Die Deutschen fühlen sich gesünder denn je – aber bleiben sie es auch?

Andrea S. Klahre | 4. Juni 2013

Autoren und Interessenkonflikte

Obst- und Gemüsekonsum

Ernährungswissenschaftler werden enttäuscht sein. Fünfmal täglich rot-grün-gelb heißt die gute alte Formel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für den Verzehr von Obst und Gemüse. Doch die Umsetzung ist unabhängig vom Sozialstatus seit jeher schwierig, daran hat sich nicht viel geändert: Nur 15% der Frauen und 7% der Männer erreichen 5 Portionen pro Tag, im Mittel verzehren Frauen 3,1 und Männer 2,4 Portionen. Mindestens 3 Portionen am Tag konsumieren 39% der Frauen und 25% der Männer. Der Anteil derer, die täglich mindestens 3 Portionen essen, steigt tendenziell mit dem Sozialstatus – und mit dem Alter steigt die Lust auf Obst.

Übergewicht und Adipositas

Lebensverhältnisse und individuelle Gewohnheiten stellen viele vor die enorme Herausforderung, eine ausgewogene Bilanz von Energiebedarf und -aufnahme herzustellen. Weltweit sind derzeit die höchsten Übergewichts- und Adipositasprävalenzen in den USA und auf einigen Pazifikinseln zu beobachten. In Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren die Zahl der Übergewichtigen auf hohem Niveau eingependelt, nach Daten des DEGS1 bei 67,1% der Männer und 53,0% der Frauen. Die Zahlen haben sich im Vergleich zum BGS98 nicht verändert. Bedeutend angestiegen ist jedoch die Zahl der Adipösen, und zwar vor allem bei Männern: Betroffen sind derzeit 23,3% der Männer und 23,9% der Frauen. Insbesondere junge Männer sind heute häufiger adipös als noch vor 10 Jahren, der Anteil beträgt bei 30- bis 39-Jährigen bereits 22%.

Körperliche Aktivität

Eine der großen Ressourcen für die ganzheitliche Gesundheit ist Bewegung. Diesbezüglich gibt die DEGS1 durchaus positive Signale: Es zeigt sich ein Trend zu mehr sportlicher Aktivität. Etwa ein Drittel der Erwachsenen gibt an, stark auf ausreichende Bewegung zu achten, ein Viertel treibt regelmäßig mindestens 2 Stunden pro Woche Sport (21,6% der Frauen, 29,3% der Männer). Damit hat das Bewusstsein für Bewegung im Vergleich zum BGS98 deutlich zugenommen.

Die weniger gute Nachricht lautet, dass die WHO-Empfehlungen von mindestens 2,5 Stunden/Woche in mäßiger Intensität bislang nur von etwa 20% erfüllt werden. Das Ziel sollte daher weiterhin sein, zielgruppenspezifische Prävention anzubieten.

Verhaltenspräventive Maßnahmen

Eine wichtige Rolle bei der Primärprävention von nichtübertragbaren Krankheiten spielt die Veränderung des Gesundheitsverhaltens, insbesondere in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Entspannung. Was tun Männer und Frauen dafür, alte krankmachende Verhaltensmuster abzulegen und neue zu erlernen – sei es in Sportgruppen, Betrieben, Fitnessstudios oder bei Experten für Prävention? Von den 7.807 Befragten nehmen 16,6% an mindestens einer Maßnahme teil, Frauen fast doppelt so häufig wie Männer (22,1% vs 11,0%). Im Vergleich zum BGS98 hat sich die Teilnahme nahezu verdoppelt (9,1%). Ältere nutzen entsprechende Angebote häufiger als jüngere, Personen mit niedrigem SES seltener als solche mit mittlerem oder hohem SES.

Blutdruck

Das Präventionspotenzial bei Hypertonie ist sehr hoch, da lebensstilassoziierte Faktoren wie Bewegungs- und Nährstoffmangel, Übergewicht und Stress die Entstehung wesentlich mitbestimmen. Laut DEGS1 betrifft eine Hypertonie etwa 20 Millionen Erwachsene, 30% der Frauen und 33% der Männer. 80% wissen mit dem Begriff Bluthochdruck etwas anzufangen, was im internationalen Vergleich hoch ist. Nur bei jungen Männern besteht noch Aufklärungsbedarf, genauer gesagt, bei knapp Dreiviertel der unter 30-Jährigen.

Bei den insgesamt 7.096 standardisiert gemessenen Teilnehmern waren die Blutdruckwerte hyperton (Systole =140 mmHg; Diastole =90 mmHg) bei 12,7% der Frauen bzw. 18,1% der Männer, optimal (<120 mmHg; <80 mmHg) bei 53% der Frauen bzw. 29% der Männer. Frauen hatten in fast allen Lebensdekaden einen niedrigeren mittleren Blutdruck als Männer (120,8 mmHg; 71,2 mmHg vs 127,4 mmHg; 75,3 mmHg), allerdings stieg bei den Frauen der systolische Wert auffällig mit dem Alter. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern waren in der Altersgruppe 18 bis 29 am stärksten ausgeprägt: 8% der Männer hatten hypertone und nur 33% optimale Werte; <1% der Frauen wiesen hypertone und >76% optimale Werte auf.

Wichtiger jedoch als die Diagnose Hypertonie bezeichnen die Autoren die tatsächlichen Blutdruckwerte. Demnach wurde etwa die Hälfte der Teilnehmer mit Hypertonie kontrolliert antihypertensiv behandelt und hatte Werte <140/90 mmHg. Deshalb war die Prävalenz von Erwachsenen mit hypertonen Werten mit 15% (Männer 18%, Frauen 13%) nur etwa halb so hoch wie die Hypertonieprävalenz. Interessanterweise war diese ausschließlich bei Frauen vom sozial-ökonomischen Niveau abhängig, nicht jedoch bei Männern.

Referenzen

  1. Robert Koch-Institut: Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland, DEGS1.
    http://www.degs-studie.de

Autoren und Interessenkonflikte

Andrea S. Klahre
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Kurth BM: Es liegen keine Erklärungen zu Interessenkonflikten vor.

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