Das Robert Koch-Institut hat mit den ersten Ergebnissen der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS1) ein repräsentatives Bild der gesundheitlichen Situation von 7.238 Männern und Frauen zwischen 18 und 79 Jahren vorgelegt. Die Studie, die Daten aus den Jahren 2008 bis 2011 auswertet, gehört damit zu den international aussagekräftigsten Erhebungen.
Die inhaltlichen Schwerpunkte der DEGS1 betreffen die Lebensbedingungen, Gesundheitsstatus und -verhalten sowie die Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems. Medscape Deutschland stellt Ihnen die Ergebnisse in 3 Teilen vor. Im ersten Teil werden die Studien zu Lebensstil und Gesundheitsverhalten zusammengefasst. Im zweiten Teil folgen nun die Prävalenzen für einige der großen Volkskrankheiten.
2. Prävalenzen
Sowohl die absolute Zahl der Mortalitätsraten als auch die relative Häufigkeit eines Herzinfarkts sind hierzulande seit Jahren rückläufig. Im Wesentlichen spricht das für eine positive Entwicklung der kardiovaskulären Prävention und Therapie der koronaren Herzkrankheit (KHK). Die Lebenszeitprävalenz des Herzinfarkts beträgt bei den 40- bis 79-jährigen Frauen 2,5% und bei Männern 7%, die der KHK 6,4% für Frauen und 12,3% für Männer. Alles in allem sind die KHK-Prävalenzen vergleichbar mit denen in anderen Industriestaaten. Im Vergleich zum BGS98 zeigt die DEGS1 einen geringen Anstieg bei Männern, nicht jedoch bei Frauen. Signifikant ist der Bezug zum sozioökonomischen Status (SES).
Beim Schlaganfall sinkt die Prävalenz mit steigendem SES bei Frauen deutlicher als bei Männern. Insgesamt beträgt sie in der Altersgruppe 40-79 bei Frauen 2,5%, bei Männern 3,3%. Bei beiden Geschlechtern steigt sie mit zunehmendem Alter kontinuierlich an – auf 6,3% bzw. 8,1% bei 70- bis 79-jährigen Frauen und Männern. Im Vergleich zum BGS98 ergeben sich jedoch keine eindeutigen Hinweise auf eine Veränderung der Schlaganfallprävalenz im zeitlichen Verlauf. Die Autoren schlagen daher vor, die Ursachen für gleichbleibende Prävalenzen in ergänzenden Studien unter Berücksichtigung des demografischen Wandels und der Veränderungen von Inzidenz, Mortalität und Letalität zu untersuchen.
Die DEGS1-Daten zu den Dyslipidämien wurden aus mehr als 7.000 Blutproben gewonnen: 56,6% der Männer und 60,5% der Frauen haben ein erhöhtes Serum-Gesamtcholesterin oberhalb des empfohlenen Grenzwertes 190 mg/dl; bei 17,9% der Männer und 20,3% der Frauen liegt er >240 mg/dl. Von einem HDL <40 mg/dl sind 19,3% der Männer und 3,6% der Frauen betroffen. Wird zusätzlich eine diagnostizierte Fettstoffwechselstörung berücksichtigt, beträgt die Gesamtprävalenz 65,7% für Frauen und 64,5% für Männer.
Der Anteil der Teilnehmer, die von ihrer Erkrankung bislang nichts wissen, beträgt jeweils mehr als die Hälfte. Von den diagnostizierten Patienten erhalten 30,8% Lipidsenker. Weitere Auswertungen werden sich mit dem internationalen Vergleich beschäftigen.
Beim Blick auf die Entwicklung der letzten Dekade zeigt sich: Die Zahl der Erwachsenen mit der Diagnose Diabetes ist um 38% gestiegen. Allerdings ist ein Drittel des Anstiegs auf die demografische Alterung zurückzuführen. Im Kontext zu anderen bundesweiten Studien weisen diese Ergebnisse auf aktuell mindestens 4,6 Mio. 18- bis 79-jährige Diabetiker hin. Die Daten basieren auf den Selbstangaben zur ärztlichen Diagnose oder der Einnahme von 5 Antidiabetika. Die Prävalenz variiert je nach Krankenversicherungsart und ist für Versicherte der Allgemeinen Ortskrankenkasse am höchsten. Geplant sind Analysen zum nicht diagnostizierten Diabetes, um den Prävalenzanstieg interpretieren zu können.
Muskuloskelettale Erkrankungen
Entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen, therapierefraktäre Schmerzsyndrome, Polyarthrosen und metabolische Arthropathien, therapieinduzierte Osteoporosen und schwere andere Osteopathien: Alle chronischen Erkrankungen des Bewegungssystems sind weltweit die führende Ursache für chronische Schmerzen, körperliche Funktionseinschränkungen und einen Verlust an Lebensqualität vor allem für die ältere und alte Bevölkerung. In der DEGS1 ist die Verbreitung der häufigsten muskuloskelettalen Erkrankungen Arthrose, rheumatoide Arthritis (RA) und Osteoporose erfasst worden. Die Auswertungen beruhen auf den Angaben von 7.988 Teilnehmern im Alter von 18 bis 79 Jahren (Osteoporose >50 Jahre).
Grundsätzlich sind Frauen häufiger betroffen als Männer: 22,3% bzw. 18,1% leiden an einer Arthrose; 3,2% bzw. 1,9% an RA; 13,1% bzw. 3,2% an einer Osteoporose. Die Schätzungen steigen für beide Geschlechter mit zunehmendem Alter an.