Mannheim – Wenn Frauen mit Herzinsuffizienz seltener, später und niedriger dosiert medikamentös behandelt werden, ist dies nicht unbedingt ein Hinweis auf therapeutischen Nihilismus. Vielmehr liefern das meist höhere Erkrankungsalter, eine andere Verteilung der Erkrankungsursachen und eine geringere therapeutische Breite vieler Medikamente bei Frauen gute Gründe für eine differenzierte, geschlechtsspezifische Therapie. Und: Frauen mit Herzinsuffizienz profitieren mehr als ihre männlichen Leidensgenossen von körperlicher Aktivität.
„In Statistiken und Studien zur Herzinsuffizienz sind Frauen keineswegs unterrepräsentiert – sie sind, zumindest in der Altersgruppe der unter 60-Jährigen, einfach seltener von der Erkrankung betroffen.“ Dies stellte Prof. Dr. Erland Erdmann, der bis 2012 die Kardiologische Klinik an der Universitätsklinik in Köln leitete, bei der 79. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) in Mannheim klar [1].
Zudem gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Pathophysiologie: „Bei den Frauen spielt Vorhofflimmern seltener eine Rolle, und auch Ischämien, etwa bei Zustand nach Herzinfarkt, sind seltener der Grund für die Herzinsuffizienz als bei männlichen Patienten“, so Erdmann [2,3]. Häufiger sei dagegen eine Hypertonie (alleinige) Ursache der weiblichen Herzschwäche. Und öfter als bei Männern finde sich bei Frauen eine diastolische Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion, für die es derzeit leider nur wenige Therapiemöglichkeiten gebe.
Schmaleres therapeutisches Fenster

„Selbst bei Herzinsuffizienz gleicher Genese dürfen Männer und Frauen nicht immer in gleicher Weise therapiert werden“, gab Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek, Direktorin am Institut für Geschlechterforschung an der Charité in Berlin, zu bedenken. „Die indizierten Medikamente sollten bei Frauen mit Bedacht eingesetzt werden. Besonderer Wert ist auf eine adäquate Dosierung zu legen.“
Für etliche Medikamente, die bei Herzinsuffizienz und deren kardiovaskulären Komorbiditäten angezeigt sind, habe sich bei Frauen ein ungünstigeres Nutzen-Risiko-Verhältnis gezeigt, betonte Regitz-Zagrosek. So litten Frauen unter Therapie mit ACE-Hemmern etwa anderthalbmal so häufig wie Männer an Husten. Das Blutungsrisiko bei Therapie mit GPIIa/IIIb-Inhibitoren sowie mit klassischen Gerinnungshemmern sei bei Frauen erhöht [4]. Und eine retrospektive Auswertung der bekannten Digitalis-Studie habe sogar eine Übersterblichkeit von Frauen unter Digoxin-Therapie nachgewiesen [5].
Neben dem meist geringeren Körpergewicht der Frauen könnte auch die geschlechtsspezifisch unterschiedliche Verteilung der Körperkompartimente, etwa der geringere Anteil an „lean body mass“ bei Frauen, mitverantwortlich sein für das schmalere therapeutische Fenster einiger Medikamente bei den Patientinnen, meinte die Expertin.
Belastungstraining wirkt besser
Eine Maßnahme wirkt allerdings bei Frauen besonders gut, auch wenn nicht alle Betroffenen davon begeistert sein dürften: Eine aktuelle Auswertung der Daten der HF-ACTION-Studie zeigte für Patientinnen mit Herzinsuffizienz und Auswurffraktion unter 35% bei regelmäßiger körperlicher Aktivität nach Anleitung eine Verringerung der Gesamtmortalität um fast 30% [6]. Auch die meisten kardiovaskulären Endpunkte waren signifikant gebessert. „Bei den männlichen Patienten in der Studie war dieser Effekt nicht nachweisbar; sie waren hier im Nachteil“, so Regitz-Zagrosek.