Heranwachsende mit Übergewicht entwickeln im weiteren Leben mit doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit Speiseröhrenkrebs wie ihre normalgewichtigen Altersgenossen. Das ist das Ergebnis einer israelischen Kohortenstudie, die jetzt in der Dezemberausgabe der Fachzeitschrift Cancer erschienen ist [1]. Nach diesen Daten waren außerdem sowohl ein niedriger sozioökonomischer Status als auch die Immigration aus bestimmten Ländern bedeutsame Parameter für die Entwicklung von Magenkarzinomen.

„Eine gute Studie mit großer Kohorte, die aber insgesamt nicht wirklich überrascht“, kommentiert Prof. Dr. Rudolf Kaaks, Leiter der Abteilung Epidemiologie von Krebserkrankungen am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ), auf Nachfrage von Medscape Deutschland die Ergebnisse. „Ein interessanter Aspekt der Studie ist aber, dass sie darauf hinweist, wie wichtig es ist, Übergewicht schon bei Kindern zu verhindern. Mit der Prävention von Übergewicht muss sehr früh begonnen werden, denn Adipositas in der Adoleszenz hat nachweisbare Spätfolgen“, betont Kaaks.
Über eine Million Probanden untersucht
Dr. Zohar Levi vom Rabin Medical Center in Israel und seine Kollegen haben den Body-Mass-Index (BMI) bei einer Million männlichen Jugendlichen bestimmt, die sich im Alter von 17 Jahren zwischen 1967 und 2005 einer Gesundheitsuntersuchung unterzogen hatten (n=1.088.530). Über das Landeskrebsregister identifizierten die Forscher, welche der Probanden später Krebs entwickelten. Die Nachbeobachtung der Teilnehmer betrug zwischen 2,5 und 40 Jahre, mit einem durchschnittlichen Follow-up von 18,8 Jahren.
die übergewichtig oder adipös sind, kann sich eine allmähliche Refluxerkrankung entwickeln.“
Die Forscher waren erstaunt, dass insbesondere Körpergewicht und sozioökonomischer Status bis zum Alter von 17 einen großen Einfluss auf die Entwicklung einer Krebserkrankung im späteren Leben hatten. Übergewichtige Adoleszente hatten ein 2,1-fach erhöhtes Risiko, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken. Adoleszente mit niedrigem sozioökonomischen Status wiesen ein 2,2-fach erhöhtes Risiko auf, Magenkrebs zu entwickeln.
Diejenigen, die 9 Jahre oder weniger zur Schule gegangen waren, hatten ein 1,9-fach erhöhtes Risiko für Magenkarzinome. Auch Immigranten aus Asien und der früheren Sowjetunion hatten ein höheres Risiko für diese Krebserkrankung (3,0-fach bzw. 2,28-fach).
Wer früh übergewichtig ist, bleibt es oft ein Leben lang
„Bei Adoleszenten, die übergewichtig oder adipös sind, kann sich eine allmähliche Refluxerkrankung entwickeln. Diese macht dann aufgrund der ständigen Reizung der Speiseröhre auch anfälliger dafür, dass im späteren Leben Speiseröhrenkrebs entsteht. Und ein niedriger sozioökonomischer Status als Kind hat einen starken Einfluss auf die Magenkrebs-Inzidenz als Erwachsener”, so Levi. „Dass Adipositas ein Risikofaktor vor allem für Adenokarzinome der Speiseröhre und Magenkarzinom ist, weiß man schon länger“, bestätigt Kaaks.
Studienautor Levi bilanziert, dass ein großes Augenmerk auf Adipositas als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen jenseits der 40 liege, doch: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Übergewicht schon wesentlich früher die Risiken erhöht.“ Er fügt hinzu, dass unklar sei, ob ein Gewichtsverlust im späteren Leben und das Erreichen eines höheren sozioökonomischen Status die beobachteten Risiken verringern könnten.
eng mit der Bildung zusammen.“
Kaaks, der sich in verschiedenen Panels seit Jahren mit dem Zusammenhang zwischen Adipositas und der Entstehung von Krebs beschäftigt, gibt zu bedenken: „In natürlichen Beobachtungsstudien finden sich nur sehr wenige übergewichtige Leute, die tatsächlich Gewicht verlieren.“ Ein deutlicher Gewichtsverlust sei kaum erreichbar, das Problem sei vielmehr, dass diejenigen, die frühzeitig Übergewicht aufwiesen, es oft auch ihr Leben lang behielten. „Deshalb muss ein noch viel größerer Wert auf die Prävention gelegt werden“, betont Kaaks.
Dass ein niedriger sozioökonomischer Status mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert ist, „das kennen wir aus vielen Ländern“, so Kaaks. Auch dieser Befund überrasche nicht, denn: „Sich gesund zu verhalten, hängt eng mit der Bildung zusammen. Menschen mit niedrigerem sozioökonomischen Status rauchen eher mehr, trinken oft mehr Alkohol und neigen eher zu Übergewicht“.
Dass Immigranten aus Asien und der ehemaligen Sowjetunion ein höheres Risiko für Magenkrebs aufweisen, führte Kaaks – wie auch die Studienautoren – auf in den Ursprungsländern verbreitete und dort auch erworbene Helicobacter-Infektionen zurück.