Peginterferon bei Multipler Sklerose: Laut ADVANCE-Studie so gut wie Interferone

Sue Hughes | 19. April 2013

Autoren und Interessenskonflikte

San Diego ? Peginterferon Beta-1a ist nach den Einjahresergebnissen der Phase-3-ADVANCE-Studie in punkto Wirksamkeit und Sicherheit zur Behandlung der rezidivierend-remittierenden Multiplen Sklerose (MS) genauso gut wie die derzeit verfügbaren Interferone. Ein Vorteil von Peginterferon Beta-1a liegt darin, dass es seltener verabreicht werden muss.

Sowohl die zweiwöchentliche Peginterferon-Beta-1a-Injektion als auch eine vierwöchentliche Gabe kann die jährliche Schubrate und die Anzahl neuer oder neu sich vergrößernder T2-Läsionen gegenüber Plazebo vermindern, wie der Hauptautor Dr. Peter Calabresi vom Johns Hopkins Multiple Sclerosis Center in Baltimore, Maryland, bei der Präsentation der Daten auf dem 65. Jahreskongress der American Academy of Neurology (AAN) festgestellt hat.

Erste Ergebnisse der Studie waren am 24. Januar 2013 veröffentlicht worden - Medscape Medical News berichtete.

Beim 2-Wochen-Rhythmus waren die Ergebnisse besser, zumal sich hier auch eine Verringerung der Anzahl Gadolinium-anreichernder Läsionen mittels Bildgebung belegen ließ.

Das Fazit von Calabresi lautete: „Die zweiwöchentliche Gabe ergab bei sämtlichen klinischen und radiologischen Ergebnisparametern durchweg statistisch signifikante Unterschiede gegenüber Plazebo. Das Auftreten von Antikörpern, die die Wirkung der Substanz neutralisieren, war bei beiden Dosierungsregimen gering; was die Sicherheit angeht, so entsprachen die Daten jenen anerkannter Interferon-Beta-1a-Therapien bei rezidivierend-remittierender MS.”

Die Ergebnisse wurden positiv aufgenommen

Dr. Tony Reder von der University of Chicago führte den Kovorsitz der AAN-Veranstaltung und erklärte gegenüber Medscape Medical News bei der Präsentation der Ergebnisse: „Die Daten zur zweiwöchentlichen Injektion sind hochinteressant. Die Verringerung der jährlichen Schubhäufigkeit um 35% liegt geringfügig über dem Wert bestehender Arzneimitteltherapien. Letztere wurden an kränkeren Patienten getestet, weshalb die Schubhäufigkeit möglicherweise nicht so stark gesenkt werden konnte. Eine länger wirksame Formulierung dürfte jedenfalls die Therapietreue verbessern.”

Dr. Edward Fox, Direktor der Multiple Sclerosis Clinic of Central Texas, Round Rock, USA stimmte dieser Aussage gegenüber Medscape Medical News zu: „Ich war von den Ergebnissen positiv beeindruckt; es gab wenig Studienabbrüche, d.h. die meisten Patienten schlossen die Studie ab, was immer ein gutes Zeichen ist. Die Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit entsprechen dem, was zu erwarten war. Stünde das Präparat zur Verfügung, ich würde es zweiwöchentlich geben, denn die Daten sehen hierfür noch besser aus.” Da derzeit verfügbare Beta-Interferone alle 2 Tage verabreicht werden müssen, erwartet Fox, dass eine zweiwöchentliche Injektion von den Patienten bevorzugt würde.

„Für jene Patienten“, so Fox, „die ohnehin mit parenteralen Arzneiformen behandelt werden und die Risiken der neueren Wirkstoffe scheuen, dürfte Peginterferon eine attraktive Alternative darstellen. Ich nehme an, dass die meisten Patienten von kurzwirksamen Beta-Interferonen auf Peginterferon wechseln werden. Ich kann mir nicht vorstellen, was dagegen sprechen sollte. Allerdings halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass ein Patient, der mit einem oralen Präparat zufrieden ist, eine Injektion bevorzugt, selbst wenn diese nur alle zwei Wochen appliziert werden muss.“

Fox ergänzte, dass Patienten, die Eigeninjektionen ablehnen, sich Peginterferon auch alle 14 Tage problemlos in der Arztpraxis verabreichen lassen könnten.

ADVANCE-Studie in Zahlen

In der ADVANCE-Studie wurden 1.516 Patienten mit rezidivierend-remittierender MS per Randomisierung einem von 2 Dosisregimes zu je 125 µg Peginterferon Beta-1a zugeteilt: Entweder erhielten sie Peginterferon mittels subkutaner Injektion alle 2 oder alle 4 Wochen im Vergleich zu Plazebo.

Die Datenanalyse zu sämtlichen primären und sekundären Endpunkten fand nach dem ersten Jahr statt. Anschließend werden die Plazebo-behandelten Patienten erneut randomisiert und für das zweite Studienjahr einer der beiden Peginterferon-Gruppen zugewiesen.

Die Ergebnisse nach einem Jahr zeigten, dass beide Peginterferon-Regimes die jährliche Schubhäufigkeit signifikant verringerten, wobei die zweiwöchentliche Gabe zum besten Ergebnis führte. Die Zulassungsanträge bei der US-amerikanischen und der EU-Arzneimittelbehörde sind für 2013 geplant.

Tabelle 1 -  Verjährlichte Schubhäufigkeit für Jahr 1

Endpunkt

Plazebo
(n = 500)

Peginterferon vierwöchentlich
(n = 500)

Peginterferon zweiwöchentlich
(n = 512)

Verjährlichte Schubhäufigkeit

0,397

0,288

0,256

Verringerung (%) gegenüber Plazebo

-

27,5

35,6

P-Wert

-

0,0114

0,0007

Beide Therapieregimes verringerten auch die Anzahl neuer oder neu vergrößernder T2-Läsionen, wobei das zweiwöchentliche Regime von den Werten her besser abschnitt als das vierwöchentliche.

Tabelle 2 - Anzahl neuer/neu vergrößernder T2-Läsionen für Jahr 1

Endpunkt

Plazebo
(n = 476)

Peginterferon vierwöchentlich
(n = 462)

Peginterferon zweiwöchentlich
(n = 457)

Neue Läsionen

10,9

7,3

3,6

Reduktion (%) gegenüber Plazebo

-

28

67

P-Wert

-

0,0008

<0,0001

Was unerwünschte Ereignisse betrifft, waren die 3 Gruppen ähnlich.

Tabelle 3 - Unerwünschte Ereignisse Jahr 1

Endpunkt

Plazebo (n = 500), n (%)

Peginterferon vierwöchentlich (n = 500), n (%)

Peginterferon zweiwöchentlich (n = 512), (%)

Unerwünschte Ereignisse jeglicher Art

417 (83)

472 (94)

481 (94)

Unerwünschte Ereignisse schwerwiegender Intensität

53 (11)

82 (16)

90 (18)

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SUE/SAE)

76 (15)

71 (14)

55 (11)

Infektionen

196 (39)

183 (37)

171 (33)

Schwerwiegende Infektionen

7 (1)

5 (1)

3 (<1)

Abbrüche aufgrund unerwünschten Ereignisses

7 (1)

24 (5)

25 (5)

Dieser Artikel wurde von Dr. Immo Fiebrig aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

Referenzen

Referenzen

    65th Annual Meeting of the American Academy of Neurology (AAN) 16. – 23. März 2013, Abstract S31.006.
    http://www.aan.com/go/am13

Autoren und Interessenskonflikte

Sue Hughes
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Dr. Immo Fiebrig
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Studienautoren: Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

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