rückenschmerzen (ERS). „Der entzündliche Rückenschmerz ist ein ganz wichtiges diagnostisches Kriterium, das Leitsymptom aller axialen Spondylarthropathien“, betont Wigand. „Er ist von Ihnen ausschließlich durch die Anamnese eruierbar. Und die dauert nicht länger als 30 Sekunden.“ Folgende Charakteristika gilt es abzufragen:
- Morgensteifigkeit > 30 Minuten
- Aufwachen in der 2. Nachthälfte
- Besserung durch Bewegung
- Keine Verbesserung durch Ruhe
- Schleichender Beginn
- Alter bei Beginn bis zu 45 Jahre
Laut der S3-Leitlinie aSpA von 2013 eignen sich die beiden Symptome Morgensteifigkeit und Erwachen in der 2. Nachthälfte am besten zur Differentialdiagnose und sollten daher unbedingt erfragt werden. „Wenn die Schmerzen, die meistens im unteren Lendenwirbelsäulenbereich beginnen, nach dem Aufstehen und mit der Bewegung nachlassen, dann ist das ein sehr, sehr wichtiges Indiz“, bestätigt Wigand. Ein bedeutsames Kriterium sei allerdings auch die Tatsache, dass Ruhe keine Verbesserung bringt. „Von diesen Patienten geht keiner ins Kino, weil sie das nicht aushalten“, betont er.
Diesen Artikel so zitieren: Morgens steif, nachts wach? Bechterew & Co. mit einfachen Fragen diagnostizieren - Medscape - 19. Mär 2015.
Kommentar