Chicago – Das Humane Papillomvirus (HPV) wird über Sexualkontakte übertragen. Aus diesem Grund fragen Patienten mit HPV-bedingten Krebserkrankungen häufig, ob ihre Partner ebenfalls einer Infektionsgefahr ausgesetzt sind und ob das Paar seine Sexualpraktiken verändern sollte. Doch können Patienten mit HPV-bedingten Mundkrebserkrankungen aufgrund der Daten aus der HOTSPOT-Studie beruhigt sein (HOTSPOT: Human Oral Papillomavirus Transmission in Partners Over Time). Die Studienergebnisse wurden auf dem ASCO-Kongress 2013 vorgestellt.
Die klein angelegte Pilotstudie fand an 166 Patienten mit HPV-bedingtem Mundkrebs zusammen mit 94 langfristigen Beziehungspartnern statt. Die Wissenschaftler bestimmten Proben aus Mundspülungen auf ihren HPV-DNA-Gehalt – bei Studienbeginn und ein Jahr später. Die Ergebnisse zeigten, dass die Partner anscheinend keinem erhöhten HPV-Infektionsrisiko und somit auch keinem gesteigerten HPV-bedingtem Mundkrebsrisiko ausgesetzt waren.
„Für Patienten und deren Partner ist das entlastend”, erklärte Hauptautorin Dr. Gypsyamber D'Souza von der John Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, Maryland, USA. Auf einer Presseveranstaltung teilte sie mit, dass Patienten häufig verunsichert seien, was dieses Thema betreffe. Sie habe von Fällen gehört, bei denen eine Scheidung die Folge gewesen sei.
„Paare, die bereits seit einigen Jahren zusammen sind, haben vermutlich bereits etliche Infektionen gemeinsam durchgestanden, eine Veränderung hinsichtlich der körperlichen Intimitätspraktiken ist unnötig.” Sie fügte allerdings hinzu: „Bei neuen Partnern ist Vorsicht stets ratsam.”
Ergebnisse nicht überraschend
Die Ergebnisse überraschten nicht, teilte Dr. Otis Brawley, Chief Medical Officer der US-amerikanischen Krebsgesellschaft American Cancer Society gegenüber Medscape Medical News mit. Das mittlere Alter der Patienten dieser Studie betrug 56 Jahre. Man könne davon ausgehen, dass die zugehörigen Partner in vergleichbarem Alter seien. Zu jenem Zeitpunkt haben die Personen bereits eine natürliche Immunität gegenüber HPV aufgebaut, bekräftigte Brawley. Das hauptsächliche Zeitfenster für die Übertragung von HPV liege innerhalb der ersten 5 Jahre nach Beginn der sexuellen Aktivität, erläuterte er, und dies betreffe in der Regel das Teenager- und das junge Erwachsenenalter.
Brawley zitierte eine Studie an College-Erstsemesterstudentinnen. Bei Studienbeginn waren etwa 15% HPV-positiv gewesen. Dieser Wert war zum Zeitpunkt des Studienabschlusses auf 80% angestiegen. „Sexuelle Aktivität in der Spätpubertät führt in den USA fast immer zu einer HPV-Infektion; dies ist auch einer der Gründe, warum HPV-Impfempfehlungen auf Mädchen zwischen 9 und 12 Jahren ausgerichtet sind”, so Brawley.Und weiter: „Nach erfolgter Infektion schützt der Impfstoff eventuell noch vor einigen Subtypen, insgesamt aber ist er nicht mehr wirklich wirksam.”
Genital-orale Übertragung
Das Humane Papillomvirus, das für Oropharynxkarzinome verantwortlich gemacht wird (vor allem HPV-Typ 16), scheint hauptsächlich genital-oral übertragen zu werden, stellte Brawley fest. Diese Aussage machte auch Diskussionsteilnehmerin Dr. Quynh-Thu Le von der Stanford University in Kalifornien, USA. Frühere Studien hätten belegt, dass männliche Partner von Frauen mit Zervixkarzinom auch einem erhöhten Tonsillenkarzinomrisiko ausgesetzt wären, meinte sie.
In der HOTSPOT-Studie hatten 3 der Patienten zuvor Ehepartner mit Zervixkarzinom gehabt, 2 Partner berichteten über zervikale Präkanzerosen in der Anamnese. D'Souza und Mitarbeiter stellten jedoch fest: „Dies waren unbestätigte Fälle aufgrund von Selbsteinschätzungen”.
Der unlängst starke Anstieg HPV-bedingter Oropharynxkarzinome hänge mit einer Zunahme des Oralverkehrs in den 1960er-Jahren zusammen. Allerdings würden Untersuchungen zum Sexualverhalten darauf hindeuten, dass der Anstieg dieser Karzinome nicht ausschließlich auf zunehmenden Oralverkehr zurückzuführen sei, erläuterte Le. Mehr Forschung sei notwendig, um die zeitliche Entwicklung HPV-bedingter Oralkarzinome sowie Übertragungsweg und Unterdrückung durch das Immunsystem besser zu erfassen.
Brawley machte deutlich, dass das Zeitfenster für die Übertragung für HPV in einem sehr jungen Alter liege. Die Studienteilnehmer mit Oralkarzinomen seien über 50 gewesen, so dass die HPV-Infektion im Rachen 30 Jahre oder länger zurückliege.
Wirbel um Michael Douglas
Nachdem der Schauspieler und Oscar-Preisträger Michael Douglas ausgesagt hatte, sein Rachenkarzinom wäre die Folge einer HPV-Infektion durch Oralverkehr gewesen, hatte das Thema in Promi-News unlängst für Aufruhr gesorgt. Seine Aussage während eines Interviews mit der Zeitung The Guardian wurde als Audioclip veröffentlicht, nachdem der Schauspieler das Gesagte dementiert hatte [2].
Douglas machte wegen der Peinlichkeit für seine Ehefrau Catherine Zeta-Jones und seine Ex-Frau Diandra Douglas einen Rückzieher. Beide Frauen gaben öffentlich bekannt, nicht HPV-infiziert zu sein. Douglas Kommentar betonte frühere Eskapaden als selbsternannter Womanizer, wegen derer er sich in therapeutische Behandlung seiner „Sexsucht” begeben hatte.
Etwas später am selben Tag erschien Michael Douglas auf einer Veranstaltung der American Cancer Society und machte seine Späße darüber, dass er nun das „Aushängeschild“ für Oralkarzinome geworden sei. Douglas fügte hinzu: „Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich glaube jeder möchte gerne wissen, wie er zu seiner Krebserkrankung gekommen ist.”
Pilotstudie: Nicht jede Infektion führt zu Karzinom
Aus der HOTSPOT-Studie geht hervor, dass 55% der Patienten mit HPV-bedingtem Oralkarzinom zum Zeitpunkt der Diagnose HPV-positiv waren, jedoch lediglich 7% wiesen die Infektion ein Jahr nach Krebsbehandlung noch auf.
Unter den 94 Partnern wiesen 6 orale HPV-Infektionen auf (6,5%) und 2 davon Infektionen mit HPV 16. Von den 60 Partnern, die sich einer visuellen Untersuchung unterzogen hatten, konnte bei keinem ein Oralkarzinom festgestellt werden. Die Infektionen seien „geringfügig“ und nach einem Jahr nicht mehr nachweisbar gewesen, stellten die Wissenschaftler fest.
„Sie hatten sich mit HPV infiziert und danach wieder davon erholt,” meinte D'Souza. „HPV-Infektionen sind häufig und die meisten Menschen bekommen davon keine Krebserkrankung”, fügte sie abschließend hinzu.
Dieser Artikel wurde von Dr. Immo Fiebrig aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.