Wiesbaden – „Noch in den 70er-Jahren hielt man die eosinophile Ösophagitis für eine reine Kinderkrankheit. Erst in den 90er-Jahren hat man sie als eigenständige Erkrankung und relevantes Problem registriert, was auch damit zu tun hat, dass die Fälle deutlich zugenommen haben.“ Das machte Prof. Dr. Stefan Hollerbach während der Sitzung „Erkrankungen der Speiseröhre“ auf dem Internistenkongress deutlich [1].
70er-Jahren hielt
man die eosinophile Ösophagitis für
eine reine Kinder-
krankheit.“
Die Inzidenz der eosinophilen Ösophagitis (EoE) lag im Jahr 2010 bei rund 10 von 100.000 Einwohnern, sie nimmt seit Jahren stetig zu. „Der jährliche Anstieg liegt bei 39% bei den jungen Männern. Das ist eine Menge, die hat aber auch damit zu tun, dass die Aufmerksamkeit bezüglich der eosinophilen Ösophagitis deutlich gestiegen ist“, erklärte der Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie am Allgemeinen Krankenhaus Celle.
Die eosinophile Ösophagitis ist immunvermittelt, verläuft chronisch und führt schlussendlich zu einer Ösophagus-Dysfunktion. Typischerweise fehlen andere eosinophile Syndrome oder eine eosinophile Gastroenteritis.
Vor allem Nahrungsmittelallergene und eine Reihe Umweltantigene verursachen eine spezifische Immunantwort, die zu einer schmerzhaften Entzündung des Ösophagus führt. Diese geht einher mit einer dichten Infiltration der Schleimhaut mit eosinophilen Granulozyten und führt auf Dauer zu strukturellen Veränderungen der Speiseröhre. Bei Kindern stehen Gedeihstörungen, Erbrechen, Sodbrennen, Nahrungsverweigerung und Bauchschmerzen als Symptome im Vordergrund, bei Erwachsenen Schluckstörungen (Dysphagie) und die Impaktion von Speisen. „Beim Gänseessen vor Weihnachten entdecken wir die meisten eosinophilen Ösophagitiden“, berichtete Hollerbach.
vor Weihnachten entdecken wir die meisten eosinophilen Ösophagitiden.“
Endoskopisch imponieren fixierte Ringe, Längsfurchen mit Ödembildung der Wand und weiße Exsudate. Wird die Krankheit über Jahre nicht erkannt, kommt es zu spontanen Einrissen der Schleimhaut, später entstehen durch das Remodelling Strikturen und chronisch-fibrotische Veränderungen. Histologisch ist die EoE über 15 Eosinophile pro Hauptgesichtsfeld (HPF High Powered Field) definiert.
Das allein reiche aber nicht, warnte Hollerbach: „Die Histologie ist typisch, aber nicht beweisend: Beim chronischen Reflux können sich der distalen Speiseröhre genauso viele Eosinophile zeigen, die Histologie unterstützt also nur.“ Zur Abgrenzung muss biopsiert werden – 5 Biopsien aus der gesamten Speiseröhre seien dazu ausreichend, so Hollerbach.
Therapie der EoE: Meiden auslösender Nahrungsmittel und bei Bedarf topische Steroide
Die beiden wichtigsten Säulen der Therapie sind die Vermeidung der Allergene und bei Bedarf eine entzündungshemmende Therapie mit den topischen Steroiden Fluticason und Budenosid. „Eine systemische Therapie ist schweren oder therapierefraktären Fällen vorbehalten, systemisch kann mit einem Kortisonstoß behandelt werden, in Einzelfällen sind auch mit Montelukast gute Ergebnisse erzielt worden“, berichtete Hollerbach. Montelukast ist ein Leukotrienrezeptor-Antagonist zur Behandlung von Asthma und allergischer Rhinitis.
Auslösende Nahrungsmittel sind vor allem Weizen, Milch, Erdnüsse, Soja, Meeresfrüchte und Eier. Der Verzicht auf diese „Sechs“ (six-food eleminiaton diet) ist bei EoE sehr wirksam, wie im Rahmen einer Studie nachgewiesen werden konnte [2]: „eine Remission in 70 Prozent der Fälle und eine Symptombesserung in praktisch allen Fällen“, so Hollerbach. Sind dennoch Steroide notwendig, ist sowohl eine Kurzzeittherapie als auch eine Langzeittherapie mit Budenosid sehr effektiv, die Responseraten liegen bei 72% [3, 4].
Die Gabe von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) ist therapeutisch unwirksam. Und auch andere medikamentöse Alternativen gibt es nicht: „Um es klar zu sagen: All diese teuren Antikörper und systemischen Therapien haben nichts gebracht“, betonte Hollerbach. Lägen Stenosen vor, ließen sich diese behutsam mittels Dilatation weiten.
Reflux: Keine feste Dosis bei Säurehemmung
Anders sieht es bei der Refluxerkrankung aus: „Protonenpumpeninhibitoren sind heute für alle Schweregrade der gastroösophagealen Refluxerkrankung das primäre Therapeutikum“, erklärte Prof. Dr. Herbert Koop, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie am Helios-Privatklinikum Berlin-Buch. Eine feste Dosis gebe es allerdings nicht, denn: „Die Variabilität der Säurehemmung variiert von Patient zu Patient ausgesprochen stark, bei rasch metabolisierenden Patienten muss das deshalb durch eine Dosisanpassung der PPI kompensiert werden.“