Vielversprechende PCSK9-Inhibitoren: Drastische Cholesterinsenkung mit ein bis zwei Spritzen monatlich

Michael O’Riordan | 3. April 2014

Autoren und Interessenkonflikte


Prof. Dr. Erik Stroes

Wenn Patienten Statine nicht vertragen

Prof. Dr. Erik Stroes vom Academic Medical Center in Amsterdam der die GAUSS-2-Ergebnisse bei einer der Late-Breaking-Sessions vorstellte, sagte, dass Ärzte regelmäßig mit Patienten konfrontiert seien, die die cholesterinsenkende Therapie mit Statinen nicht vertragen würden. 10–20% der Patienten weisen demnach eine Statinunverträglichkeit auf.

Er betonte jedoch, dass die PCSK9-Inhibitoren, sollten sie zugelassen werden, die Statine nicht ersetzen könnten. Die Senkung des LDL-Cholesterins mit Statinen sei und bleibe der Eckpfeiler in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

„Ich sage das ganz ausdrücklich: In unserer Klinik war die Mehrzahl der Patienten in der Kategorie, in der wir 4 oder mehr Statine einsetzen“, so Stroes. „Also, Statin, Statin, Statin, Statin und dann haben wir die Patienten randomisiert. PCSK9-Inhibitoren stehen also absolut nicht im Wettbewerb zu Statinen, denn wir müssen immer mit einer Statintherapie beginnen.“

„Wir wollen wirklich sicher gehen, dass möglichst viele Patienten von Statinen profitieren können.“
Dr. Jennifer Robinson

Stroes fügte noch hinzu, das eine große Datenmenge für niedrige LDL-Cholesterinspiegel spreche – trotz der neuen US-Leitlinien, die zunehmend auf feste Cholesterinzielwerte verzichten. In seiner Klinik versuche man, niedrige Cholesterinwerte zu erreichen, insbesondere bei Hochrisikopatienten. In GAUSS-2 erreichten 80–90% der Patienten mit moderatem Risiko und 75% der Hochrisikopatienten einen LDL-Zielwert unter 100 mg/dl. Von den mit Ezetimib behandelten erreichten nur 10% dieses Ziel.

Während der ACC-Pressekonferenz sagte LAPLACE-2-Studienleiterin Robinson, die auch an den neuen US-Cholesterinleitlinien und den US-Leitlinien zur Beurteilung des kardiovaskulären Risikos beteiligt war, dass Ärzte das Statin sofort absetzen sollten, wenn ein Patient Symptome einer Unverträglichkeit entwickele. Allerdings sollten sie es dann erneut versuchen, eventuell mit einer geringeren Dosis. „Wir wollen wirklich sicher gehen, dass möglichst viele Patienten von Statinen profitieren können“, sagte sie.

„Wir haben in den vergangenen Jahren schmerzhaft erfahren müssen, dass sich die Veränderung eines Biomarkers durch eine Therapie nicht immer in klinischen Nutzen übersetzt.“
Dr. Peter Libby

Ein Blick nach Vorne

Eine der großen Fragen für die Zukunft ist, ob die PCSK9-Inhibitoren noch vor Beendigung der Endpunkt-Studien zugelassen werden. Jüngst gab die FDA bekannt, dass sie bei der Begutachtung der PCSK9-Inhibitoren alleine auf die LDL-Cholesterinsenkung achten werde.

Ezetimib, als umstrittener Cholesterinsenker, spielt in den neuen US-Cholesterinleitlinien kaum noch eine Rolle. Er wird nur für Patienten empfohlen, die Statine nicht vertragen, oder bei denen mit Statinen nicht die gewünschte Senkung des LDL-Cholesterins um mindestens 50% erreicht wird. Ezetimib ist seit 2002 in Deutschland verfügbar. Doch bis heute gibt es keine Daten, die zeigen, dass das Mittel harte klinische Endpunkte wie Mortalität, Herzinfarkt und Schlaganfall beeinflusst.

„Wir haben in den vergangenen Jahren schmerzhaft erfahren müssen, dass sich die Veränderung eines Biomarkers durch eine Therapie nicht immer in klinischen Nutzen übersetzt“, sagte Libby bei der Late-Breaking-Session am Sonntag. „Doch ich glaube, dass Sie einen sehr leidenschaftlichen Appell von Dr. Stroes gehört haben, dass diese Medikamente für Patienten zugänglich gemacht werden sollten, für die es keine andere Therapieoption mehr gibt. Wenn ich die Zulassungsbehörden beraten würde, würde ich die Hersteller zu groß angelegten Studien mit harten Endpunkten verpflichten und dann die Anwendung in bestimmten Indikationen in Betracht ziehen.“

Stroes stimmte dem insoweit zu, dass beim weiteren Vorgehen Vorsicht geboten sei. Doch er merkte an, dass die PCSK9-Inhibitoren das LDL-Cholesterin stärker senkten als Ezetimib und zudem über einen anderen Mechanismus wirkten. Selbst wenn die großen Endpunkt-Studien zu Ezetimib, unter anderem die häufig verzögerte IMPROVE-IT-Studie, negativ ausfallen sollten, dürfe man dies dann nicht einfach auf PCSK9-Inhibitoren extrapolieren [6].

Weitere PCSK9-Inhibitoren in der Pipeline

Dr. Eli Roth von der Sterling Research Group in Cincinnati präsentierte 6-Monats-Daten zu Alirocumab bei Patienten mit hohem LDL-Cholesterin und moderatem kardiovaskulärem Risiko. Die Patienten erhielten randomisiert entweder Alirocumab (75 mg alle 2 Wochen) oder Ezetimib 10 mg täglich. Insgesamt senkte die Behandlung mit Alirocumab das LDL-Cholesterin um 53,2% (Woche 12) und 54,1% (Woche 24). Unter Ezetimib war das LDL-Cholesterin nach 12 Wochen um 20,4% und nach 24 Wochen um 17,2% gesunken.

Eine andere Studie zeigte, dass Alirocumab den LDL-Cholesterinspiegel bei Patienten mit heterozygoter erblicher Hypercholesterinämie, die zusätzlich mit Statinen und Ezetimib behandelt werden, sogar um bis zu 60% senken kann.

Das Pharmaunternehmen Pfizer verkündete erst kürzlich positive Resultate einer Phase-IIb-Dosisfindungsstudie. Bei Patienten, die mit Statinen und Bococizumab behandelte wurden, sank das Cholesterin signifikant – im Vergleich zu statinbehandelten Patienten, die randomisiert das Placebo erhalten hatten.

Das Phase-III-Programm zu Bococizumab startete im Oktober 2013 und wird unter anderem 2 groß angelegte Morbiditäts- und Mortalitätsstudien umfassen. Mehr als 22.000 Patienten werden an den Studien SPIRE-1 und SPIRE-2 teilnehmen [7,8].


Referenzen

Referenzen

  1. 63. Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC.14), 29. bis 31. März 2014, Washington, D.C.
    http://accscientificsession.cardiosource.org/ACC.aspx
  2. FOURRIER-Studie
    http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01764633
  3. Blom DJ, et al: NEJM (online), 29. März 2014 (DESCARTES-Studie)
    http://dx.doi.org/10.1056/NEJMoa1316222
  4. Robinson JG, et al: Clin Cardiol. (online), 30. Januar 2014 (LAPLACE-2-Studie)
    http://dx.doi.org/10.1002/clc.22252
  5. Stroes E, et al. J Am Coll Cardiol (online) 30. März 2014 (GAUSS-2-Studie)
    http://dx.doi.org/10.1016/j.jacc.2014.03.019
  6. IMPROVE-IT-Studie
    http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00202878?term=IMPROVE-IT&rank=1
  7. SPIRE-1-Studie
    http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01975376?term=SPIRE-1&rank=1
  8. SPIRE-2-Studie
    http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01975389?term=SPIRE-2&rank=1

Autoren und Interessenkonflikte

Michael O'Riordan
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Übersetzt von Nadine Eckert aus http://www.medscape.com/viewarticle/822814

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