sind bislang nicht ausreichend gesichert.“
Berlin – „In der Tierwelt ist das völlig normal“, sagt Dr. Ulrich Rosien, Leiter der Endoskopie im Israelitischen Krankenhaus in Hamburg, „beim Menschen erscheint es aber vielen befremdlich bis abstoßend.“ Die Rede ist von der Übertragung von Stuhl zu therapeutischen Zwecken. Bei einer wiederkehrenden Infektion mit dem Bakterium Clostridium difficile ist der Mikrobiomtransfer, so der korrekte Name, seit kurzem neuer Standard. Für weitere Erkrankungen wird daran geforscht. Das Thema ist eines der Highlights auf dem Kongress Viszeralmedizin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) in der kommenden Woche in Leipzig [1].
Studie zum Mikrobiomtransfer – Abbruch wegen Erfolges
Infektionen mit Clostridium difficile nehmen in Deutschland zu und verursachen immer öfter schwere Krankheitsverläufe. Zwischen 2000 und 2011 ist die Zahl der deswegen stationär behandelten Patienten von 1.300 auf 28.000 gestiegen. Riskant sind vor allem Durchfälle, die bei älteren Patienten sogar zum Tode führen können.
Zwar ist Clostridium difficile durch Antibiotika behandelbar. Doch bei einem Teil der Patienten kehrt die Infektion immer wieder zurück. „Diese Betroffenen können durch die Übertragung von fremdem Stuhl nun dauerhaft geheilt werden“, erläuterte Rosien.
Den Durchbruch brachte 2013 eine Studie von Dr. Els van Nood und Kollegen, die im New England Journal of Medicine publiziert worden ist [2]. Erstmals wurde hier der Mikrobiomtransfer in einer kontrollierten Studie geprüft und mit dem Standard der Antibiotika-Behandlung verglichen.
Das Ergebnis: Die Studie musste abgebrochen werden, weil der Mikrobiomtransfer so überlegen war, dass die Forscher eine weitere konventionelle Therapie in der Kontrollgruppe für ethisch nicht länger vertretbar hielten. „Dabei wurden nicht nur die Durchfälle geheilt“, berichtete Rosien, „auch Bauchschmerzen und Müdigkeitssymptome wurden deutlich positiv beeinflusst.“
Optimalerweise stammt der Stuhl von einem nahen Verwandten oder Ehepartner, der im selben Haushalt wie der Patient lebt. Der Spender muss gut untersucht werden, damit er nicht mit dem Stuhl andere Krankheiten überträgt. Die Spende wird aufbereitet und dann in den Darm des Empfängers eingebracht, entweder im Rahmen einer Darmspiegelung oder mittels Sonde. Wichtig ist, dass die klinische Anwendung wissenschaftlich begleitet wird, betont Rosien: „Die langfristige Wirkung und mögliche Nebenwirkungen sind bislang nicht ausreichend gesichert.“
Neues Register „MikroTrans“
Um dem abzuhelfen haben Gastroenterologen und Infektiologen der Universitäten Jena und Köln gemeinsam das Register „MikroTrans“ konzipiert, das in Kürze seine Arbeit aufnehmen soll. Es sammelt Daten über alle in Deutschland durchgeführten Mikrobiomtransfers. Irgendwann wird es vielleicht auch möglich sein, die komplette Stuhl-Spende zu ersetzen durch eine Mischung aus genau den Bakterien, die der Patient braucht. „Das ist aber noch Zukunftsmusik“, sagt Rosien, „es gibt in dem Feld noch sehr viel zu forschen.“
Das gilt auch für mögliche andere Anwendungsgebiete des Mikrobiomtransfers wie etwa chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Hier hatte eine Zusammenfassung von Fallbeobachtungen eine gute Wirksamkeit erwarten lassen [3]. In einer randomisierten Studie ließ sich die Wirkung aber nicht bestätigen [4]. „Auf anderen Feldern können wir daher noch nicht von gesicherten Erkenntnissen sprechen“, resümierte Rosien.
Bei den Patienten kommt die neue Methode bereits gut an – beinahe zu gut. „Wir haben täglich Anrufe von Bürgern, die alle möglichen Krankheiten mit einem Stuhltransfer behandeln möchten“, berichtet Prof. Dr. Peter Galle, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am Universitätsklinikum Mainz und Kongresspräsident für die DGVS. „Daher muss man immer wieder betonen, dass die Methode erst ganz am Anfang steht.“ Gesichert ist sie bisher ausschließlich für die Behandlung von Clostridium difficile.
Screening auf Hepatitis C in Risikopopulationen
Ein weiteres Thema auf dem Kongress wird eine verbesserte Diagnose von Hepatitis C sein. An dieser Leberinfektion sterben in Europa deutlich mehr Menschen als an AIDS, betonte Prof. Dr. Thomas Berg, Leiter der Sektion Hepatologie an der Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie am Universitätsklinikum Leipzig: „Dennoch wird von den Behörden und auch von der WHO zu wenig gegen Hepatitis C unternommen“, bemängelte er.
In Deutschland gibt es rund 500.000 Infizierte, die diagnostiziert sind. Doch: „Wahrscheinlich ist bei mehr als der Hälfte aller Patienten die Infektion bisher nicht diagnostiziert“, meinte Berg.
Für diejenigen, die nichts von ihrer Erkrankung wissen, ist das fatal, denn die Krankheit ist seit kurzem gut heilbar. Die neuen Wirkstoffe Sofosbuvir, Simeprevir und Daclatasvir ermöglichen Heilungsraten von über 90%, bei geringen Nebenwirkungen. Berg forderte daher, Risikogruppen verstärkt zu untersuchen, um die Diagnoserate zu steigern. Wie genau ein solches Screening aussehen könnte, müsse noch erarbeitet werden.
schon viel gewonnen, wenn der normale Gesundheits-Checkup den Leberwert GPT (Glutamat-Pyruvat-Transaminase) erfassen würde.“
„Es wäre aber schon viel gewonnen, wenn der normale Gesundheits-Checkup den Leberwert GPT (Glutamat-Pyruvat-Transaminase) erfassen würde“, sagte Prof. Dr. Claus-Dieter Heidecke, Kongresspräsident für die DGAV und Direktor der Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie der Universitätsmedizin Greifswald. Die Untersuchung koste nur 14 Cent. „Aber damit könnten wir die Patienten erkennen, die wir dann genauer auf Hepatitis C untersuchen müssen.“
Dies sei auch wichtig, da es keine Impfung gegen Hepatitis C gebe. Die Viren werden durch direkten Blut-Blut-Kontakt übertragen, etwa beim Geschlechtsverkehr, Piercing, Tätowieren, Drogenkonsum oder durch unzureichende Hygiene im medizinischen Bereich. Unbehandelt führt eine Infektion bei jedem dritten Patienten zur Leberzirrhose, auch das Risiko für Leberkrebs ist deutlich erhöht. Hepatitis C ist einer der Hauptgründe für die Notwendigkeit einer Lebertransplantation. „Wenn wir mehr Patienten behandeln könnten“, sagte Berg, „wäre es möglich, die Zahl der infizierten Personen in zehn Jahren um 90 Prozent zu senken.“