Salziger als Meerwasser: Zuviel Kochsalz im Käse als Gesundheitsgefahr

Ute Eppinger | 15. August 2014

Autoren und Interessenkonflikte

Bauernschinken, Lachsschinken oder Kassler enthalten jede Menge Salz. Dass auch salzreduzierter Käse noch reichlich Salz enthält – Blauschimmelkäse oder Halloumi gar salziger als Meerwasser sind – bestätigt jetzt eine im British Medical Journal erschienene Studie [1].

Dr. Kawther Hashem, Ernährungswissenschaftlerin bei der Consensus Action on Salt and Health (CASH) am Wolfson Institute of Preventive Medicine der University of London und Kollegen haben den Salzgehalt verschiedener Käsesorten (n = 612) untersucht, die in britischen Supermärkten verkauft werden. Die Forscher ermittelten den Salzgehalt aus den Produktangaben und den Nährstoffinformationen zu Käse bei den 7 größten britischen Supermarktketten.

Im Mittel wiesen die untersuchten Proben – inklusive salzreduzierter Sorten – einen Salzgehalt von 1,7 ± 0,58 g/100 g auf. „1,7 Gramm Salz auf 100 Gramm Käse – das ist schon recht viel“, erklärt Prof. Dr. Joachim Hoyer, Direktor der Klinik für Innere Medizin, Nephrologie und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Marburg/Gießen. 1,7 g entsprechen fast einem Drittel der in Deutschland empfohlenen Tagesdosis von 6 g. „Das ist ja noch keine Hauptmahlzeit. Isst man dazu Schwarzbrot, das auch viel Salz enthält, dann addiert sich das“, erklärt Hoyer im Gespräch mit Medscape Deutschland.

Große Bandbreite im Salzgehalt

„Die großen
Marken sollten
ihren Salzgehalt reduzieren und dem der Eigenmarken der Supermarktketten angleichen oder sie verlieren den Anschluss.“
Dr. Kawther Hashem

Sowohl zwischen den unterschiedlichen Sorten als auch zwischen einzelnen Produkten einer Sorte variierte der Salzgehalt beträchtlich. Halloumi (2,71 ± 0,34 g/100 g) und importierter Blauschimmelkäse (2,71 ± 0,83 g/100 g) wiesen den höchsten Salzgehalt auf, während Hüttenkäse am wenigsten Salz enthielt (0,55 ± 0,14 g/100g). 394 Käseprodukte waren bereits salzreduziert und davon entsprachen 84,5% den Zielvorgaben des britischen Gesundheitsministeriums.

Die meisten untersuchten Käse waren  Cheddar und cheddar-ähnliche Käsesorten (n = 250). Im Schnitt war der Salzgehalt in Markenkäse höher als in den Supermarkt-Eigenmarken. (1,78 ± 0,13 vs 1,72 ± 0,14 g/100 g, p < 0,002). Nur 10% der Supermarkt-Hausmarken lagen über den Salzvorgaben für Cheddar und cheddarähnlichen Käse, aber 27% der Markenprodukte (p = 0,001). „Die großen Marken sollten ihren Salzgehalt reduzieren und dem der Eigenmarken der Supermarktketten angleichen oder sie verlieren den Anschluss“, betont Studienautorin Hashem.

In Deutschland eher noch mehr Salz im Käse …

In Großbritannien sind schon einige Lebensmittel – darunter ein Großteil der untersuchten Käsesorten – salzreduziert. Zu hoch sind die Werte dennoch. „Ich denke, dass der Salzgehalt in Käse, der in Deutschland erhältlich ist, eher noch höher liegt“, so Hoyer. Denn in Deutschland gibt es – im Gegensatz zu Großbritannien – noch keine Selbstverpflichtung der Lebensmittelhersteller zur Salzreduktion.

„Die Situation in Deutschland ist sicherlich ähnlich“, bestätigt auch Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). „Viel Kochsalz steckt in verarbeiteten Lebensmitteln wie Fertiggerichten und -soßen, pikanten Snacks, Käse, Wurst und Brot“, zählt die Ernährungswissenschaftlerin im Gespräch mit Medscape Deutschland auf. Laut Verbraucherzentrale liegt allein der Salzgehalt von Gouda (40% F.i.T.) bei 2,8 g, der von Feta bei 2,4 g und der von Gorgonzola bei 3,6 g pro 100 g [2].

Durch größere Portionen insgesamt mehr Salz

Der durchschnittliche Salzkonsum in Deutschland beträgt zwischen 9 und 10 g – wobei Frauen tendenziell weniger Salz essen. Ob der Salzkonsum in den letzten Jahren zugenommen hat, lasse sich so einfach nicht beantworten, meint Hoyer. „McDonalds beispielsweise hat zwar seinen Salzgehalt nicht erhöht, aber die Portionen sind immer größer geworden, also nehmen die Leute darüber auch mehr Salz auf“, erklärt er.

„Auf nur fünf Gramm Salz täglich zu kommen, das ist nicht leicht“, räumt Hoyer ein. „Das bedeutet, auf das Nachsalzen und auf salzreiche Lebensmittel wie Konserven, Fertiggerichte, Salzgebäck, gepökelte und geräucherte Fleisch- und Fischerzeugnisse zu verzichten. Stattdessen sollte man beim Zubereiten großzügig Kräuter und salzfreie Gewürze verwenden und bei Mineralwassern Sorten mit weniger als 20 Milligramm Natrium wählen“, rät Ernährungswissenschaftlerin Gahl.

6 g Salz pro Tag gelten für Jugendliche und Erwachsene als Richtwert, die Obergrenze ist bei 10 g erreicht. Für Hypertoniker gilt dieser Spielraum nicht: „RAS-Hemmer wirken längst nicht so gut, wenn der Salzkonsum zu hoch ist“, erklärt Hoyer. Und der ist bei seinen Patienten in der Regel deutlich zu hoch. Hoyer berichtet von täglichen Mengen zwischen 9 und 41 g, nachgewiesen im Urin.

Gelangt zu viel Salz ins Blut, wird vermehrt Wasser in das Blutvolumen eingebunden. Auf das höhere Volumen im Kreislauf reagieren die Blutgefäße mit Gegendruck: Der Blutdruck steigt. Aus Sicht des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) belegen methodisch gute tierexperimentelle, epidemiologische und klinische Studien in ausreichender Zahl, dass eine hohe Kochsalzaufnahme als Risikofaktor für die Entstehung von Bluthochdruck, Schlaganfall und koronaren Herzerkrankungen angesehen werden kann [3].

„Auf nur fünf
Gramm Salz täglich
zu kommen, das ist nicht leicht.“
Prof. Dr. Joachim Hoyer

Die beste Lösung: Selbst kochen

Hoyer setzt auf Überzeugung und langsame Umerziehung. „Ich mache meinen Patienten Vorschläge, wie sie Salz reduzieren können. Das wirkt viel besser als Verbote“, so Hoyer. Der erste Tipp laute, sich mediterran zu ernähren, mit reichlich Salat und einem Glas Wasser als Vorspeise. „Oft erfahre ich dann durch Nachfragen, dass gerne vorgefertigte Soßen und Suppen verwendet werden, die sind natürlich sehr salzhaltig. Auch bei Rührei mit Schinken ist salzen nicht notwendig, im Schinken ist ohnehin Salz genug.“

Doch nicht nur Fertigprodukte enthalten reichlich Salz: „Auch gekauftes Brot weist viel Salz auf, nicht nur wegen des Geschmacks, sondern Salz bewahrt die Feuchtigkeit im Teig und es bringt Gewicht.“ 3 bis 4 Scheiben Brot decken bereits die Hälfte der empfohlenen Tagesmenge.

Hoyer rät dazu, selbst zu kochen. Das Problem sei nur: Viele jungen Leute könnten oft gar nicht mehr richtig kochen. Hoyer berichtet von einer 25 Jahre alten Dialyse-Patientin, die vor kurzem einen Schlaganfall erlitten und sich davor praktisch ausschließlich von Fertigprodukten ernährt hatte: „Sie konnte bislang überhaupt nicht kochen.“

Manchem Patienten sei auch gar nicht klar, wieviel Salz er den Tag über so aufnehme: „Ein Patient aß als Snacks ein bis zwei Packungen mit kleinen Harzer Rollern am Tag. Eine Packung enthielt schon drei Gramm Salz.“.

Schaffe man es, den Salzkonsum unter 6 g täglich zu halten, senke das den Blutdruck im Mittel um 4 bis 5 mmHg. Das ist vergleichbar mit dem Effekt, den man durch eine Gewichtsreduktion bekommt. So lässt sich mit 10 kg weniger Körpergewicht der Blutdruck um 5 bis 20 mmHg senken. Auch mit dem Verzicht auf Zigaretten und Alkohol erreiche man vergleichbare Senkungen.

„Leider ist es nicht so, dass alle vier Maßnahmen dann den Blutdruck um 20 mmHg senken. Zwei Faktoren aber, etwa Salz- und Gewichtsreduktion, wirken additiv“, erklärt Hoyer. Die positive Auswirkung eines reduzierten Salzkonsums auf den Blutdruck sei vergleichbar mit der durch körperliche Aktivität. Täglich 30 min Bewegung bzw. moderater Ausdauersport können den Blutdruck zwischen 4 und 9 mmHg reduzieren.

Salzgehalt ab 2016 in Deutschland deklariert

„Es lohnt sich auf das Label zu schauen und einen Käse mit geringerem Salzgehalt zu wählen oder eben nur sehr kleine Mengen eines sehr salzhaltigen Produkts zu essen“, empfiehlt Studienautorin Hashem. Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass strengere Zielvorgaben zur Salzreduktion gemacht werden sollten. „Auch in Deutschland spricht grundsätzlich nichts dagegen, den Salzgehalt dieser Lebensmittel zu verringern, soweit dies möglich ist“, fügt Gahl hinzu.

Ab 2016 wird in Deutschland der Salzgehalt auf Lebensmitteln vermerkt sein. Bis dahin hilft nur, die Natriumangaben mit dem Faktor 2,5 zu multiplizieren – „dann kommen Sie auf die in dem Produkt enthaltene Salzmenge“, erklärt Gahl. Bei der einfachen und verbraucherfreundlichen Lebensmittelampel hätte schon ein Blick genügt: „Die Hochdruckliga wollte die Lebensmittelampel, auf der der Salzgehalt vermerkt gewesen wäre, aber die kam ja nicht“, erinnert Hoyer.

Referenzen

Referenzen

  1. Hashem KM, et al: BMJ 2014
    http://dx.doi.org/10.1136/bmjopen-2014-005051
  2. Verbraucherzentrale NRW: Salzquellen: Hier versteckt sich das meiste Salz
    http://www.vz-nrw.de/salzquellen--hier-versteckt-sich-das-meiste-salz
  3. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Stellungnahme „BfR empfiehlt Maßnahmen zur Verringerung des Salzgehaltes in Lebensmitteln“, 30. Juli 2008
    http://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr_empfiehlt_massnahmen_zur_verringerung_des_salzgehaltes_in_lebensmitteln.pdf

Autoren und Interessenkonflikte

Ute Eppinger
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Hashem K, Hoyer J, Gahl A: Es liegt keine Erklärung zu Interessenkonflikten vor.

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