Schon bald beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien. Die deutsche Nationalmannschaft und ihre Fans werden sich zunächst hauptsächlich im Nordosten des Landes aufhalten. Das Mannschaftsquartier befindet sich in Campo Bahía in Santo André, die ersten Spiele finden in Salvador, Recife und Fortaleza statt. Wissenschaftler warnen in einer neuen Studie, dass gerade dort das Risiko von Dengue-Fieber-Epidemien am höchsten sein wird. [1]
Sie entwickelten ein mathematisches Modell, dass anhand von Echtzeit-Wetterdaten das Infektions-Risiko für 3 Monate im Voraus prognostizieren kann. Laut Vorhersage sind während der WM die Städte Recife, Fortaleza und Natal am stärksten betroffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dort zu einer Hochrisiko-Epidemie (mit mehr als 300 Infizierten pro 100.000 Personen) kommen wird, liegt für diese Städte bei 19, 46 und 48%. In der Hauptstadt Brasília sowie in den allesamt im Süden und im Zentrum Brasiliens gelegenen Spielstätten Cuiabá, Curitiba, Porto Alegre und Sao Paulo müssten sich Fans und Spieler die wenigsten Sorgen machen. Das Risiko einer Dengue-Infektion sei dort am niedrigsten.
Die Dengue-Saison fällt genau in die Fußball-WM
„Die Dengue-Saison hat sich in diesem Jahr in Richtung der Weltmeisterschaft verschoben“, sagt Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. Im letzten Jahr lag der Gipfel der Erkrankungswelle im April und Mai. Aufgrund des sehr heißen und trockenen brasilianischen Sommers gehen Experten davon aus, dass es dieses Jahr erst im Juni und Juli kritisch wird. Genau vom ersten Anstoß bis zum letzten Abpfiff ist also mit einem vermehrten Aufkommen der Stechmücken zu rechnen.
Das Dengue-Virus wird von der Tigermücke Aedes albopictus sowie der Gelbfiebermücke Aedes aegypti übertragen. Diese Insekten sind sehr anspruchslos, sie legen ihre Eier in jeder noch so kleinen Wasserlache oder weggeworfenen Coladose. „Dengue-Mücken sind ein Problem der Großstädte“, sagt Schmidt-Chanasit, „und das erschwert auch die Bekämpfung.“ Schließlich kann man nicht eine ganze Stadt mit Insektiziden besprühen. Besonders wichtig sei es deshalb, die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass Brutherde beseitigt werden müssen, denn „das Beste ist und bleibt eine frühzeitige Larvenbekämpfung.“
sind ein Problem der Großstädte – und das erschwert auch die Bekämpfung.“
Vorbeugen ist der beste Schutz
Trotzdem will Schmidt-Chanasit keine Panik verbreiten. „Das Risiko einer Dengue-Infektion besteht immer, es wird durch die Weltmeisterschaft lediglich verstärkt.“ Der beste Schutz besteht darin, sich nicht länger als notwendig in den Hochrisikogebieten aufzuhalten. Vor Ort sollte man Haut und Kleidung mit DEET-haltigen Mückensprays einsprühen und diesen Schutz auch aller sechs Stunden erneuern, denn die Mücken stechen rund um die Uhr.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland eingeschleppte 879 Dengue-Infektionen registriert. Die Dunkelziffer dürfte jedoch etwa zehnfach höher sein, denn meistens verläuft Dengue-Fieber asymptomatisch oder nur mit schwachen Symptomen. Die Erkrankten fühlen sich lediglich abgeschlagen oder matt, aber nicht krank genug, um einen Arzt aufzusuchen.
auch genau der Grund, warum sich die Krankheit im Gegensatz zu Malaria in den letzten Jahren so rasant auf der Welt ausbreiten konnte.“
„Die hohe Zahl der undiagnostizierten Dengue-Fälle ist auch genau der Grund, warum sich die Krankheit im Gegensatz zu Malaria in den letzten Jahren so rasant auf der Welt ausbreiten konnte und weiter ausbreitet“, erklärt Schmidt-Chanasit.
Die Weltgesundheitsorganisation geht weltweit von 50 bis 100 Millionen Krankheitsfällen pro Jahr aus. Britische Epidemiologen kamen im vergangenen Jahr in einer Studie sogar auf 390 Millionen Dengue-Infektionen pro Jahr. [2]
In seltenen Fällen nimmt Dengue-Fieber einen schweren Verlauf und kann sogar tödlich enden. Dann kommt es auf die richtige Diagnose und eine schnelle Behandlung an. „Spezialisierte Zentren erkennen Dengue-Fieber auf jeden Fall, bei niedergelassenen Ärzten ist die Situation ganz unterschiedlich“, berichtet Schmidt-Chanasit.
Das Bernhard-Nocht-Institut bietet Weiterbildungen zu Tropenmedizin an, die Medizinern dabei helfen sollen, tropische Krankheiten zu erkennen und zu behandeln. Der erste Fall einer Dengue-Erkrankung, die auf eine Infektion in Europa – nämlich Kroatien – zurückgeht, wurde übrigens nicht an einem Spezialzentrum festgestellt, sondern von einer Hausärztin in Thüringen diagnostiziert.