Rund 30 Millionen Deutsche gehen einer Umfrage des Deutschen Sauna-Bundes e.V. zufolge mehr oder weniger regelmäßig in die Sauna. Dass die Schwitzkuren nicht nur unter „Wellness“ einzuordnen sind, sondern sich auch in punkto kardiovaskulärer Gesundheit auszahlen, hat jetzt eine große prospektive Kohortenstudie ergeben. Die Untersuchung fand – wen wundert es – in Finnland statt [1].
„Gehen Sie in die Sauna!“ – ein lebensverlängernder Rat?
In einem begleitenden Kommentar zur dieser Publikation gesteht die Kardiologin Prof. Dr. Rita F. Redberg von der Universität von Kalifornien in San Francisco, die derzeit Chefredakteurin von JAMA Internal Medicine ist: „Ich habe schon öfters Patienten geraten, die einen in meinen Augen unnötigen Test erwogen haben, etwa auf koronares Kalzium oder einen Ultraschall der Karotiden: ‚Lassen Sie das und geben Sie Ihr Geld lieber für etwas aus, das Ihnen gut tut – gönnen Sie sich eine Massage oder gehen Sie in den Spa.‘ Die hier von Laukkanen und seinen Kollegen präsentierten Daten lassen den Schluss zu, dass dieser Rat nicht nur ihrem Wohlbefinden diente, sondern – wenn sie sich für die Sauna entschieden – sogar lebensverlängernd war.“ [2]
Die aktuell publizierte Analyse ist Teil der „Finnish Kuopio Ischaemic Heart Disease Risk Factor Study“, die designt worden ist, um Risikofaktoren für atherosklerotische Ereignisse in einer repräsentativen Stichprobe finnischer Männer mittleren Alters zu erheben. An den Eingangsuntersuchungen in den Jahren 1984 bis 1989 nahmen 2.315 Männer im Alter zwischen 42 und 60 Jahren teil. Sie wurden im Schnitt über 20 Jahre lang nachbeobachtet.
Die Studienautoren um Tanjaniina Laukkanen vom Institute for Public Health and Clinical Nutrition in Kuopio haben über diesen Zeitraum die Todesfälle insgesamt sowie die Sterbezahlen am plötzlichen Herztod, an kardialen und an kardiovaskulären Ursachen ausgewertet – und diese mit der von den Teilnehmern berichteten Häufigkeit von Saunabesuchen verglichen.
Eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung
Sie fanden dabei eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung: Mit der Zahl der wöchentlichen Schwitzkuren nahm das Todesrisiko insgesamt ab; es reduzierte sich vor allem die Gefahr, an einer kardialen oder kardiovaskulären Ursache zu sterben.
Die Mehrzahl der Studienteilnehmer (n = 1.513) gaben an, im Schnitt 2 bis 3 Mal pro Woche die Sauna zu besuchen; 601 nutzen sie einmal pro Woche und 201 Männer sogar 4 bis 7 Mal.
Die Rate an plötzlichen Herztodesfällen verringerte sich mit steigender Saunanutzung von 10,1 über 7,8 auf 5,0%. Das Gleiche galt für tödliche Koronarerkrankungen, die von 14,9 über 11,5 auf 8,5% abnahmen. Bei den kardiovaskulären tödlichen Erkrankungen (also Schlaganfälle eingeschlossen) fielen die Raten von 22,3 über 16,4 auf 12% und bei der Gesamtmortalität von 49,1 über 37,8 auf 30,8%.
Korrigiert für kardiovaskuläre Risikofaktoren – 30% der Männer waren z.B. Raucher, 24% hatten bereits eine KHK, 34% einen Bluthochdruck – ergab sich ein eindeutiger Trend zugunsten häufiger Saunabesuche. So nahm z.B. das Risiko für einen plötzlichen Herztod bei 2 bis 3 Saunabesuchen pro Woche im Vergleich zu nur einer wöchentlichen Schwitzkur um relativ 22% ab (Hazard Ratio: 0,78, 95%-Konfidenzinterwall: 0,57-1,07); bei 4 bis 7 Mal Sauna pro Woche sogar um 63% (HR: 0,37, 95%-KI: 0,18-0,75). Ähnliche Assoziationen fanden sich nach Angaben der Autoren auch für die kardiale, die kardiovaskuläre und die Gesamtmortalität.
Der beste Effekt bei mehr als 19 Minuten pro Saunagang
Interessant: Nicht nur die Häufigkeit auch die durchschnittliche Länge der einzelnen Saunasitzungen korrelierte mit dem jeweiligen Risiko: So hatten diejenigen mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer in der Sauna von 11 bis 19 Minuten ein um relativ 7% geringeres Risiko für einen plötzlichen Herztod als diejenigen, die es nur weniger als 11 Minuten aushielten. Und wer es auf eine – für uns Deutsche rekordverdächtig klingende – Aufenthaltsdauer von im Schnitt mehr als 19 Minuten brachte, hatte sogar ein mehr als halbiertes Risiko für einen plötzlichen Herztod (HR: 0,48, 95%-KI: 0,31-0,75). Auch hier fanden sich ähnliche Zusammenhänge für die kardial bedingte und die kardiovaskuläre, aber nicht für die Gesamtmortalität.
Über die Mechanismen der günstigen Effekte des Saunierens lässt sich nur spekulieren. Die Autoren verweisen auf frühere Studien: „Es gab einige Befunde, dass Saunabäder mit einer besseren kardiovaskulären und zirkulatorischen Funktion assoziiert sind“, schreiben sie. „Längerfristiges Saunieren war dabei mit einem niedrigeren Blutdruck und einer verbesserten linksventrikulären Funktion verbunden.“
Die typische finnische Sauna hat – wie auch bei uns üblich – relativ hohe Temperaturen von 80 bis 100 Grad Celcius und eine geringe Luftfeuchtigkeit von 10 bis 20%. In regelmäßigen Abständen wird die Feuchtigkeit in der Sauna durch Aufgüsse erhöht, indem Wasser auf den heißen Steinen zum Verdampfen gebracht wird.
Ähnliche Wirkungen wie moderat intensives sportliches Training?
Das Schwitzen induziert einen Flüssigkeitsverlust, der nach Angaben der Autoren bei einer üblichen Saunasitzung etwa einen halben Liter ausmacht. Außerdem steige die Herzfrequenz. So würden bei „moderaten“ Saunasitzungen Herzfrequenzen bis etwa 100 Schläge pro Minute erreicht, doch könnten diese auch bei sehr „intensiven“ heißen Sitzungen auf bis zu 150 Schläge pro Minute ansteigen, was einem niedrig bis moderat intensivem sportlichem Training entspreche. Ähnliche Auswirkungen wie bei einem solchen Training seien daher auch auf physiologische Parameter wie Blutdruck und Herzfunktion möglich, meinen sie.
Der steigende Puls und die vermehrte Durchblutung der Haut tragen zu einem erhöhten Cardiac Output, also einem höheren Herzminutenvolumen, bei. Dagegen nehme die Durchblutung der inneren Organe aufgrund der höheren Körpertemperatur ab. Wiederholtes Saunieren könne die Endothelfunktion verbessern und so präventiv wirken, argumentieren die Autoren. Es gebe auch Befunde, dass sich die Belastungsfähigkeit durch die regelmäßigen Saunagänge bessere, ebenso wie die Ejektionsfraktion – und dass sich die Schwitzkuren auf die autonome Nervenfunktion günstig auswirkten und die Häufigkeit von Arrhythmien reduzierten.
Sauna ist auch nach überstandenem Infarkt oder bei stabiler Angina kein Problem
Die Autoren räumen zwar auch ein, dass es gegenteilige Studienergebnisse gebe, denen zufolge Saunieren sich gesundheitlich sogar negativ auswirken könne. Doch: „Die Unterschiede in den Ergebnissen, die in finnischen Studien und denjenigen aus anderen Ländern gefunden worden sind, sind möglicherweise – zumindest zum Teil – auf die unterschiedlichen Konditionen und Temperaturen in finnischen Saunen und in Schwitzbädern in anderen Ländern zurückzuführen“, argumentieren sie. „Das trockene Saunabaden scheint sicher zu sein, und sogar Menschen, die einen Infarkt hinter sich haben, oder solche mit stabiler Angina pectoris oder mit Herzinsuffizienz können das Saunabaden genießen, ohne negative kardiovaskuläre Auswirkungen befürchten zu müssen.“
Nur Menschen mit einer Neigung zur orthostatischen Hypotonie sollten vorsichtig sein, da es direkt nach dem Saunabesuch zu Blutdrucksenkungen kommen könne.
Nur 1 bis 2% der plötzlichen Herztode passierten innerhalb von 24 Stunden nach einem Saunabesuch, berichten die finnischen Autoren und warnen: „Alkoholkonsum im Zusammenhang mit dem Saunabad hat sich dabei als ein entscheidender Risikofaktor erwiesen.“
„Eindeutig“, so kommentiert Redberg die Untersuchung, „ist die Zeit, die man in einer Sauna verbringt, gut investierte Zeit“. Und dies gelte selbst dann, wenn es vielleicht doch nicht die Hitze und das Schwitzen seien, die die positiven Effekte vermittelten, sondern einfach die Zeit der Entspannung, die Erholung vom Alltagsstress, die man dem Körper bei den Saunabesuchen gönne, oder das Gemeinschaftserlebnis und die sozialen Kontakte beim gemeinsamen Schwitzen.
Natürlich bleiben damit aber auch noch Fragen offen: Etwa, ob sich auch Dampfbäder oder „Biosaunen“ mit niedrigerer Temperatur so günstig auswirken und ob Frauen vom Schwitzbad gleichermaßen profitieren … Es gibt also noch viel Raum für weitere Forschungsarbeiten (nicht nur in Finnland).
Kleine Anmerkung am Schluss: Die Autoren geben für die Studie keine „Conflicts of Interest“ an. Sie verraten auch nicht ihre eigenen Saunagewohnheiten. Unterstützung erhielt die Studie von der finnischen Medical Foundation und der Foundation for Cardiovascular Research, aber auch von der finnischen Cultural Foundation, einer privaten Stiftung, die kulturelle und intellektuelle Unternehmungen in Finnland fördern will – und in diesem Fall wohl die Verbreitung der finnischen (Sauna)-Kultur.
REFERENZEN:
1. Laukkanen T, et al: JAMA Internal Medicine (online) 23. Februar 2015
2. Redberg RF: JAMA Internal Medicine (online) 16. Februar 2015
Diesen Artikel so zitieren: Je öfter und je länger, umso besser – mit der Zahl der Saunabesuche nimmt das kardiale Todesrisiko ab - Medscape - 24. Feb 2015.
Kommentar