Bisher gelten Protonenpumpenhemmer (PPI) als Mittel der Wahl gegen gastroösophagealen Reflux. Je nach Grunderkrankung kommen auch chirurgische Therapien infrage. Eine neue minimal-invasive Methode – die Elektrostimulation des Ösophagussphinkters – soll das lästige Leiden nun auf anderem Wege lindern. Mit den weltweit ersten Multicenter-Studienergebnissen zu dem neuen Verfahren hat sich jetzt ein Team um Prof. Dr. Ernst Eypasch beschäftigt. Eypasch ist Chefarzt der chirurgischen Abteilung am Heilig Geist-Krankenhaus in Köln.
Kürzlich wurden die Studiendaten erstmalig in European Surgery abgedruckt [1]. „Die ersten Ergebnisse an 60 Patienten sechs Monate bis zwei Jahre nach dem Eingriff lassen sich mit denen herkömmlicher Anti-Reflux-Operationen vergleichen“, so Eypasch [2]. Sein Fazit: „Die elektrische Ösophagussphinkter-Stimulation ist eine sichere und effektive Reflux-Behandlung und kann möglicherweise den unerfüllten Bedürfnissen von Patienten entgegenkommen, die unzufrieden mit PPI sind.“
„Es handelt sich um eine rein experimentelle Therapie, deren Effizienz derzeit (noch) nicht annähernd beurteilt werden kann. Insofern muss man deutlich mehr Daten auch über längere Verläufe zusammentragen, bevor eine erste wirklich fundierte Einschätzung möglich ist“, stellt Prof. Dr. Herbert Koop, Chefarzt der Allgemeinen Innere Medizin und Gastroenterologie des Helios Klinikums Berlin-Buch, auf Nachfrage von Medscape Deutschland klar.
Geschwächter Ösophagussphinkter soll elektrisch gestärkt werden
Die neue Methode beruht darauf, dass durch die elektrische Stimulierung der untere Ösophagusspinkter gestärkt werden soll, der als Verschluss fungiert und so den Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre verhindert.
Während eines einstündigen laparoskopischen Eingriffs werden 2 Elektroden zur Elektrostimulation in den Ausgang der Speiseröhre eingebracht und via Kabel mit der Steuerungseinheit verbunden. Diese wird unter die Haut im linken Oberbauch eingepflanzt und von einer Batterie in Zündholzschachtel-Größe mit Energie versorgt. 6 bis 12 Stunden nach der Operation beginnt der Generator über die 2 Elektroden, den Ösophagussphinkter elektrisch zu stimulieren.
um eine rein experimentelle Therapie, deren Effizienz derzeit (noch) nicht annähernd beurteilt werden kann.“
Pro Tag werden 8 bis 12 Behandlungen à 30 Minuten durchgeführt, von denen die Operierten nichts merken. Die Stimulation werde entsprechend der Wirkung angepasst, meldet die Reflux Medical GmbH, ein Diagnose- und Therapiezentrum in Wien, Österreich [3]. So sollen Sodbrennen und saures Aufstoßen beseitigt werden. Außerdem sollen die Patienten dadurch auf PPI verzichten können.
„Es ist sicher noch verfrüht, den wahren Stellenwert der Methode bei der Behandlung von Reflux zu beurteilen, dazu fehlen uns schlichtweg die Zahlen“, erklärt Prof. Dr. Sebastian F. Schoppmann von der Universitätsklinik für Chirurgie der Medizinischen Universität Wien [2]. Schoppmann rät deshalb, das Verfahren derzeit nur innerhalb von akademischen klinischen Studien in speziellen Zentren anzuwenden.
Zurzeit bereite man den Einsatz der Methode in Österreich vor. Prof. Dr. Martin Riegler, Leiter der chirurgischen Funktionsdiagnostik der Universitätsklinik für Chirurgie am Allgemeinen Krankenhaus in Wien, Arzt am Reflux Medical Diagnose- und Therapiezentrum Wien und Herausgeber von European Surgery, dazu: „Ich hoffe, dass die wissenschaftliche Publikation dazu beitragen wird, die Einführung nicht nur in Deutschland und Österreich, sondern auch international zu unterstützen.“
verlieren im Verlauf an Wirkung, und die Patienten erleiden
ein Rezidiv.“
Auf Compliance bei Protonenpumpenhemmern achten
Die konservative Therapie mit einem Magensäure-Blocker wirkt zwar anfangs gut, lasse aber im Lauf eines Jahres in mehr als 50% der Fälle nach, so die Chirurgen. Die Folge: Die Beschwerden treten wieder auf. „Das ist so nicht ganz zutreffend, denn der Anteil der Patienten, bei denen man im Verlauf die PPI-Dosis nach oben anpassen muss, ist relativ gering“, stellt hingegen Koop richtig.
PPI sind auch bei langfristiger Einnahme sehr risikoarm. Sollte eine Dosisanpassung nicht ausreichen, hilft auch oft der Umstieg auf ein anderes Mittel. Wirke das Präparat nicht, wie es soll, lohne es sich auch, die Compliance zu testen und nachzufragen, wann und wie das Präparat genommen werde, so Koop. Verbreitet ist unter Patienten nämlich die Einnahme zur Nacht, statt, wie für eine gute Wirkung Voraussetzung, vor der Abendmahlzeit.
Chirurgische Eingriffe ermöglichen die mechanische Reparatur des Ösophagussphinkters. Dabei wird der Ausgang der Speiseröhre mit einem Teil des Magens oder einem Magnetband eingewickelt. Diese Operationen werden laparoskopisch .durchgeführt.
Damit ist das Problem Reflux aber keineswegs für immer aus der Welt geschafft, wie Koop zu bedenken gibt: „Auch die Operationen verlieren im Verlauf an Wirkung, und die Patienten erleiden ein Rezidiv, so dass mindestens im gleichen Maße die Patienten dann wieder PPI einnehmen müssen.“