Ebola-Impfstoffe starten in Phase 2/3: Kommen sie noch rechtzeitig?

Gerda Kneifel

Interessenkonflikte

16. Januar 2015

 

Dieser Artikel wurde am 30. Januar 2015 aktualisiert.

 

Ende Januar ist es soweit: In Westafrika starten umfangreiche Phase-2/3-Impfstudien gegen Ebola. Nahezu zeitgleich beginnt in Europa eine Phase-1-Studie für einen Prime-Boost-Impfstoff, bei dem 2 Wirkstoffe nacheinander verabreicht werden [1].

Prof. Dr. Stephan Becker

„Dieser Ansatz ist neu für Ebola-Impfungen, aber sowohl der Prime-Wirkstoff als auch der Booster sind gerne benutzte Rekombinanten von großer Sicherheit“, kommentiert Prof. Dr. Stephan Becker, Institut für Virologie an der Universität Marburg gegenüber Medscape Deutschland. „Allerdings sind viele Experten skeptisch, weil bei diesem Ansatz jede Person zweimal geimpft werden muss. Das könnte in Afrika tatsächlich eine große Herausforderung sein.“

Schimpansen-Adenovirus und Stomatitisvirus gehen in Phase 2/3

Der erste Impfstoff, der nun in Phase-2/3 erprobt werden soll, ist eine Entwicklung von GlaxoSmithKline (GSK), bei der das Unternehmen von den US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH)unterstützt wurde. Es handelt sich um ein nicht-infektiöses Gensegment des Ebolavirus Zaire, das mit Hilfe eines abgeschwächten Schimpansen-Erkältungsvirus, dem Chimpanzee Adenovirus Typ 3, in die Zellen transportiert wird (cAd3-ZEBOV).

Freiwillige, gesunde Probanden in den USA, Großbritannien, Mali und Gambia wurden bereits geimpft. Sie entwickelten wie gehofft Antikörper gegen das Glykoprotein des Ebolavirus Zaire und zeigten keine Nebenwirkungen.

 
Dieser Ansatz ist neu für Ebola-Impfungen, aber sowohl der Prime-Wirkstoff als auch der Booster sind gerne benutzte Rekombinanten von großer Sicherheit. Prof. Dr. Stephan Becker
 

Der zweite Impfstoff wurde von der Public Health Agency of Canada (PHAC) mit finanzieller Unterstützung der US Defense Threat Reduction Agency (DTRA) entwickelt. Später wurden Lizenzen an NewLink Genetics und Merck vergeben. Der Träger des Virussegmentes ist in diesem Fall ein Erreger, der bei Nutztieren die Maul- und Klauenseuche auslöst: das Vesikuläre Stomatitisvirus (rVSV-ZEBOV). Das Vakzin wurde in den USA, Hamburg, der Schweiz und Gabun an rund 350 freiwilligen Erwachsenen getestet.

Kurzzeitiger Studien-Stopp wegen Nebenwirkungen

Über Weihnachten kam es in dieser Phase-1-Studie jedoch zu einer etwa 3-wöchigen Verzögerung. „Es gab einen Stopp, weil bei Probanden in Genf klinisch nachweisbare Arthralgien aufgetreten sind“, berichtet Becker. Er ist in Marburg für Diagnostik und Analytik der Immunogenitäts-Testung des Impfstoffes mit verantwortlich. „Doch das Data and Safety Monitoring Board hat entschieden weiterzumachen, weil die Nebenwirkungen sowohl erwartet als auch vertretbar waren. Jetzt allerdings wird es noch einmal rund zwei Wochen dauern, bis der letzte Proband geimpft ist.“

Dr. Peter Kremsner

In Gabun dagegen wurden bereits 40 Probanden mit unterschiedlichen Dosierungen des rVSV-ZEBOV geimpft. „Der Impfstoff hat sich dort bisher als sehr sicher und verträglich erwiesen, es traten keine Nebenwirkungen wie in der Schweiz auf“, berichtet auch Dr. Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin, Reisemedizin, Humanparasitologie am Universitätsklinikum Tübingen, der in Gabun die Impfstudien koordiniert.

Nachdem auch dort aufgrund der Nebenwirkungen in Genf die Studie für 2 Wochen gestoppt worden war, werden seit vergangener Woche wieder Probanden aufgenommen. 60 bis 120 sollen es insgesamt werden, darunter auch Kinder. Wie viele es letztendlich werden, hängt von den Fördermitteln ab, die hauptsächlich vom Wellcome Trust aus Großbritannien und der Bill and Melinda Gates Foundation kommen.

Eine weitere Studie zu dem Impfstoff ist Ende Januar im New England Journal of Medicine erschienen. Bei 60 Probenden in Oxford, Großbritannien, erwies sich der Impfstoff als sicher. Eine Antikörperreaktion auf den Impfstoff zeigten bei der höchsten Dosis 68% der Geimpften.

Beide Impfstoffe sicher und immunogen

Auch wenn die letzten Auswertungen noch laufen, schon jetzt ist klar: Die Vakzine haben sich bisher als sicher und immunogen erwiesen. So verkündete denn auch Dr. Marie-Paule Kieny, stellvertretende Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 9. Januar in Genf die gute Nachricht, dass beide Vakzine ab Februar in Guinea, Sierra Leone und Liberia in Phase-2/3-Studien getestet werden können. In Guinea etwa sollen mit einigem zeitlichen Abstand jeweils 4.500 Menschen geimpft werden. Nach 2 bis 4 Wochen sollen dann Daten zum Grad der Immunisierung bereitstehen. Nach deren Auswertung werden die Impfungen weiter ausgeweitet, so der Plan.

 
Es gab einen Stopp, weil bei Probanden in Genf klinisch nachweisbare Arthralgien aufgetreten sind. Prof. Dr. Stephan Becker
 

Trotz aller Fortschritte bleiben jedoch noch viele Fragen offen – nicht nur bezüglich der optimalen Dosierung. So müssen die Impfstoffe beispielsweise noch bei -80 Grad Celsius nach Afrika transportiert werden. Geeignete Kühlschränke müssen also neben allen anderen Utensilien dorthin geschafft werden. Eine besondere logistische Herausforderung dürfte aber sein, die Probanden nach der Impfung über Wochen lückenlos zu beobachten. Zudem handelt es sich bei den Impfstoffen um monovalente Vakzine, die nur gegen den Zaire-Stamm des Ebolavirus wirken. Da sich die unterschiedlichen Stämme, die derzeit in Westafrika grassieren, jedoch sehr ähnlich sind, besteht zwar die Hoffnung, dass die Impfungen auch gegen die anderen Stämme wirken. Sicher ist das allerdings nicht.

Kommentar

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