
Chicago – Eine Erhaltungstherapie mit Pazopanib kann das krankheitsfreie Überleben von Frauen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom nach Operation und Chemotherapie im Vergleich zu Plazebo signifikant um durchschnittlich 5,6 Monate verlängern. Dies ergab die Phase-3-Studie AGO-OVAR16, deren Ergebnisse von Prof. Dr. Andreas Du Bois, Kliniken Essen-Mitte, bei der Jahrestagung der American Society of Oncology (ASCO) am 1. Juni 2013 vorgestellt wurden.
Das fortgeschrittene Ovarialkarzinom ist eine aggressive Erkrankung. Die Therapiemöglichkeiten sind zwar in den letzten Jahren besser geworden, betonte Du Bois, dennoch erleiden trotz erfolgreicher erster Behandlung mit Operation und Chemotherapie rund 70% der Frauen einen Rückfall, davon die Hälfte im ersten Jahr. Derzeit gibt es auch keine Marker oder Tests, mit denen das Risiko einer Patientin für einen Rückfall eingeschätzt werden könnte.
Das Rezidivrisiko kann möglicherweise durch eine Erhaltungstherapie verringert werden. In der Europäischen Union ist hierzu bislang der Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF)-Hemmer Bevacizumab zugelassen, wenn er zusammen mit Chemotherapie als Erstlinientherapie angewendet worden war.
Multikinasehemmer Pazopanib zur Erhaltungstherapie?
Pazopanib ist ein Multikinasehemmer, der an mehreren Rezeptoren angreift, z. B. am VEGF-Rezeptor 1, 2 und 3, am Platelet Derived Growth Factor (PDGF)-Rezeptor alpha und beta sowie an c-KIT. Bislang ist Pazopanib für die Behandlung von Patienten mit Nierenzellkarzinom und bestimmten Subtypen des fortgeschrittenen Weichteilsarkoms zugelassen. In einer von GlaxoSmithKline unterstützten Phase-3-Studie der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) wurden nun Sicherheit und Verträglichkeit von Pazopanib und Plazebo in der Erhaltungstherapie verglichen.
In die Studie wurden von Juni 2009 bis August 2010 940 Patientinnen mit histologisch nachgewiesenem Ovarialkarzinom vorwiegend im Stadium 3/4 aufgenommen, deren Erkrankung nach einer Operation und mindestens 5 Zyklen einer Platin-Taxan-Chemotherapie nicht progredient war. Sie wurden randomisiert mit Pazopanib 800 mg/Tag oder Plazebo bis zu 2 Jahre lang behandelt. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS) nach RECIST (Response Evaluation Criteria In Solid Tumors), zu den sekundären Endpunkten gehörten das PFS beurteilt nach den Kriterien der IGCS (International Gynecologic Cancer Society), die Sicherheit und Lebensqualität.
Im Median dauerte es von der Diagnose bis zur Randomisierung im Plazebo-Arm 7,1 Monate, im Pazopanib-Arm 7,0 Monate. Du Bois wies darauf hin, dass die PFS-Bewertung aber erst mit dem Zeitpunkt der Randomsierung begann.
Progressionsfreies Überleben verlängert, aber mit Nebenwirkungen
Die Frauen wurden im Median 24 Monate nachbeobachtet. Das PFS war bei den Frauen im Pazopanib-Arm im Vergleich zu Plazebo signifikant um 5,6 Monate verlängert, und zwar von 12,3 auf 17,9 Monate im Median (Hazard Ratio HR 0,766, 95% Konfidenzintervall KI 0,64-0,91, p=0,0021). Sensitivitäts- und Subgruppenanalysen waren konsistent mit der primären Analyse. Die erste Interimsanalyse zum Gesamtüberleben mit nur 189 Ereignissen (20,1% der Gesamtgruppe) ergab keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
In der Pazopanib-Gruppe traten häufiger und mehr schwere unerwünschte Wirkungen auf als unter Plazebo. Am häufigsten waren Bluthochdruck, Durchfall, Kopfschmerzen, Fatigue und Neutropenie. Dies sind nach Aussage von Du Bois bekannte Klasseneffekte der Tyrosinkinasehemmer. Unerwünschte Ereignisse, die zum Tode führten, wurden von 3 Frauen in der Pazopanib- und 1 Frau in der Plazebo-Gruppe berichtet.
Du Bois abschließend: „Dies ist die erste Phase-3-Studie in der Erhaltungstherapie, die einen signifikanten Vorteil für eine gezielt wirkende Therapie belegt. Deshalb könnte Pazopanib eine wertvolle Therapieoption für Frauen mit Ovarialkarzinomen im FIGO (Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique)-Stadium 2 bis 4 werden, deren Erkrankung nach der Erstlinien-Chemotherapie noch nicht fortgeschritten ist.“
Nach Aussage von Dr. Carol Aghajanian, Expertin der ASCO für gynäkologische Onkologie, belegen die Ergebnisse nun, dass VEGF als Target einer Therapie beim Ovarialkarzinom wichtig ist. Das Leben von Frauen mit Ovarialkarzinom könne verlängert werden. Noch sei aber unklar, welches die beste Substanz und der richtige Zeitpunkt für die Erhaltungstherapie seien und ob eine Verlängerung der Initialtherapie oder ein Wechsel der Substanz besser seien.