Washington, D.C. – Eine neue Klasse von Medikamenten, die das LDL-Cholesterin drastisch senken, sorgte für Trubel und überfüllte Sitzungssäle bei den American College of Cardiology (ACC) 2014 Scientific Sessions in Washington, D.C. [1].
Gleich mehrere Sitzungen waren der Hemmung der Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) gewidmet. Neue Studienergebnisse gibt es inzwischen unter anderem zu den PCSK9-Inhibitoren Evolocumab (Amgen), Alirocumab (Regeneron Pharmaceuticals) und Bococizumab (Pfizer).
Als „bemerkenswert“ bezeichnete Dr. Peter Libby vom Brigham and Women's Hospital in Boston die Entstehungsgeschichte der PCSK9-Inhibitoren bei einer Late-Breaking-Sitzung am Sonntag. Denn auf diese neue Klasse von Cholesterinsenkern ist man bei der Erforschung monoklonaler Antikörper zur Behandlung der autosomal-dominant vererbten Hypercholesterinämie – einer seltenen Erbkrankheit – gestoßen. Diese Forschungsarbeiten führten zu einem neuen Target für die Cholesterinsenkung, das zuvor niemand im Auge gehabt hatte. Die gegen PCSK9 gerichteten Medikamente seien dann mit „Warpgeschwindigkeit“ entwickelt worden.
Nachweis für Wirksamkeit und Sicherheit steht noch aus
Lippy betonte jedoch, dass trotz der aktuell großen Aufregung um die PCSK9-Inhibitoren der letztendliche Beweis für den Nutzen der neuen Medikamente in groß angelegten Endpunktstudien zu Sicherheit- und Wirksamkeit erst noch erbracht werden müsse.

„Es gibt Menschen, die eine Loss-of-Function-Mutation im PCSK9-Gen haben. Das stimmt uns zuversichtlich, dass die PCSK9-Inhibitoren sicher sein werden. Dennoch handelt es sich beim Einsatz monoklonaler Antikörper zur Cholesterinsenkung um eine neue Strategie, weshalb wir wirklich solche Endpunkt-Studien brauchen, um die langfristige Sicherheit zu zeigen“, betonte Libby.
Gegenüber heartwire sagte Dr. Prediman Shah, Cedars Sinai Medical Center, Los Angeles, der die ACC-Pressekonferenz moderierte, auf der die Resultate präsentiert wurden, dass die Kurzzeitergebnisse zu den PCSK9-Inhibitoren zwar sehr gut seien, „doch der Teufel lieg im Detail“. Daher sind auch laut Shah Langzeitstudien notwendig um herauszufinden, ob solch drastische Senkungen des LDL-Cholesterinspiegels möglicherweise mit „Kollateralschäden“ verbunden seien.
Eine der noch laufenden großen Morbiditäts- und Mortalitätsstudien ist die „Further Cardiovascular Outcomes Research with PCSK9 Inhibition in Subjects with Elevated Risk“ (FOURIER)-Studie [2]. Bei 22.500 Patienten wird dabei der PCSK9-Inhibitor Evolocumab mit einer Statintherapie verglichen. Der primäre Endpunkt ist eine Kombination von kardiovaskulärer Mortalität, Herzinfarkt, Hospitalisierung wegen instabiler Angina, Schlaganfall und koronarer Revaskularisierung. Die vollständigen Ergebnisse der FOURIER-Studie werden allerdings erst frühestens im Jahr 2018 zur Verfügung stehen.
Was die Daten bislang zeigen
Während der Late-Breaking-Session am Sonntag wurden 2 Studien zu Evolocumab vorgestellt – GAUSS-2 und LAPLACE-2. DESCARTES war einen Tag zuvor präsentiert worden.
In der von Dr. Dirk Blom von der Universität von Kapstadt, Südafrika, geleiteten und im New England Journal of Medicine publizierten DESCARTES-Studie erhielten 901 Patienten mit Hypercholesterinämie, die erst vor kurzem mit einer lipidsenkenden Therapie begonnen hatten, randomisiert entweder Placebo oder Evolocumab (420 mg als Injektion alle 4 Wochen) [3].
im PCSK9-Gen haben. Das stimmt uns zuversichtlich, dass die PCSK9-Inhibitoren sicher sein werden.“
Für die im Hintergrund weiterlaufende lipidsenkende Therapie wurden die Patienten in einen von 4 Studienarmen stratifiziert: nur Ernährungsumstellung, Atorvastatin 10 mg plus Ernährungsumstellung, Atorvastatin 80 mg und Atorvastatin 80 mg plus Ezetimib 10 mg. Nach der 4- bis 12-wöchigen Run-in-Phase wurden diejenigen mit einem LDL-Cholesterinspiegel von 75 mg/dl oder höher randomisiert der Behandlung mit Placebo oder Evolocumab zugeteilt.
Die Behandlung mit dem PCSK9-Inhibitor reduzierte die LDL-Cholesterinwerte in allen 4 Studienarmen von der Baseline bis Woche 57 signifikant um durchschnittlich 57%. Die Reduktionsspanne reichte von 49% bei denjenigen, die Evolocumab zusätzlich zu Atorvastatin und Ezetimib erhalten hatten, bis hin zu 62% bei denjenigen, die mit Evolocumab und niedrig dosiertem Atorvastatin behandelt worden waren.
Bei LAPLACE-2 und GAUSS-2 handelte es sich um Studien von 12 Wochen Dauer mit Patienten mit Hypercholesterinämie/gemischter Dyslipidämie bzw. Statinunverträglichkeit. In beiden Studien wurden ähnliche Senkungen des LDL-Cholesterinspiegels wie in DESCARTES beobachtet.
Die LAPLACE-2-Studie wurde von Dr. Jennifer Robinson von der University of Iowa in Iowa City geleitet [4]. Die Patienten mit Hypercholesterinämie/gemischter Dyslipidämie erhielten entweder alle 2 Wochen oder einmal monatlich eine Spritze mit Evolocumab oder Placebo. Auch in LAPLACE-2 liefen eine Vielzahl von Hintergrundtherapien weiter, darunter hochdosiertes Atorvastatin und Rosuvastatin und Ezetimib. Der LDL-Cholesterinspiegel sank um 55 bis 76%.
In GAUSS-2 wurden Patienten untersucht, die eine Statintherapie nicht vertragen hatten [5]. Initial hatten die Patienten einen Cholesterinwert von 193 mg/dl. Die Gabe von Evolocumab (1x oder 2x im Monat) senkte den Cholesterinspiegel um 53–56%. In der mit Ezetimib behandelten Vergleichsgruppe sank der Cholesterinspiegel um 15–18%.