Vismodegib ist eine vielversprechende neue Therapieoption für Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Basalzellkarzinom. Es handelt sich um den ersten Vertreter der Inhibitoren des sogenannten Hedgehog-Signalweges. Dieser Signalweg ist in den Tumorzellen des Basalioms abnorm aktiviert. Die Substanz mit dem vollkommen neuen Wirkmechanismus ist 2013 auf Grundlage der nicht-randomisierten 2-Kohorten-Studie ERIVANCE europaweit zugelassen worden [1]. Die Zulassung erfolgte allerdings unter dem Vorbehalt, dass weitere Daten aus noch laufenden Studien nachgereicht werden. Die Ansprechraten betrugen in den bisherigen Studien zwischen 30 und über 50%.

Dr. Anne Chang vom Department of Dermatology an der School of Medicine der Stanford Universität in Kalifornien publizierte jetzt gemeinsam mit Kollegen im Journal of the American Academy of Dermatology die Daten einer 119 Patienten umfassenden Early Access Studie [2]. „Auch in dieser Studie konnte eine überzeugende Wirkung bei einigen Patienten gesehen werden“, so Prof. Dr. Harald Löffler, Direktor der Hautklinik an den SLK-Kliniken Heilbronn und Leiter des dortigen Hauttumorzentrums.
Die Autoren hätten aber keine prädiktiven Parameter herausarbeiten können, welche Patienten am ehesten von der Therapie profitieren, so der Dermatologe. Neue Erkenntnisse hierzu erhofft man sich unter anderem von der multizentrischen STEVIE (Safety events in Vismodegib)-Studie, die aktuell 1.200 Patienten rekrutiert [3]. An dieser internationalen Studie beteiligen sich insgesamt 32 deutschen Kliniken – darunter auch die SLK-Kliniken Heilbronn.
Neue Behandlungsoption für austherapierte Patienten
Basalzellkarzinome sind die häufigsten malignen Hautkrebsformen und treten bei etwa 30 bis 100 je 100.000 Einwohnern in Deutschland auf, bevorzugt nach dem 60. Lebensjahr. In rund 75% der Fälle sind sie im Gesicht, oft zentral lokalisiert. Der Goldstandard ist die Operation, aber sie kann in diesen Fällen oft nur mit einem mutilierenden Eingriff weiterhelfen. Fortgeschrittene Befunde sind mitunter sogar komplett inoperabel. Auch die Bestrahlung – als Alternative zur Operation – wird bei großflächigen, ulzerierten Tumoren in dieser Lokalisation nicht selten als sehr problematisch eingestuft.
unter der Therapie mit Vismodegib verblüffende Erfolge erlebt.“
„Hier haben wir unter der Therapie mit Vismodegib verblüffende Erfolge erlebt“, so Löffler. Innerhalb weniger Wochen kam es bei einigen dieser in der Regel als austherapiert geltenden Patienten zu einer deutlichen Befundverkleinerung. Zum Teil wurde durch das Down-Staging wieder eine Operabilität erreicht. „In vereinzelten Fällen kam es sogar zu einer histologisch bestätigten Abheilung, so dass gar keine Operation mehr nötig war“, weiß Löffler aus eigener klinischer Erfahrung.
Dennoch hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kürzlich in einer frühen Nutzenbewertung Vismodegib keinen Zusatznutzen attestiert [4]. Als Gründe wurden insuffiziente Fallzahlen der Zulassungsstudie und das Fehlen einer randomisierten Studie mit geeigneter Vergleichsgruppe angeführt. Dadurch sei es schwierig, die Wirksamkeit zu bewerten und einen Vorteil der Substanz gegenüber anderen Therapieoptionen festzustellen, hieß es.
„Sicherlich ist Vismodegib kein Allheilmittel für Basaliome. Die Operation ist und bleibt der Goldstandard und auch die Bestrahlung hat ihren Stellenwert“, erklärt Löffler. Allerdings sei die Rezidivquote von inoperablen Basaliomen in Problemlokalisationen nach der Bestrahlung relativ hoch. „In diesen Fällen stellt Vismodegib im Grunde die einzige verbliebene Therapieoption dar“, so Löffler. Die Konzeption einer vergleichenden Studie, wie sie das IQWiG fordert, sei vor diesem Hintergrund nur schwer zu realisieren.
Pro Vismodegib: Jüngste Studienergebnisse bestätigen Zulassungsdaten
zu einer histologisch bestätigten Abheilung, so dass gar keine Operation mehr
nötig war.“
Dem Fehlen von wirksamen Behandlungsalternativen hat auch die FDA Rechnung getragen. Die amerikanische Zulassungsbehörde hat Vismodegib in den USA bereits im Januar 2012 nach einem beschleunigten Begutachtungsprozess zur Behandlung von Erwachsenen mit einem fortgeschrittenen bzw. metastasierten Basalzellkarzinom zugelassen.
Grundlage war die ERIVANCE-Studie, an der auch 4 deutsche Prüfzentren beteiligt waren. Insgesamt wurden 71 Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinom (laBCC) und 33 Patienten mit einem metastasierten Basalzellkarzinom (mBCC) eingeschlossen. Der primäre Endpunkt dieser Phase-2-Studie war die objektive Ansprechrate (ORR) nach unabhängiger Überprüfung. Diese betrug 43% beim laBCC sowie 30% beim mBCC. In beiden Kohorten wurde ein medianes progressionsfreies Überleben (PFS) von 9,5 Monaten ermittelt. Im Median überleben Patienten mit mBCC 8 bis 14 Monate.
Durch die jüngst erhobenen Daten werden diese Ergebnisse bekräftigt. Chang und ihre Kollegen rekrutierten für ihre Studie jetzt 119 Patienten. Bei Patienten mit einem laBCC betrug die objektive Ansprechrate (ORR) auf Vismodegib 46%, bei Patienten mit einem mBCC waren es 30%. Die Dauer der Behandlung betrug im Mittel nur 5.5 Monate (Range 0.4–19.6), da die Studie nach der raschen Zulassung von Vismodegib in den USA vorzeitig beendet werden musste.
die Therapie
mit Vismodegib tatsächlich prädiktive Marker finden ließen, wäre das für die Behandlung des Basalzellkarzinoms ein weiterer Schritt nach vorne.“
Nebenwirkungen – häufig, aber moderat
Analog zur Zulassungsstudie waren auch in dieser Studie die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen Muskelkrämpfe (70,6%), Geschmacksempfindungsstörungen (70,6%), Alopezie (58,0%) und Diarrhoe (25,2%). Im Grunde waren fast alle Patienten (97,5%) von Nebenwirkungen betroffen – allerdings meist nur in milder bis moderater Ausprägung. Lediglich 18 Patienten hatten unter der Behandlung mit Vismodegib Nebenwirkungen, die höher als Grad 2 eingestuft wurden, wobei nur bei einem Patienten ein eindeutiger Zusammenhang mit der Vismodegib-Einnahme hergestellt werden konnte.
Die Daten hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit seien somit quasi identisch mit der Zulassungsstudie, so das Fazit der Autoren. Um Aussagen zum langfristigen Sicherheitsprofil von Vismodegib machen zu können, seien jedoch längere Nachbetrachtungszeiten notwendig – und größere Fallzahlen.
STEVIE-Studie soll belastbare Daten liefern
Dieser Aufgabe soll die 2011 initiierte internationale Sicherheitsstudie STEVIE nachkommen. Die Rekrutierungsphase ist an vielen Zentren inzwischen abgeschlossen. Kürzlich wurden die Daten einer Zwischenanalyse mit 300 Patienten vorgestellt [5]. Dabei zeigte sich, dass rund 57% der Patienten auf die Therapie ansprachen, bei insgesamt guter Verträglichkeit. „Diese vorläufigen Ergebnisse decken sich mit unseren eigenen, bisher mit Vismodegib gemachten Erfahrungen“, so Löffler.
Hinweise erhoffe man sich von der STEVIE-Studie aber auch darauf, welche Patientengruppe besonders von einer Therapie mit Vismodegib profitiert. Denn nur rund die Hälfte der Betroffenen spricht aktuell auf eine Behandlung mit dem neuartigen Hedgehog-Signalweg-Inhibitor an – und das, obwohl sich in mehr als 90% aller Basalzellkarzinome eine mutationsbedingte Aktivierung dieses Signalwegs nachweisen lässt. „Wenn sich für die Therapie mit Vismodegib tatsächlich prädiktive Marker finden ließen, wäre das für die Behandlung des Basalzellkarzinoms ein weiterer Schritt nach vorne“, so Löffler.