
Männer mit nicht metastasiertem Prostatakarzinom hatten in einer prospektiven Beobachtungsstudie einen günstigeren Krankheitsverlauf, wenn sie vermehrt pflanzliche und weniger tierische, gesättigte oder Trans-Fette konsumierten. Eine Interventionsstudie zu diesem Thema steht aber noch aus.
„Für derartige Effekte könnte eine gesteigerte Produktion von Androgenen und freien Radikalen unter dem Einfluss bestimmter Fettsäuren verantwortlich sein“, erklärt Prof. Dr. Karsten Müssig, Oberarzt in der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, im Gespräch mit Medscape Deutschland. „Aber auch ein direkter Einfluss der Lipide auf das Wachstum von Tumorzellen wurde gezeigt“, ergänzt Müssig, der auch Leiter des Klinischen Studienzentrums und der AG Ernährung am Deutschen Diabetes-Zentrum ist.
Dass der gewohnheitsmäßige Konsum bestimmter Fette den Krankheitsverlauf bei Prostatakrebs beeinflussen könnte, wird seit langem vermutet. So wurde in Fallkontrollstudien bei Patienten, die vor allem gesättigte Fette verzehrten, eine gesteigerte Mortalität beobachtet, bei einfach ungesättigten Fettsäuren dagegen eine verringerte Mortalität [1, 2].
Ernährung unter die Lupe genommen
Die Frage, ob Männer mit manifestem Prostatakarzinom noch von einer „gesunden“ Ernährung profitieren können, war Gegenstand einer prospektiven Studie von Erin L. Richman von der Abteilung Epidemiologie und Biostatistik der University of California, San Francisco, und Kollegen [3]. Diese Studie ist ihrerseits Teil der US-amerikanischen Health Professionals Follow-up Study (HPFS) [4]. Letztere wurde 1986 gestartet und hat bisher 51.529 männliche Beschäftigte des US-Gesundheitswesens aufgenommen. Die Teilnehmer werden alle 2 Jahre ausführlich nach ihren Ernährungsgewohnheiten befragt und melden ihrerseits die Diagnose schwerwiegender Erkrankungen wie Krebs oder kardiovaskuläre Ereignisse. In Substudien werden mögliche Zusammenhänge dann genauer untersucht.
In die Substudie von Richman und Kollegen wurden 4.577 Teilnehmer der HPFS aufgenommen, bei denen ein nicht metastasiertes Prostatakarzinom diagnostiziert worden war. Mit Hilfe des weiterhin regelmäßig ausgefüllten Fragebogens wurde berechnet, welchen Anteil ihrer Gesamtenergie diese Männer aus Kohlenhydraten und aus den verschiedensten Fetten beziehen. Dabei wurden gesättigte, einfach und mehrfach ungesättigte Fette, Transfett, tierisches und pflanzliches Fett unterschieden. Primäre Studienendpunkte waren „letale Prostatakarzinome“, die zu Fernmetastasen oder zum Tod geführt hatten, sowie die Gesamtsterblichkeit.
Deutliche Signale: Ungesättigte und pflanzliche Fette verringern Risiko
Verglichen wurde jeweils die Quintile der Männer mit dem höchsten vs. dem niedrigsten Verzehr eines bestimmten Fettes. Die Ergebnisse zeigen teils deutliche Unterschiede für die verschiedenen Ernährungsstile. So nahm die Erkrankung bei den Studienteilnehmern mit dem höchsten Verzehr gesättigter Fette in 7,6 Fällen/1000 Patientenjahre (PJ) einen als letal definierten Verlauf. In der niedrigsten Quintile waren es dagegen „nur“ 7,3/1000 PJ. Auffälliger war der Unterschied beim Transfett mit 8,7 vs. 6,1/1000 PJ und bei tierischen Fetten mit 8,3 vs. 5,7/1000 PJ.
Umgekehrt sah es bei den einfach ungesättigten Fetten (6,4 vs. 7,2/1000 PJ), mehrfach ungesättigten Fetten (5,8 vs. 8,2/1000 PJ) und insbesondere bei den pflanzlichen Fetten aus (4,7 vs. 8,7/1000 PJ). Die Männer mit dem höchsten Verzehr pflanzlicher Fette – meist Salatöl und Nüsse – hatten ein um 36% verringertes Risiko des zum Tode führenden Prostatakarzinoms. Die Ernährung vor der Erkrankung hatte in dieser Studie dagegen keinen Einfluss auf das Ergebnis. „Das lässt darauf schließen, dass auch nach der Diagnose eines Prostatakarzinoms eine Lebensstiländerung durchaus noch sinnvoll sein kann“, bestätigt Müssig auf Nachfrage von Medscape Deutschland.
Gesamtmortalität verbessert – unabhängig von Patientencharakteristika
Hinsichtlich der Gesamtsterblichkeit schnitten in der Studie ebenfalls die Patienten schlechter ab, die die meisten gesättigten Fette aßen (höchste vs. niedrigste Quintile: 28,4 vs. 21,4% bei einer medianen Beobachtungsdauer von 8,4 Jahren). Eine erhöhte Mortalität hatten auch Patienten mit exzessivem Verzehr von Transfett (32,4 vs. 17,1/1000 PJ) oder tierischem Fett (32,0 vs. 17,2/1000 PJ). Im Gegensatz dazu profitierten wiederum die Konsumenten größerer Anteile von einfach ungesättigtem (20,0 vs. 23,7/1000 PJ), mehrfach ungesättigtem (17,1 vs. 29,4/1000 PJ) und pflanzlichem Fett (15,4 vs. 32,7/1000 PJ) von ihrer Vorliebe für gesunde Öle.
„Obwohl zahlreiche Faktoren die Gesamtsterblichkeit auch von Prostatakarzinom-Patienten beeinflussen, zeigt die Studie einen deutlichen Effekt der Ernährung auf diesen härtesten Endpunkt“, so Müssig: „Denn die Studiendaten sind bereits hinsichtlich wichtiger Confounder wie Alter, Erkrankungsdauer, Krebstherapie, Energieaufnahme, Body-Mass-Index, Bewegung, Raucherstatus und Alkoholkonsum adjustiert.“
Kohlenhydrate und „schlechte“ Fette einfach austauschen?
Welche Empfehlungen lassen sich aber aus diesen Daten ableiten? Sollten Männer mit Prostatakarzinom geschult werden, eine „Anti-Krebs-Diät“ einzuhalten? „So weitgehende Schlussfolgerungen können wir noch nicht ziehen“, relativiert Müssig. In einem theoretischen Modell wurde zwar in der Studie eine Risikoreduktion für das letale Prostatakarzinom um 29% bzw. 24% errechnet, wenn 10% der Kohlenhydrate bzw. der tierischen Fette durch Pflanzenfett ersetzt würden. „Um aber wirklich aussagekräftige Ergebnisse und begründete Empfehlungen zu erhalten, sind Studien mit einer gezielten, nach Möglichkeit randomisierten Intervention notwendig“, so Müssig.