Im Folgenden sollen die nervenschonende operative Therapie und die Langzeitergebnisse aus der eigenen Klinik kurz skizziert werden.
Nach den üblichen Vorbereitungen erfolgen die Medianlaparotomie und die Inspektion des Abdomens. Hiernach wird das linke Hemikolon, durch Lösung der lateralen embryonalen Verwachsungen, bis hinauf zur linken Kolonflexur mobilisiert. Der linke Ureter wird an seiner Überkreuzungsstelle mit der Arteria iliaca communis sinistra aufgesucht und angeschlungen, um etwaige Verletzungen zu vermeiden.
Wir bevorzugen eine sogenannte Low-Tie- Ligatur, knapp distal des Abgangs der Arteria colica sinistra aus der A. mesenterica inferior. Auf Höhe des Promontoriums beginnt im Anschluss die Mobilisation des Rektums von dorsal zwischen der Waldeyer-Faszie und der Faszia propria recti.
Im weiteren Operationsverlauf erfolgt nun bis zur distalen Absetzung des Rektums der Schritt der totalen mesorektalen Exzision unter Verwendung des Wasserstrahldissektors [Abbildung 2]. Es wird keine Schere und auch nicht die Hand zu Mobilisation des Rektums in den Faszienspalträumen verwendet.
Abbildung 2:

Nach Aufsuchen der Dissektionsebene wird in kleinen Schritten unter Sicht präpariert, um nicht akzidentell das Mesorektum einzureißen oder die hypogastrischen Nervenbahnen zu beschädigen. Nach und nach wird so das Rektum entlang der endopelvinen Faszie mit dem Wasserstrahldissektor frei präpariert [Abbildung 3], die Nerven und Gefäße werden durch den Wasserstrahl geschont, welcher lediglich das lockere Bindegewebe „herausspült“. Die dabei verbleibende stärkeren Bindegewebsstruktur, Lymph- und Blutgefäße können selektiv mittels Clips versorgt und im Anschluss durchtrennt werden [Abbildung 4]. Bewusst wird in diesem Bereich keine Koagulation durchgeführt.
Abbildung 3:

Abbildung 4:

Die Präparation gestaltet sich im Bereich von 2 bis 10 Uhr unproblematisch, da sich hier zwischen der Fascia pelvis visceralis und parietalis lediglich ein durch lockeres Bindegewebe aufgebauter Raum befindet. Aus diesem Grunde wird hier das Rektum zunächst dorsal komplett bis zum Beckenboden und von hier aus nach lateral mobilisiert. Die Nn. hypogastricii liegen zwar in diesem Spaltraum, sind aber noch von einer feinen Bindegewebsschicht bedeckt.
Nach Abschluss der dorsolateralen Mobilisation ist das Rektum, entsprechend seiner Embryonalentwicklung, anterolateral im Bereich zwischen 10 und 2 Uhr, über die Paraproktien an den urogenitalen Nachbarorganen verankert. Gerade in diesem Bereich erweist sich der Wasserstrahldissektor als ideales Instrument. Einerseits separiert der Wasserstrahl die Rektumvorderwand mit dem Mesorektum von den urogenitalen Strukturen, andererseits können die feinen Nervenäste und Gefäße der Rektumvorderwand zur Darstellung gebracht und dann selektiv geclipt und durchtrennt werden [Abbildung 5].
Abbildung 5:

Unter Zug des Präparates nach kraniodorsal erfolgt die weitere Präperation ventral zwischen Denovillierscher Faszie und den Samenbläschen beim Mann. Besonders Acht zu geben ist hierbei im Bereich der lateralen Begrenzung der Denovillierschen Faszie, weil hier der Plexus hypogastricus inferior in das neurovasculäre Bündel nach Walsh zusammenläuft [15] und dann nach mediocaudal entlang der Prostata weiterzieht. Bei der Frau ist das Mesorektum ventral häufig sehr dünn, sodass oft ein unmittelbarer Kontakt zur Vaginalhinterwand besteht.
Auch in diesen Arealen kann die Wasserstrahldissektion ihre Stärken ausspielen und gewährleistet eine Schonung des Plexus hypogastricus und des seitlich der Prostata verlaufenden Gefäß-Nervenbündels nach Walsh, indem es die exakte Schicht präparieren kann und die Nerven nicht verletzt werden. Nach vollständiger Mobilisierung des Rektums erfolgt das Absetzen mit einem Stapler [Abbildung 6].
Abbildung 6:

Im Anschluss erfolgt die spannungsfreie Reanastomosierung im Sinne eine Seit-zu-End-Anastomose. Alternativ kann hier auch ein J-Pouch oder ein Transverse Coloplasty Pouch als Reservoir angelegt werden. Nach Vorlage einer Tabaksbeutelnaht im Bereich der Taenia libera circa 4-6 cm vom proximalen Kolonende wird ein 31- oder 33-mm-EEA- Kopf eingeknotet [Abbildung 7].
Abbildung 7:

Anschließend wird der Staplerapparat nach digitaler Sphinkterdehnung von anal eingeführt, unter Sicht platziert und der Perforationsdorn ausgefahren [Abbildung 8]. Die Dornspitze perforiert den Rektumstumpf direkt hinter der queren Staplerreihe, ohne die Naht aufzureißen.
Abbildung 8:

Nach Konnektion des EEA-Kopfes mit dem Stapler wird dieser an den Stapler herangeführt [Abbildung 9], die beiden Darmenden werden aneinander gepresst und die Klammernaht ausgelöst. Es erfolgt die Anastomosenkontrolle und ggf. eine Drainageneinlage.
Abbildung 9:

Zum Abschluss der Operation erfolgen die Anlage eines protektiven Ileostomas im rechten Unterbauch und der Bauchwandverschluss [Abbildung 10 und 11]. Sollte aufgrund der Lage des Tumors eine abdominoperineale Rektumexstirpation notwendig werden, so erfolgen anstelle der Ileostomaanlage die perineale Resektion mit anschließendem Beckenbodenverschluss und die Anlage eines endständigen Kolostomas.
Abbildung 10:

Abbildung 11:
