Mannheim – Biologika, die das Entzündungsmolekül TNF-α hemmen, sind in der Behandlung von Rheuma-Patienten höchst effektiv, aber sehr teuer und haben Nebenwirkungen. Die Diskussion, ob sie besser sind als die Triple-Therapie – bestehend aus Methotrexat kombiniert mit den Basistherapeutika Sulfasalazin und Hydroxychloroquin – hält immer noch an. Um diese Kontroverse ging es auch in einer Sitzung des diesjährigen Rheumatologen-Kongresses in Mannheim [1].
Leitlinien lassen viel Spielraum
Sowohl die European League Against Rheumatism als auch die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) haben ähnliche Leitlinien für die Behandlung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) aufgestellt, die jedoch viel Spielraum lassen [2].
samkeit erreicht. Daher sollte man ihm unbedingt diese Zeit geben.“
Danach ist bei Diagnosestellung Methotrexat (MTX) die Standard-Basistherapie, die in der Regel mit niedrig dosiertem Prednisolon kombiniert wird. Bei nicht ausreichendem Ansprechen sollte nach 12 Wochen eine klassische Kombinationstherapie mit DMARD (Disease Modifying Antirheumatic Drugs) eingesetzt werden. Zu den DMARD zählen auch Sulfazalazin und Hydroxychloroquin. Bei anhaltend hoher Krankheitsaktivität wird spätestens nach 6 Monaten der Einsatz eines Biologikums empfohlen, in Sondersituationen (z.B. frühe Destruktionen, ungünstige Prognose) auch früher. Falls sich das zuerst angewendete Biologikum in einem Zeitraum von 3 bis 6 Monaten als nicht ausreichend effektiv erweist, sollte zu einem anderen Biologikum gewechselt werden. Bei langanhaltender Remission kann eine kontrollierte Reduktion der Basistherapie versucht werden.
Methotrexat versagt – was dann?

Unstrittig ist in Deutschland, dass eine RA-Therapie mit MTX beginnen sollte. Was aber, wenn diese initiale Therapie versagt? „Methotrexat braucht ca. 6 Monate, bis es seine volle Wirksamkeit erreicht. Daher sollte man ihm unbedingt diese Zeit geben“, betonte Prof. Dr. Josef S. Smolen, Direktor der Klinik für Innere Medizin III an der Universität Wien. Bis hierhin scheint es breiten Konsens zu geben. Doch danach scheiden sich die Geister.
Smolen stellte eine Reihe von Studien vor, die – zumindest nach der Interpretation ihrer Autoren – der Triple-Therapie eine ähnlich hohe Effektivität zuschreiben wie der Behandlung mit Biologika [3, 4, 5]. Allerdings ließ er an all diesen Arbeiten kein gutes Haar. Ob SWEFOT 2, TEAR oder RACAT – sie alle hätten allenfalls 66% der von ihnen angestrebten Patientenanzahlen erreicht, manche wären nicht doppelblind gewesen und bei der RACAT-Studie sei sogar der primäre Endpunkt verändert worden.
optionen versuchen, doch wenn die Krankheit fortschreitet, sollte man möglichst bald auf ein Biologikum umsteigen.“
Besser beurteilte der Wiener Rheumatologe die PRESERVE-Studie, die unter seiner Federführung stand [6]. Hier wiesen Patienten, die nach MTX-Versagen ein Biologikum erhalten hatten, eine 90%ige Verringerung der Krankheitsaktivität auf.
Keine Zeit mit unwirksamen Therapien vergeuden
Unter Smolens Mitwirkung entstand auch die OPTIMA-Studie, die, so der Wiener Primarius, für ihn „die persönliche Erfüllung der „Treat-to-Target“-Überlegungen sei [7]. Sie bescheinigt Patienten mit früher RA, die mit einer Kombination aus Methotrexat und dem Biologikum Adalimumab behandelt wurden, eine wesentlich niedrigere Krankheitsaktivität als jenen, die eine MTX-Monotherapie bekamen.
In einer nächsten Phase erhielten alle Patienten, die nicht auf Methotrexat angesprochen hatten, ebenfalls das Biologikum. Und siehe da: Nach einem Jahr war kein Unterschied mehr festzustellen zwischen der Gruppe, die Adalimumab schon von Beginn an und jenen, die erst später damit therapiert worden waren.
Für Smolen ist dies der Beweis, dass es nicht nötig sei, wie etwa in den USA üblich, die Therapie mit einem Biologikum zu beginnen: „Die Zeit ist das Entscheidende. Man kann durchaus mehrere Therapieoptionen versuchen, doch wenn die Krankheit fortschreitet, sollte man möglichst bald auf ein Biologikum umsteigen“. Auch die EULAR stelle dies nun in ihren modifizierten Empfehlungen frei. Für den Rheumatologen steht fest: „Für die Triple-Therapie gibt es keine hinreichende Evidenz, dass sie der Methotrexat-Monotherapie überlegen ist“.

Für einen möglichst frühen Einsatz von Biologika bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis trat auch Prof. Dr. Klaus Krüger, niedergelassener Rheumatologe aus München, ein. Die CAMERA-Studie mit ihren 5-Jahresdaten zeige, dass Patienten, die den TNF-α-Blocker erst später erhalten haben, mit ihrem DAS (Disease Activity Score) den früh Behandelten stets hinterherliefen – selbst wenn sie später mit der gleichen Medikamenten behandelt würden [8]. Auch beim radiologischen Verlauf sähe man nach 5 Jahren einen deutlichen Unterschied.
Vor allem solche Patienten, die nicht auf Methotrexat ansprechen, eine hohe Krankheitsaktivität und einen ungünstigen Prognosefaktor aufweisen, sollten laut Krüger bereits nach 3 Monaten ein Biologikum erhalten. In besonders schweren Fällen könne sogar eine Starttherapie sinnvoll sein, um frühe Schäden zu vermeiden. Allerdings gäbe es keine Evidenz, ob diese Empfehlungen richtig seien. Denn „hier haben wir die unmögliche Situation, dass es für Patienten mit schlechter Prognose keine randomisiert-kontrollierte Studien gibt“, beklagte der Rheuma-Spezialist.
Eine Chance für die Triple-Therapie

Ganz anders sah dies Prof. Dr. Lars Köhler, niedergelassener Rheumatologe aus Hannover. Sein Plädoyer für die Triple-Therapie nach Methotrexat-Versagen stützte sich auf die gleichen Studien, die für Smolen keinen hinreichenden Beleg dafür darstellten. Trotz vieler Limitationen, die auch Köhler einräumen musste, sah er darin genügend Beweise, dass die 3-fach-Kombinationstherapie mit den klassischen DMADs beinahe ebenso wirksam sei wie die TNF-α-Blocker. „Sie zeichnen sich aus durch gute Verträglichkeit und sind kostengünstig. Die Leitlinien sagen, man kann diese Medikamente nutzen und ich sage: Nutzen wir die Chance mit dieser Therapie“, so seine Forderung.
„Hit hard and early“ für eine dauerhafte Remission?
Wie lässt sich eine medikamentenfreie Remission erreichen? Diese Frage bewegt alle Rheumatologen. Aus Studien weiß man, dass dies bei einem Anteil von 10 bis 30% der RA-Patienten möglich ist. Reicht es, wenn man nur DMARDs einsetzt oder hat man mit einem Biologikum bessere Chancen? Ist es richtig, mit einer Kombinationstherapie zu beginnen oder ist die Strategie „hit hard and early“ mit einem TNF-α-Blocker von Anfang an erfolgversprechender? Auch dazu lägen noch keine Studien vor, so Krüger. Doch außer den Medikamenten gäbe es 2 wichtige Faktoren für eine dauerhafte Remission: eine möglichst geringe Krankheitsaktivität und ein möglichst früher Therapiebeginn.
Trotz aller Zahlenspiele der Wissenschaftler: Die Wirklichkeit in Deutschland sieht leider anders aus. Nach der sogenannten Kerndokumentation, die die Versorgungsleistung der rheumatologischen Zentren und Schwerpunktpraxen misst, erhalten gerade einmal 4% der RA-Patienten mit 12-monatigen Beschwerden ein Biologikum. Krüger konstatierte enttäuscht: „Das heißt, dass nur bei einer sehr kleinen Minderheit das leitliniengemäße Vorgehen eingehalten wird.“