Wer zu viele Fett-Kalorien zu sich nimmt und dadurch mehr Kilos auf die Waage bringt, sollte zumindest auf die Art des überschüssigen Nahrungsfetts achten. Denn: Gesättigte Fettsäuren (SFA) steigern das kardiovaskuläre Risiko, aber mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) mindern das Risiko – selbst bei Gewichtszunahme. Diese Erkenntnis stammt aus einer kleinen randomisierten „Überfütterungsstudie“, die mit gesunden jüngeren Frauen (Durchschnittsalter: 27 Jahre) in Schweden stattfand [1].
„Unsere Studie liefert neue Erkenntnisse. Sie zeigt: Die atherogenen Lipoproteine verbessern sich, wenn die zugeführten überschüssigen Kalorien einen hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren erhalten“, so die Studienautoren unter Leitung von Dr. Ulf Risérus von der schwedischen Uppsala Universität. „Dies impliziert, dass die Art des Nahrungsfetts nicht nur bei isokalorischer Kost, sondern auch bei Überschussenergie und leichter Gewichtszunahme wichtig ist.“
Durch die mehrfach ungesättigten Fettsäuren besserte sich vor allem das Verhältnis von Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin. Dies sei von besonderer Bedeutung, „weil kürzlich veröffentlichte große Studien gezeigt haben, dass dieses Verhältnis das Risiko für Herzerkrankungen sogar besser prognostizieren kann als das LDL-Cholesterin alleine“, so Risérus.
„Überfütterungsstudie“: Täglich drei bis vier Muffins für die Forschung
In der schwedischen LIPOGAIN-Studie verzehrte eine Probandengruppe täglich 3 bis 4 Muffins (je 240 kcal; 51% Fettkalorien), die mit Sonnenblumenöl (PUFA-Gruppe) zubereitet wurden; die zweite Gruppe erhielt Muffins, die mit Palmöl (SFA-Gruppe) gebacken worden waren. „Wir haben vermutet, dass die im Sonnenblumenöl enthaltenen PUFA manchen schädlichen kardiometabolischen Effekten der Gewichtszunahme entgegenwirken können“, schreiben die Autoren.

Jessica Dinter
Beide Gruppen (Durchschnittsgewicht: 65,5 kg) hatten am Ende der Studie nach 7 Wochen gleich viel zugenommen (+2,2 %), jedoch unterschieden sich die Lipidprofile. So hatte die PUFA-Gruppe nach den 7 Wochen niedrigere LDL-Cholesterin-Werte: 2,0 mmol/l (Ausgangswert: 2,1) vs 2,4 mmol/l (Ausgangswert: 2,3); Differenz: 9%. Außerdem war das Verhältnis von Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin niedriger als in der SFA-Gruppe (2,83 vs 3,25; Differenz: 18%). „Wir halten dies für einen bemerkenswerten Unterschied“, schreiben die Studienautoren.
Sind die LDL-Effekte reversibel?
Die Unterschiede in den LDL-Cholesterin-Werten seien „in der Praxis nicht gravierend“, kommentiert dagegen Jessica Dinter vom Referat Wissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn im Gespräch mit Medscape Deutschland. Aber: „Da sie randomisiert, doppelblind und kontrolliert ist, hat die Studie im Grunde höchste Beweiskraft und liefert interessante Einblicke.“ Doch sei die Studiendauer relativ kurz und die Probandenzahl niedrig gewesen. Eine solche Einzelstudie sei für Leitlinien und andere Empfehlungen daher auch nur „im Rahmen der Gesamtschau der Evidenz“ zu berücksichtigen, sagt Dinter.
„Für das Adipositasrisiko spielt die Art der Nahrungsfette keine Rolle, egal, ob die Energiemenge adjustiert wurde oder nicht“, fügt Dinter an, die an der neuen DGE-Leitlinie zur Fettzufuhr mitgewirkt hat [2]. „Überfütterungsstudien sind meist ethisch schwer vertretbar und werden daher selten durchgeführt“, fügt sie an.
Die schwedischen Forscher erwarten, dass die Effekte einer SFA-reichen Ernährung gänzlich reversibel sind. Sie planen hierzu eine neue Studie, in der die Teilnehmer einen Monat lang nach der Gewichtszunahme beobachtet werden.
„Studien mit diesen Fetten bei gewichtsstabilen Probanden haben gezeigt, dass die schädlichen Effekte auf das LDL-Cholesterin schon kurze Zeit nach dem Verzehrstopp der SFA-reichen Kost nicht mehr nachweisbar sind“, so Studienleiter Risérus: „Auch im jungen Erwachsenenalter sollte man hochkalorische Lebensmittel und Gewichtszunahme vermeiden, aber genauso wichtig ist der Verzehr ausreichender Mengen an mehrfach ungesättigten Fetten aus nicht-hydrierten Pflanzenölen“, betont er.
Neue DGE-Empfehlung: SFA durch PUFA ersetzen
Auch andere Studien haben gezeigt, dass sich der Austausch von SFA durch PUFA auf das Risiko einer koronaren Herzkrankheit (KHK) auswirke, erinnert Dinter von der DGE. Daher sei in dem überarbeiteten – und seit 8. Oktober zur Diskussion veröffentlichten – Leitlinienentwurf der DGE erstmals eine Empfehlung zum Austausch von gesättigten durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren: also durch Omega-3-Fettsäuren (z.B. in Lachs, Makrele, Hering, Forelle, Walnuss, Raps und deren Öle) und Omega-6-Fettsäuren (z.B. in Sonnenblumensamen, Weizenkeimen, Sesam, Walnüssen, Sojabohnen, Mais und deren Öle sowie in manchen Margarinen). „Die mediterrane Ernährung beispielsweise ist gesund, obwohl sie fettreich ist, da sie reich an PUFA ist“, erklärt sie.
Obwohl viele Menschen, auch solche mit kardiovaskulären Risikofaktoren, um diese Zusammenhänge wissen, „werden die Empfehlungen nicht umgesetzt“, bedauert die Expertin. Das spiegle sich im Ernährungsbericht 2012 der DGE wider: Dieser ergab, dass die Fettzufuhr insgesamt oberhalb des Richtwerts von 30% der Energiezufuhr liegt (ca. 35 Energie-%) und die SFA (empfohlen: 7 bis 10%; Ist-Wert: 15%) bei der Energieaufnahme immer noch deutlich überwiegen im Vergleich zu den PUFA (empfohlen: 7 bis 10%; Ist-Wert: 4 bis 5%).
REFERENZEN:
1. Iggman D, et al: J Am Heart Assoc (online) 15. Oktober 2014
2. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zur Fettzufuhr (online) 8. Oktober 2014
Diesen Artikel so zitieren: Kardiovaskuläres Risiko: Wenn schon Muffins, dann die mit dem richtigen Fett - Medscape - 7. Nov 2014.
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