Gestationsdiabetes: Kaffee und Tee schützen zwar nicht, erhöhen aber auch nicht das Risiko

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

9. Februar 2015

Dr. Helmut Kleinwechter

Kaffee senkt das Risiko für Typ-2-Diabetes, aber nicht für einen Gestationsdiabetes, so das Ergebnis einer großen Kohortenstudie aus Dänemark [1]. „2005 zeigte ein systematischer Review ganz eindeutig, dass Kaffee dosisabhängig vor der Entstehung von Typ-2-Diabetes schützt“, erklärte Dr. Helmut Kleinwechter vom Diabetologikum Kiel [2]. „Da Gestationsdiabetes pathophysiologisch als Vorstufe zum Typ-2-Diabetes angesehen wird, lag der Schluss nahe, dass sich dieser protektive Effekt übertragen lässt, was aber nicht der Fall zu sein scheint.“

Für die Studie sind bei der mehr als 70.000 Frauen umfassenden Danish National Birth Cohort der Verlauf von Schwangerschaften mit einem Kind analysiert worden. Die Frauen machten Angaben zu Kaffee- und Teekonsum im ersten Trimester der Schwangerschaft. „Mit mehr als 80 Prozent konsumierte die Mehrzahl der Schwangeren in diesem Zeitraum Kaffee oder Tee“, berichten die Autoren um Dr. Stefanie Hinkle vom Epidemiology Branch der National Institutes of Health in Bethesda. Ein Vergleich zwischen den Konsumentinnen von Kaffee und Tee und denjenigen Frauen, die weder Kaffee noch Tee tranken, habe keinen signifikanten Unterschied im Auftreten von Gestationsdiabetes (1,3% verglichen mit 1,5%) ergeben.

Kaffee und Tee schaden zumindest nicht in der Schwangerschaft

 
2005 zeigte ein systematischer Review ganz eindeutig, dass Kaffee dosisabhängig vor der Entstehung von Typ-2-Diabetes schützt. Dr. Helmut Kleinwechter
 

Unter den Kaffeetrinkerinnen hatten diejenigen das höchste Risiko für Gestationsdiabetes, die mehr als 8 Tassen am Tag tranken (1,8%), wobei der Unterschied zwischen den konsumierten Mengen aber nicht signifikant war. Bei den Teetrinkern gab es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsdiabetes und den getrunkenen Mengen (1,2%).

Nachdem die Autoren allerdings Einflussgrößen wie Alter, sozioökonomischen Status, Parität, Body-Mass-Index vor der Schwangerschaft, Rauchen und Colakonsum herausgerechnet hatten, gab es zumindest Hinweise darauf, dass Kaffee und Tee protektiv wirken können (Vergleich von mehr als 8 Tassen mit 0 Tassen). Aber: Das Ergebnis ist nicht signifikant.

 
Die Essenz dieser Untersuchung ist, dass mäßiger Kaffee- und Teekonsum das Risiko für Gestationsdiabetes nicht erhöht. Dr. Helmut Kleinwechter
 

„Die Essenz dieser Untersuchung ist, dass mäßiger Kaffee- und Teekonsum das Risiko für Gestationsdiabetes nicht erhöht“, betonte Kleinwechter gegenüber Medscape Deutschland. „Die Hoffnung der Autoren, für den Gestationsdiabetes einen vergleichbar protektiven Effekt zu finden wie für den Typ-2-Diabetes, hat sich nicht erfüllt.“

Kleinwechter hat eine Erklärung dafür, dass Kaffeekonsum zwar vor Typ-2-Diabetes schützt, dies jedoch im Hinblick auf den Gestationsdiabetes nicht replizierbar scheint: Möglicherweise sei die Expositionszeit bis zur Feststellung des Gestationsdiabetes zu kurz im Vergleich zu den vielen Jahren beim Typ-2-Diabetes, spekuliert er und ergänzt: „Nicht in Betracht gezogen wurde die Gewichtszunahme von vor der Schwangerschaft durch das erste Trimester bis zur Diagnose des Gestationsdiabetes, nach heutiger Erkanntnis ein entscheidender Risikofaktor für Gestationsdiabetes.“

In einem Editorial betont auch Prof. Dr. Hyagriv Simhan, der an der University of Pittsburgh die Abteilung für Maternal-Fetale Medizin leitet, dass es entscheidend sei, den Zusammenhang zwischen Kaffee- und Teekonsum und der Gewichtszunahme in der Schwangerschaft noch genauer unter die Lupe zu nehmen [2].

 
Die Hoffnung, für den Gestationsdiabetes einen vergleichbar protektiven Effekt (von Kaffee) zu finden wie für den Typ-2-Diabetes, hat sich nicht erfüllt. Dr. Helmut Kleinwechter
 

Hat der Raucherstatus Einfluss?

„Auch die Möglichkeit, dass die Beziehung zwischen Kaffee- und Teekonsum und Gestationsdiabetes vom Raucherstatus der Schwangeren abhänge, bedarf der weiteren Erforschung“, schreibt Simhan. Hinkle und ihre Kollegen berichten, dass Nichtraucherinnen zwar insgesamt ein signifikant niedrigeres Risiko für Gestationsdiabetes gehabt hätten als Raucherinnen (1,2% verglichen mit 1,4%), dass die Prävalenz sich jedoch abhängig vom Kaffee- und Teekonsum leicht unterschieden habe. Nichtraucherinnen erkrankten am häufigsten an Gestationsdiabetes, wenn sie mehr als 8 Tassen Kaffee am Tag tranken (2,5%); ihr relatives Risiko verglichen mit Frauen, die gar keinen Kaffee tranken, lag bei 1,45. Unter den Raucherinnen sank das Gestationsdiabetesrisiko mit steigendem Kaffeekonsum konsequent ab, allerdings erreichte der Unterschied nie statistische Signifikanz.

Im Hinblick auf den Teekonsum war das Risiko für Gestationsdiabetes zwar bei denjenigen Nichtraucherinnen am höchsten, die überhaupt keinen Tee tranken (1,4%), doch der Unterschied war nicht statistisch signifikant. „Bei Raucherinnen gab es kein konsequentes Muster, was auf einen Zusammenhang zwischen der konsumierten Teemenge und dem Risiko für Gestationsdiabetes hindeutet“, schreiben die Autoren.

 

REFERENZEN:

1. Hinkle S, et al: BJOG 2015 Feb;122(3):420-428

2. Simhan HN, et al: BJOG 2015 Feb;122(3):428

 

Kommentar

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