Herausforderung Assistenzarztzeit: 8 Erfolgsfaktoren für den Einstieg in die Klinik

Prof. Dr. Walter Paulus | 12. August 2014

Autoren und Interessenkonflikte

 

Prof. Dr. Walter Paulus
 

Die exponentielle Zunahme an klinischen Daten stellt ständig wachsende Anforderungen an die ärztliche Tätigkeit. Gleichzeitig nehmen die administrativen Notwendigkeiten, so in erster Linie Verschlüsselungen von DRG Leistungen oder Aufklärungen der Patienten weiter zu.

Nach amerikanischen Daten führt dies bei etwa 10% der Assistenzärzte zu ersten Problemen; es wurden im Wesentlichen benannt: 51% inadäquate Interaktionen, 38% klinische Beurteilung, 35% Patientenmanagement, 28% schlechtes Verhalten, 28% Unzuverlässigkeit, 36% Verspätung und Abwesenheit.  Ursachen hierfür waren persönliche Lebensstressoren, Persönlichkeitsstörungen, schlechte Vorbereitung und andere.

In USA gibt es hierfür spezifische Programme, klinikintern spielen verstärkte Supervision und Mentoring eine wesentliche Rolle, um hier Verbesserungen zu erreichen. Viele Details in fast jedem Berufsleben zur Minderung der Lebensqualität beitragen. Im Folgenden soll eine kurze Auflistung Strategien zur Minimierung von Problemen aufzeigen:  

1.) Neugier als Motor für Erfolg

Wirkliche Neugier ist der Motor für beruflichen Erfolg. Das Betrachten des ärztlichen Berufs als Job einerseits und als hochspannende intellektuelle Herausforderung bis zum Hobby andererseits, sind Antipoden. Die berühmte Life-Work Balance spielt zwar immer eine Rolle, aber vielleicht nicht kurzfristig. Investition in berufliche Kenntnisse zahlen sich eher mit Verzögerung aus. Es ist wie mit Sachgeschenken und Eventgeschenken. Das erstere führt zu einer sofortigen Dopaminausschüttung, das letztere eher zu anhaltenderen, positiven Gedächtnisinhalten.

2.) Verbessern statt rechtfertigen

Verknüpft mit dem ärztlichen Beruf  ist  immer ein Interesse an klinischen Fragestellungen oder an Patienten. Betrachten Sie Ihre Patienten als Teil Ihrer Untersuchungen im Gegensatz zu raschem, effizient aber oberflächlichem Durchwinken von Fällen. Zum klinischen Interesse gehört auch das genaue Hinhören auf die Beschwerden der Patienten. Auch bei verworrenen Schilderungen lässt sich häufig durch strukturiertes Fragen eine Prioritätenliste erstellen. „Was ist Ihr Hauptproblem? Was sind die weiteren Probleme?“ Dies gilt auch für Beschwerden. Selbst bei schwierigen, häufig depressiven Patienten steckt fast immer ein verbesserungsfähiges oder verbesserungsbedürftiges Problem dahinter. Vermeiden Sie unnötiges Rechtfertigen, warum etwas schief gelaufen ist, konzentrieren Sie sich eher auf zukünftige Verbesserungsstrategien.

3.) Authentizität für mehr Vertrauen

Der Umgang mit Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen gehört zu den schwierigen ärztlichen Aufgaben. Sachkundige, häufig notwendigerweise zeitlich fragmentierte Informationsübermittlung ohne Überforderung des Patienten ist die Regel.  Authentisch mitfühlendes Verhalten schafft eine Basis für die weitere Begleitung des Patienten.

4.) Die Macht der Empathie

Nutzen Sie Empathie; sie ist wesentlich für eine funktionierende Arzt-Patientenbeziehung. Empathie kann Krankheitsverläufe beeinflussen. Sie ist multidimensional mit kognitiven und emotionalen Anteilen. In der Literatur wird zwischen tief einwirkender (deep acting) und oberflächlicher (surface acting) Empathie unterschieden.

5.) Sorgfalt bei der Diagnose

Eine sorgfältige Untersuchung ist nicht nur Garant für die richtige Diagnose sondern schützt vor Fehldiagnosen. Gerade bei älteren Patienten ist Multimorbidität schon eher die Regel als die Ausnahme. Die Wahrscheinlichkeit einer Zweiterkrankung nimmt mit der Erstdiagnose nicht ab. Scheinbar erklärte Krankheitsursachen erhöhen das Risiko, weitere Erkrankungen zu übersehen.

6.) Arztbriefe von Beginn an richtig schreiben

Patientenvorstellung wie auch Arztbrief sollten mit klinischen Beschwerden und Befunden beginnen, nicht mit dem Ergebnis von technischen Untersuchungen. Ein Arztbrief könnte etwa so aussehen: „Die seit …. Jahren bestehenden … Beschwerden… mit  … . Ausfall von xx  .. sind auf …. zurückzuführen. Gestützt (oder bewiesen) wird dies durch die kernspintomographische nachgewiesene…“ – und dann folgen weitere Befunde.

7.) Mentoring hat noch längst nicht ausgedient

Mentoring hat eine lange Tradition, z.B. in der Neurologie, in der sich Generationen von Lehrern und Schülern als Stammbaum verfolgen lassen. Mit modernen internetbasierten Suchmaschinen ist jeder Assistenzarzt nach Belieben auf dem theoretischen Stand des wissenschaftlichen Fortschrittes. Mentoring hat damit heutzutage eher eine Rolle in der Vermittlung von „Skills“ übernommen, insbesondere in chirurgischen Fächern. Im Zeitalter der Technologisierung können Computer die emotionale Komponente des Lernens noch nicht übernehmen. So wie ein guter klinischer Lehrer Begeisterung für ein Fach im Studium generieren kann, so kann er es auch in der Facharztweiterbildung. Gleichwohl sind hier andere Zwänge wie Effizienz und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Wenn „die Chemie stimmt“, nutzen Sie dies, um bewusst die Freude an der Arbeit übertragen zu lassen.

8.) Kooperation für Entspannung und Patientensicherheit

So weit so gut. Gemäß einer aktuellen Erfassung im Deutschen Ärzteblatt erfolgt der Wissenszuwachs zu etwa 50% durch Oberärzte, zu 3% durch Chefärzte, zu etwa je 20% durch Fachärzte oder Kollegen in der Weiterbildung. Nutzen Sie das letztere. Kooperativität z.B. in Fragen der Dienstplangestaltung zahlt sich aus durch Kooperativität in der Wissensvermittlung. Stress (US Studien: Distress) in der Weiterbildung verschlechtert die Patientensicherheit. Eine häufige Ursache hierfür sind Unstimmigkeiten zwischen den Kollegen, in jedem Beruf. Es ist leicht, einen Konflikt zu beginnen, aber schwierig, ihn zu beenden.

Autoren und Interessenkonflikte

Mitarbeiterinformationen

Autor:

Prof. Dr. Walter Paulus
Direktor der Klinik für Klinische Neurophysiologie der Universitätsmedizin Göttingen

Paulus W: Es liegen keine Interessenskonflikte vor.

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