Fast eine Binse: Zu hoher Blutdruck ist ein entscheidender Risikofaktor, einen Schlaganfall zu erleiden. Auch dass die Therapietreue bei den verordneten Antihypertensiva oft nicht besonders gut ist, ist nicht neu. Da scheint es offensichtlich, dass durch eine mangelnde Therapieadhärenz das Schlaganfallrisiko steigt. Allein in welchem Umfang dies der Fall ist, war bisher unbekannt.
Finnische und britische Wissenschaftler haben sich nun dieser Frage gewidmet und Daten von finnischen Gesundheitsregistern dementsprechend ausgewertet [1]. Die Forscher um Dr. Kimmo Herttua von Universität Helsiniki konnten 73.527 Patienten über die Register identifizieren: Diese hatten Bluthochdruck, aber bislang weder einen Schlaganfall erlitten noch waren sie anderweitig kardiovaskulär erkrankt.
Im Beobachtungszeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2007 starben 2.144 an einem Schlaganfall, und annähernd 25.000 Patienten wurden wegen eines Schlaganfalls ins Krankenhaus aufgenommen. Bluthochdruck-Patienten ohne medikamentösen Schutz (nicht-adhärent) hatten im Jahr des Ereignisses ein 5,7-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zu jenen Patienten, die ihre Medikamente regelmäßig einnahmen (adhärent). Schon im 2. Jahr nach der Verschreibung einer medikamentösen antihypertensiven Therapie war das Risiko um das Vierfache erhöht, wenn die Patienten nicht-adhärent waren, 10 Jahre nach erstmaliger Verschreibung lag das Schlaganfallrisiko noch drei Mal so hoch im Vergleich zu Patienten, die ihre Medikamente regelmäßig einnahmen.
Mehr Krankenhausaufnahmen wegen eines Schlaganfalls
Auch bei einem nicht-tödlichen Verlauf eines Schlaganfalls, der zu einer Krankenhausaufnahme führte, waren jene Patienten schlechter gestellt, die nicht therapietreu waren. Sie wurden im 2. Jahr nach erstmaliger Verschreibung eines Wirkstoffes zur Behandlung eines Bluthochdrucks fast dreimal so häufig wegen eines Schlaganfalls ins Krankenhaus aufgenommen wie die adhärente Vergleichsgruppe.
Zehn Jahre nach Erstverschreibung einer antihypertensiven medikamentösen Therapie, die dann aber nicht eingehalten wurde, war das Risiko für eine Krankenhausaufnahme auf Grund eines Schlaganfalls 1,7-fach erhöht. In dem Jahr, in dem der Schlaganfall zur Hospitalisierung führte, war das Risiko bei untherapierten Patienten doppelt so hoch wie bei therapietreuen Patienten.
Herttua und Kollegen konnten auch zeigen, dass das Schlaganfallrisiko abhängig von der eingenommen Medikamenten-Dosis war. Dazu unterteilten sie die Patienten in 3 Gruppen:
- hoch-adhärent: korrekte Therapie über mehr als 80% der Beobachtungszeit (adhärent)
- intermediär-adhärent: 30 bis 80% (nicht-adhärent)
- nicht-adhärent: < 30 % (nicht-adhärent).
Patienten in den Gruppen intermediär-adhärent und nicht-adhärent hatten ein 1,7- bis 2,6-fach erhöhtes Risiko für einen nicht-tödlichen Schlaganfall und ein 3,6- bis 8-fach erhöhtes Risiko, einen tödlichen Schlaganfall zu erleiden – im Vergleich zu den Patienten aus der hoch-adhärenten Gruppe. Wie Herttua in einer Pressemitteilung des European Society of Cardiology (ESC) kommentierte, hatten auch jene Patienten ein schlechteres Ergebnis, die eine intermittierende Adhärenz zeigten, also Patienten, die eine Zeit lang ihre Medikamente einnahmen und dann wieder stoppten [2].
Weniger Bildung, geringeres Einkommen = häufiger Schlaganfall
Die Art der Medikation und deren Einnahme beeinflussten ebenfalls das Risiko für Schlaganfälle, wie die Registerauswertung ergab: So hatten Patienten, die Medikamente wie verordnet einnahmen, die das Renin-Angiotensin-System beeinflussen, in Kombination mit einem Schleifendiuretikum und/oder einem Betablocker, ein 7,5-fach verringertes Risiko für einen tödlich verlaufenden Schlaganfall und ein vierfach geringeres Risiko für eine Krankenhausaufnahme auf Grund eines Schlaganfalls im Vergleich zu der Patientengruppe, die sich nicht an die Einnahmeregeln bei dieser Wirkstoffkombination hielten.
Die Registerdaten verdeutlichten neben der mangelnden Adhärenz auch die Zusammenhänge von Bildungsstand und Einkommen zum Auftreten eines Schlaganfalls. So waren Patienten, die von einem Schlaganfall betroffen waren, älter, hatten eine niedrigere Schulbildung und ein niedrigeres Durchschnittseinkommen als jene Patienten mit einer Hypertonie, die von einem Schlaganfall verschont blieben. Darüber hinaus waren die Schlaganfall-Patienten häufiger an Diabetes und Krebs erkrankt. Hinsichtlich eines Bezugs von Body-Mass-Index, Rauchen, Alkoholkonsum und Ruheblutdruck zum Schlaganfall konnten keine Daten aus dem Register ermittelt werden.