National Harbor – Bei lokal fortgeschrittenem duktalen Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse führt das unter dem Namen Folfirinox bekannte Chemotherapie-Regime zu einem „beeindruckenden klinischen Ansprechen”, berichten Autoren einer klein angelegten retrospektiven Kohortenstudie.
Aus Phase-3-Studien ging bisher hervor, dass dieses Regime die Überlebensrate bei metastasierender Erkrankung verbessert. Die Wirkung sei jedoch bei früheren Erkrankungsstadien wenig untersucht, so die Wissenschaftler der University of Pittsburgh in Pennsylvania, USA, angeführt durch Dr. Brian Boone, Assistenzart der Abteilung für Chirurgie.
Boone präsentierte zum 66. Onkologischen Jahressymposium der Society of Surgical Oncology (SSO) die Ergebnisse einer Studie zur neoadjuvanten Anwendung von Folfirinox bei Patienten mit lokal fortgeschrittener Erkrankung.
Folfirinox ist eine Kombination aus 5-Fluorouracil, Folinsäure (Leucovorin), Irinotecan und Oxaliplatin. Zwischen Februar 2011 und September 2012 wurde das Kombinationsregime 25 Patienten des Behandlungszentrums Pancreatic Cancer Specialty Care Center in Pittsburgh empfohlen. Aufgrund der lokal fortgeschrittenen Erkrankung galten die Tumoren bei 13 der Patienten (52%) als nicht resezierbar und bei 12 (48%) als grenzwertig resezierbar.
Letztendlich wurden 4 der 25 Patienten nicht behandelt, 21 (84%) erhielten präoperativ im Mittel 5 Zyklen. Hinsichtlich der primären Studien-Outcomes, so Boone, seien die Folfirinox-Behandlungsergebnisse beeindruckend gewesen.
Zunächst zeigten 13 (62%) der 21 behandelten Patienten ein „Ca 19-9“-Ansprechen (Ca 19-9 ist ein Tumormarker, der bei Pankreaskarzinomen zur Beurteilung des Ansprechens üblicherweise verwendet wird). Ferner unterzogen sich 8 Patienten (38%) einer R0-Resektion (einschließlich 2 Patienten der Gruppe „nicht resezierbar“). Diese Raten decken sich mit denjenigen aus Behandlungsserien anderer Zentren, in denen die Chemotherapie bereits bei lokal fortgeschrittener Erkrankung neoadjuvant eingesetzt worden ist, erklärte Boone.
Zwei Patienten aus der aktuellen Studie (18%) zeigten ein vollständiges pathologisches Ansprechen. Sollte sich diese Rate im Rahmen einer größer angelegten prospektiven klinischen Studie bestätigen, wäre dies dramatisch, denn bisher hätten lediglich 2-3% der Pankreaskarzinomfälle unter Gemcitabin-Standardbehandlung solche Ansprechraten ergeben, fügte Boone hinzu.
Das Kombinationsregime wurde gut vertragen. Bei einem Drittel der Patienten musste die Dosis reduziert werden, und bei knapp einem Drittel kam es zu Behandlungsverzögerungen. Vier Patienten (19%) wurden aufgrund von „unerwünschten Ereignissen während der Behandlung“ hospitalisiert. Es kam nur zu wenigen Grad-4-Ereignissen; 5% der Patienten wiesen einen entsprechend hohen Neutropenie- und ebenso viele einen entsprechend hohen Leukopeniegrad auf. 15 Patienten hatten vor dem chirurgischen Eingriff zusätzliche Chemo- und/oder Bestrahlungstherapien erhalten, was die Ergebnisse allerdings unklarer gemacht habe, gab Boone einschränkend zu bedenken.
Insgesamt unterzogen sich 13 Patienten einer chirurgischen Intervention, 7 hiervon einer Duodenopankreatektomie (64%), 2 einer distalen und weitere 2 einer totalen Pankreasresektion (jeweils 18%). Zum Zeitpunkt des Eingriffs wurden in 2 Fällen (8%) weit gestreute Peritonealmetastasen festgestellt.
„Folfirinox allein oder als Teil eines multimodalen Ansatzes kann als biologisch aktives Regime bei lokal fortgeschrittenem duktalen Adenokarzinom des Pankreas betrachtet werden”, schlussfolgerten die Autoren in der Zusammenfassung.
Mehr Daten zur Toxizität
Die Idee zu dieser Studie ergab sich aus früheren Folfirinox -Untersuchungen, die bei metastasierendem duktalen Adenokarzinom des Pankreas beeindruckende Ergebnisse offenbart hatten. Aus einer wegweisenden, im Jahr 2011 veröffentlichten Studie war hervorgegangen, dass Folfirinox bei metastasierendem Pankreaskarzinom die längste bisher belegte Überlebenszeit ermöglicht hatte. Das Gesamtüberleben lag signifikant über dem Ergebnis für Gemcitabin (11,1 vs. 6,8 Monate; P < 0,0001).
Allerdings sei „die beträchtliche Toxizität” in der klinischen Anwendung von Folfirinox grundsätzlich bedenklich. Boone erklärte gegenüber Medscape Medical News, dass diese in der gegenwärtigen Studie unterbewertet werde. „Ich bin davon überzeugt, dass wir die Toxizität zu gering einschätzen, da es sich bei unserer Studie um eine retrospektive Evaluierung von Patientendaten handelt“, erklärte er. Hervorzuheben sei nämlich auch, dass das Alter der 25 Patienten im Mittel bei 59 Jahren gelegen habe. Folfirinox werde in der Regel ausschließlich jüngeren Pankreaskarzinompatienten mit gutem Leistungsstatus verabreicht.
Erst kürzlich wurde diese Ansicht durch einen weiteren Mediziner im Rahmen einer Pressekonferenz zum Gastrointestinal Cancers Symposium 2013 bestätigt. Dr. Kenneth Yu vom Krebszentrum Memorial Sloan-Kettering in New York City, USA erklärte, dass an seinem Zentrum Folfirinox bei Pankreaskrebspatienten mit relativ guter körperlicher Verfassung nach wie vor Mittel der Wahl sei. Allerdings räumte er für die Mehrfachkombination auch die Notwendigkeit einer „besonnenen Dosisanpassung“ ein; die „meisten“ Patienten seien weniger robust und daher grundsätzlich keine guten Kandidaten für das Kombinationsregime, warnte er.
Dieser Artikel wurde von Dr. Immo Fiebrig aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.