Chicago – Bei Frauen in der Prämenopause mit hormonempfindlichem frühem Mammakarzinom und supprimierter Ovarialfunktion senkt eine adjuvante Therapie mit dem Aromatasehemmer Exemestan das Risiko eines Rezidivs signifikant besser als die Behandlung mit dem selektiven Estrogenrezeptormodulator (SERM) Tamoxifen.

Dies ergab eine kombinierte Analyse der beiden Phase-3-Studien TEXT (Tamoxifen and Exemestane Trial) und SOFT (Suppression of Ovarian Function Trial) mit insgesamt 5.738 Frauen. Die Daten sind in der Plenary Session Anfang Juni 2014 bei der Jahrestagung der amerikanischen Krebsgesellschaft ASCO in Chicago präsentiert worden [1,2]. Hauptautorin war Prof. Dr. Olivia Pagani, Leiterin der Abteilung Senologie am Onkologischen Institut der Südschweiz in Bellinzona. Die Ergebnisse wurden zeitgleich im New England Journal of Medicine publiziert [3].
Eine fünfjährige Behandlung mit Tamoxifen ist derzeit die adjuvante endokrine Standardtherapie für prämenopausale Frauen mit Hormonrezeptor-positivem frühem Mammakarzinom. In einigen Ländern wird bei Frauen mit erhöhtem Risiko empfohlen, zusätzlich die Ovarialfunktion zu unterdrücken.
Aromatasehemmer wie Exemestan sind bislang nur bei postmenopausalen Patientinnen eingesetzt worden, weil sie allein bei Frauen mit niedrigem Estrogenspiegel angewendet werden können.
SOFT und TEXT mit prämenopausalen Frauen
Im Jahr 2003 wurden die beiden Phase-3-Studien TEXT und SOFT von der International Breast Cancer Study Group (IBCSG), der Breast International Group (BIG) und der North American Breast Cancer Group (NABCG) initiiert, zum Teil mit Unterstützung des amerikanischen National Cancer Institutes, sowie der Unternehmen Pfizer und Ipsen.
In den Studien sollte untersucht werden, ob bei prämenopausalen Frauen mit unterdrückter Ovarialfunktion Exemestan das krankheitsfreie Überleben im Vergleich zu Tamoxifen bessert und welchen Effekt die Hemmung der Ovarialfunktion bei den mit Tamoxifen-behandelten Frauen hat.
war Tamoxifen
der Standard bei prämenopausalen Frauen mit hormonsensitivem Mammakarzinom.“
In der SOFT-Studie wurden 3.066 Frauen eingeschlossen. Die Ovarialfunktion wurde in 2 Gruppen mit Ovarektomie, dem GnRH-Analogon Triptorelin oder Radiomenolyse unterdrückt (OFS). Diese beiden Gruppen erhielten randomisiert Tamoxifen 20 mg/Tag (n=1.024) oder Exemestan 25 mg/Tag (n = 1.021) über 5 Jahre. Eine weitere Gruppe ohne OFS wurde mit Tamoxifen allein über 5 Jahre behandelt (n = 1.021).
In der TEXT-Studie wurde bei allen 2.672 Frauen die Ovarialfunktion mit Triptorelin supprimiert. Sie erhielten ebenfalls randomisiert Exemestan (n = 1.338) oder Tamoxifen (n = 1.334) über 5 Jahre.
Primärer Endpunkt der Studien war das krankheitsfreie Überleben (DFS). Als DFS-Ereignis galt ein invasives, lokales, regionales Rezidiv, eine Metastasierung, ein Befall der kontralateralen Brust oder der Tod. Aufgrund der geringen Zahl von Ereignissen wurde in einer Protokollergänzung im Jahr 2011 beschlossen, in der Frage der Wirksamkeit von Exemestan versus Tamoxifen beide Studien zusammen zu auszuwerten. Diese kombinierten Ergebnisse stellte Frau Pagani nun auf dem ASCO vor.
Exemestan besser in der Doppel-Auswertung
In der kombinierten Analyse waren die Frauen im Median 5,7 Jahre nachbeobachtet worden. In der Intention-to-Treat-Population mit 2.346 Exemestan-plus-OFS-Patientinnen und 2.344 Tamoxifen-plus-OFS-Patientinnen traten 514 (11%) DFS-Ereignisse auf, und zwar 216 in der Exemestan- und 298 in der Tamoxifen-Gruppe.
Nach 5 Jahren betrug das DFS in der Exemestan-Gruppe 91,1%, in der Tamoxifen-Gruppe 87,3 %, was einem absoluten Unterschied von 3,8 Prozentpunkten entspricht. Damit war dar relative Risiko für ein DFS-Ereignis in der Exemestan-Gruppe um relativ 28% geringer (Hazard Ratio (HR): 0,72; 95%-Konfidenzintervall (KI): 0,60-0,85; p = 0,0002). Dieser Effekt war konsistent in allen Subgruppen zu sehen.
Unter den sekundären Endpunkten wurde das relative Risiko für ein Rezidiv des Mammakarzinoms durch Exemestan um 34% (HR: 0,66; KI: 0,55-0,80, p < 0,0001) und für eine Metastasierung um 22% (HR: 0,78; KI: 0,62-0,97, p = 0,02) im Vergleich zu Tamoxifen gesenkt. Das Gesamtüberleben unterschied sich aufgrund der noch kurzen Nachbeobachtungszeit zwischen den beiden Gruppen nicht. Nach 5 Jahren lebten in der Exemestan-Gruppe noch 95,9% und in der Tamoxifen-Gruppe 96,9% der Frauen (HR: 1,14, KI: 0,86-1,51, p = 0,37).
Pagani wies insbesondere auf den Befund hin, dass die Frauen ohne Chemotherapie allein mit der endokrinen Behandlung eine exzellente Prognose hatten, mehr als 97% waren in der Exemestan-Gruppe nach 5 Jahren ohne Rezidiv.
als Tamoxifen ist.“
Es wurden keine bislang nicht bekannten unerwünschten Wirkungen beobachtet. Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder 4 wurden von 31% der Frauen unter Exemestan und von 29% unter Tamoxifen beobachtet. Die Abbruchrate war mit 16% in der Exemestan-Gruppe höher als mit 11% in der Tamoxifen-Gruppe.
Neue Alternative für prämenopausale Frauen
„Über viele Jahre war Tamoxifen der Standard bei prämenopausalen Frauen mit hormonsensitivem Mammakarzinom. Diese Ergebnisse bestätigen, dass Exemestan bei unterdrückter ovarieller Funktion eine wertvolle Alternative ist“, sagte Pagani in einer Pressekonferenz auf dem ASCO.
„Unsere Befunde weisen darauf hin, dass bei unterdrückter ovarieller Funktion Exemestan besser als Tamoxifen ist, aber eine weitere Nachbeobachtung dieser jungen Frauen ist wichtig, um den Effekt der Therapie auf das Überleben und auf Langzeitnebenwirkungen sowie die Fruchtbarkeit zu untersuchen.“
ASCO-Präsident Prof. Dr. Clifford A. Hudis vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York betonte ebenfalls, dass nach den Ergebnissen dieser Studien nun für prämenopausale Frauen bei Unterdrückung der Ovarialfunktion mit dem Aromatasehemmer Exemestan eine Option zur Verfügung stände, mit der das Rezidivrisiko weiter gesenkt werden könne.
Längere Nachbeobachtung erforderlich
In der Plenary Session beim ASCO diskutierte Prof. Dr. Nancy E. Davidson, Leiterin des University of Pittsburgh Cancer Institute und des UPMC Cancer Center in Pittsburgh, die von Pagani vorgestellten Ergebnisse. Die bislang offene Frage nach der Rolle der Aromatasehemmer für prämenopausale Frauen mit supprimierter Ovarialfunktion sei heute beantwortet worden.
Als Stärken der Studien sieht sie die Internationalität, die rigorosen Definitionen des prämenopausalen und des Hormonrezeptor-positiven Status, die ausbalancierten Gruppen sowie den pragmatischen Algorithmus im Follow up an.
Kritisch zu sehen sind nach Ansicht von Davidson die geänderte Auswertung und die kurze Nachbeobachtungszeit. 5,7 Jahre seien in der endokrinen adjuvanten Therapie sehr kurz, hier würde man eher in Dekaden denken. Ein weiterer Schwachpunkt ist nach Ansicht von Davidson die lange Rekrutierungsdauer von 2003 bis 2011. In diesem Zeitraum hätten sich viele neue Erkenntnisse in der Behandlung von Frauen mit Brustkrebs ergeben.