Adjuvante Chemotherapie beim frühen HER2-positiven Mammakarzinom: Trastuzumab plus Paclitaxel halten Rezidivrisiko gering

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

9. Januar 2015

Zwei Kontroversen gibt es, was das Management des frühen HER2-positiven Mammakarzinoms ohne Lymphknotenbefall angeht: Benötigen diese Frauen eine adjuvante systemische Therapie? Und wenn ja, was ist das beste Therapieregime für sie?

Antwort auf diese beiden Fragen hat eine nicht kontrollierte prospektive einarmige multizentrische Studie gesucht, die aktuell im New England Journal of Medicine publiziert worden ist [1]. Das Resultat: Eine adjuvante Therapie mit Trastuzumab und Paclitaxel kann in dieser Patientengruppe das Risiko für ein frühes Rezidiv auf etwa 2% halten. Die Ergebnisse der Studie unterstützen die Empfehlungen der St.-Gallen-Konsensus-Konferenz zum frühen Mammakarzinom 2013, bei der sich die Mehrheit der Experten für eine adjuvante Therapie mit Trastuzumab und einem Taxan bei dieser Patientengruppe ausgesprochen hat.

Der humane epidermale Wachstumsfaktorrezeptor Typ 2 (HER2) ist bei etwa 15 bis 20% der Frauen mit invasivem Mammakarzinom nachzuweisen. Er ist bekanntlich mit einer aggressiveren Erkrankung assoziiert.

Aus 4 großen Phase-3-Studien mit mehr als 8.000 Frauen mit einem HER2-positiven Mammakarzinom im Stadium II oder III ist bekannt, dass die adjuvante Therapie mit dem HER-2-Antikörper Trastuzumab in Kombination mit oder nach Chemotherapie das Rezidivrisiko um rund 50% senkt und das Gesamtüberleben verbessert. Doch hatten an diesen Studien in der Regel keine Frauen mit einem HER2-positiven Mammakarzinom im Stadium I teilgenommen, so dass für diese nicht klar war, ob sie ebenfalls von einer solchen adjuvanten Therapie profitieren.

Trastuzumab-Therapie für ein Jahr

Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Eric P. Winer vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston, USA, hat nun in ihrer einarmigen prospektiven Studie 406 Frauen mit Tumoren bis zu einer Größe von 3 cm und ohne Lymphknotenbefall adjuvant mit Paclitaxel und Trastuzumab behandelt. Das Studienprotokoll erlaubte im Verlauf der Untersuchung auch den Einschluss von Frauen mit einer Lymphknoten-Mikrometastase bei axillärer Lymphknotendissektion. Voraussetzung für die Teilnahme war außerdem eine linksventrikuläre Auswurffraktion von mindestens 50%.

Die Frauen erhielten Paclitaxel plus Trastuzumab wöchentlich über 12 Wochen, dann wurden sie bis Woche 52 mit Trastuzumab allein weiterbehandelt. Eine Trastuzumab-Therapie über 12 Monate wird auch von der St.-Gallen-Konsensus-Konferenz 2013 uneingeschränkt empfohlen. Häufig werden adjuvant Doxorubicin und Cyclophosphamid als Chemotherapie eingesetzt. In dieser Studie wurde aus Verträglichkeitsgründen das Taxan Paclitaxel verwendet.

Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die Zahl der invasiven Ereignisse (Rezidiv oder neue invasive Erkrankung) und der Todesfälle jeder Ursache. Die Beurteilung erfolgte mit einem Poisson-Test. Eine 3-Jahres-Ereignisrate von 9,2% galt als nicht akzeptabel. Eine 3-Jahres-Rate von 5% invasiver Erkrankungen wurde als Erfolg gewertet.

Niedrige Rezidivrate bei guter Verträglichkeit

356 von 406 Frauen (87, %) durchliefen die gesamte Therapiedauer von einem Jahr. 24 Patientinnen brachen die Studie wegen im Protokoll definierter spezifischer toxischer Effekte ab, 6 wegen anderen toxischen Wirkungen. Im Median wurden die Frauen 4 Jahre nachbeobachtet. Bei 10 Patientinnen kam es zum Rezidiv, 2 starben an nicht durch das Mammakarzinom bedingten Ursachen (Ovarialkarzinom, Schlaganfall). Nach dem Poisson-Test war dieses Ergebnis mit einem p < 0,001 hochsignifikant. Die Kaplan-Meier-Kurve für das Überleben ohne invasive Erkrankung ergab eine 3-Jahres-Rate von 98,7% (95%-KI: 97,6–99,8) und lag damit deutlich über der als Therapieerfolg definierten Rate von 95%.

Gerade bei den Frauen mit frühem Mammakarzinom gilt bei der Nutzen/Risiko-Abwägung der Verträglichkeit einer Chemotherapie natürlich besonderes Augenmerk. Während der ersten 12 Wochen hatten unter der Kombinationstherapie 14 Patientinnen (3,2%) mindestens 1 Episode einer Grad-3-Neuropathie, einer Taxan-typischen Nebenwirkung. 2 Frauen hatten eine systolische linksventrikuläre Funktionsstörung vom Grad 3, die sich aber nach dem Ende der Trastuzumab-Behandlung wieder besserte. Bei 13 Frauen (3,2%) war eine Unterbrechung der Trastuzumab-Behandlung wegen eines deutlichen Abfalls der linksventrikulären Auswurffraktion ohne klinische Symptomatik erforderlich, die sich in 2 Fällen nicht wieder normalisierte und einen Therapieabbruch erforderte.

Damit zeigte sich  in dieser prospektiven Untersuchung, dass bei Frauen mit frühem HER2-positiven Mammakarzinom das Risiko eines Rezidivs bei adjuvanter Therapie mit Paclitaxel und Trastuzumab gering ist (2% in 3 Jahren) und nur wenig schwere Nebenwirkungen auftreten.

Rezidivrate in bisherigen Studien zwischen 5 und 30 Prozent

Die Ergebnisse müssen nach Auskunft der Autoren im Kontext mit Daten aus früheren Studien gesehen werden. Deren Aussagekraft war jedoch durch kleine Patientenzahlen und/oder das retrospektive Design begrenzt. Die Rezidivraten in diesen Studien schwankten zwischen 5 und 30%, wobei sogar bei bis zu 20% der Patientinnen mit Tumoren bis zur Größe von maximal 1 cm Fernmetastasen auftraten.

Einheitlich ergaben diese Untersuchungen, dass Hormonrezeptor-negative Frauen stärker gefährdet waren als Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom. Winer und Kollegen weisen darauf hin, dass der Anteil Hormonrezeptor-positiver Frauen in ihrer Studie mit 67% im Vergleich zu anderen Trastuzumab-Studien mit 51 bis 54% relativ hoch war, was sich möglicherweise auf die Rate später Rezidive auswirken könnte. Daher würden alle Frauen über 10 Jahre nachbeobachtet.

Die Autoren räumen auch ein, dass natürlich eine randomisierte prospektive Studie die beste Option zur Untersuchung dieser Fragestellung gewesen wäre. Allerdings halten sie ein solches Design aufgrund der bisherigen konsistenten Daten aus retrospektiven Studien für nicht mehr sinnvoll: Man könne keine Studie an Frauen mit HER2-positivem Mammakarzinom durchführen, in der eine Gruppe kein Trastuzumab erhalte.

Eine Trastuzumab-Monotherapie im Vergleichsarm sei ebenfalls nicht sinnvoll, weil nur wenige Daten zur Effektivität dieses Therapieansatzes vorlägen. „Stattdessen bevorzugen wir ein Regime von Trastuzumab mit einer Chemotherapie, die mit weniger toxischen Nebenwirkungen assoziiert ist als die etablierten Regime für Patientinnen mit höherem Rezidivrisiko“, begründen sie ihr gewähltes Therapieregime. Damit befinden sie sich im Einklang mit den Empfehlungen der St.-Gallen-Konferenz 2013, bei der die große Mehrheit der Experten den Einsatz von Trastuzumab zusammen mit einem Taxan befürwortete.

Allerdings: Auch wenn die Studienergebnisse besser ausgefallen seien, als dies nach vorangegangenen Studien zu erwarten war, rechtfertigen laut Winer und Kollegen die Daten trotzdem nicht den routinemäßigen Einsatz der adjuvanten Therapie mit Trastuzumab bei allen Frauen mit kleinem HER2-positiven Mammakarzinom. Über das Vorgehen müssten die Patientinnen zusammen mit ihrem Arzt entscheiden und den Nutzen der Behandlung gegen die Risiken der Trastuzumab-Therapie abwägen.

 

REFERENZEN:

1. Tolaney SM, et al: NEJM 2015;372:134-l141

 

Kommentar

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